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Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall

Titel: Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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vor der Toilette, und Michelle wischte mit einem feuchten Waschlappen das Blut ab, öffnete den Schrank und holte ein Desinfektionsmittel heraus. Sie hielt einen Wattebausch auf die Öffnung des Fläschchens und kippte es. Dann drückte sie die Watte auf Banks' Lippe. Es brannte, und der stechende Geruch nahm ihm die Luft. Laut atmete er ein. Michelle hörte auf.
      »Schon gut«, sagte er.
      Sie warf den blutigen Bausch in den Mülleimer und tränkte einen zweiten mit der Flüssigkeit. Banks betrachtete ihr Gesicht, ihren konzentrierten Blick beim Desinfizieren der Wunde, ihre Zungenspitze, die zwischen den Lippen hervorkam. Sie bemerkte seinen Blick, errötete und schaute zur Seite. »Was ist?«
      »Nichts«, sagte Banks. Sie war so nahe, dass er die Wärme ihres Körpers spürte, den Cognac in ihrem Atem roch.
      »Na, los«, sagte Michelle. »Sie wollten doch was sagen.«
      »Das erinnert mich an Chinatown«, sagte Banks.
      »Was?«
      »An Chinatown, den Film. Kennen Sie den nicht?«
      »Um was geht's da?«
      »Roman Polanski schlägt Jack Nicholson die Nase blutig, und Faye Dunaway, tja ... die macht dasselbe wie Sie jetzt.«
      »Desinfiziert die Wunde?«
      »Ja, zwar mit einem anderen Mittel, aber es kommt auf dasselbe raus. Egal, es ist jedenfalls eine sehr erotische Szene.«
      »Erotisch?« Michelle hielt inne. Banks sah ihre gerötete Haut, spürte die Hitze ihrer Wangen. Das Badezimmer schien kleiner zu werden.
      »Ja«, sagte Banks.
      Noch einmal betupfte sie seine Lippe. Ihre Hand zitterte. »Ich verstehe nicht, wie es erotisch sein kann, eine Wunde zu desinfizieren«, sagte sie. »Und? Was passiert als Nächstes?«
      Sie war ihm nun so nah, dass ihre Brüste seinen Arm streiften. Er hätte sich zurücklehnen können, aber er blieb stehen. »Zuerst küssen sie sich«, sagte er.
      »Tut das nicht weh?«
      »Er hat ja nur eine blutige Nase, vergessen?«
      »Klar. Wie dumm von mir.«
      »Michelle?«
      »Ja? Was ist?«
      Banks umschloss ihre zitternde Hand mit der seinen. Mit der anderen fasste er ihr unters Kinn und hob es an, so dass sie ihm ins Gesicht schaute. Ihre leuchtend grünen Augen blickten fragend, aber wichen ihm nicht aus. Er zog Michelle an sich. Als sie nachgab, schlug ihm das Herz bis zum Hals und seine Knie wurden weich.
     
     

* 16
     
    »Du bist gestern Abend spät zurückgekommen«, sagte Banks' Mutter an der Spüle, ohne sich umzudrehen. »Der Tee ist fertig.«
      Banks goss sich eine Tasse Tee ein und gab einen Spritzer Milch hinzu. Mit dieser Bemerkung seiner Mutter hatte er gerechnet. Wahrscheinlich hatte sie bis zwei Uhr morgens wach gelegen und auf ihn gewartet, wie früher, als er zu Hause gewohnt hatte. Aus verschiedenen Gründen waren Michelle und er zu dem Schluss gekommen, es sei keine gute Idee, wenn er über Nacht bliebe, aber Michelle hatte bei der Vorstellung lachen müssen, dass er heim zu seiner Mutter musste.
      Ida Banks drehte sich um. »Alan! Was ist denn mit deinem Gesicht passiert?«
      »Nichts«, beruhigte er sie.
      »Aber das ist ja völlig zugeschwollen. Und deine Lippe ist aufgeplatzt. Was hat du angestellt?«
      Banks wandte sich ab. »Hab ich doch gesagt, es ist nichts.«
      »Hast du dich geprügelt? Wolltest du jemanden festnehmen? Bist du deshalb so spät zurückgekommen? Du hättest ruhig anrufen können.« Der Blick, den sie ihm zuwarf, sprach Bände.
      »So ähnlich«, sagte Banks. »Ich hatte was zu erledigen. Echt, tut mir Leid, dass ich mich nicht gemeldet hab, aber es war so spät. Ich wollte dich nicht wecken.«
      Seine Mutter sah ihn vorwurfsvoll an. Ihre Spezialität. »Mein Sohn«, sagte sie, »du solltest inzwischen wissen, dass ich nicht einschlafen kann, solange du nicht in deinem Bett liegst.«
      »Na, dann kannst du ja in den letzten dreißig Jahren nicht viel geschlafen haben«, gab Banks zurück und bereute es augenblicklich, als sie ihren zweiten Spezialblick aufsetzte: Leidensmiene mit zitternder Unterlippe. Er ging zu ihr und nahm sie in den Arm. »Tut mir Leid, Mum«, sagte er, »aber mir geht's gut. Wirklich.«
      Seine Mutter schnüffelte und nickte dann. »Gut«, sagte sie, »du hast bestimmt Hunger. Eier mit Speck?«
      Aus Erfahrung wusste Banks, dass seine Mutter die unruhige Nacht besser verwand, wenn sie ihm etwas zu essen machte. Er hatte keinen Hunger, aber auch keine Lust auf ihre Klagen, wenn er nur Cornflakes aß. Außerdem hatte er

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