Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall
ortsansässigen Ganoven und Polizei gestolpert, und da hatte ich die Nase voll. Ich meine, ich bin auch kein Engel, aber ich hatte einfach das Gefühl, in allen Ecken säßen korrupte Bullen. Ich konnte nichts dagegen tun. Nicht als kleiner Constable. Deshalb bin ich freiwillig gegangen. Die beste Entscheidung meines Lebens.«
»Und Sie haben niemandem von Ihren Mutmaßungen über Harris erzählt?«, fragte Michelle.
»Wozu denn? Wer hätte mir geglaubt? Genau genommen war Jet Harris schon damals ein Gott. Außerdem wurde mir unterschwellig gedroht, wenn ich nicht parierte, würde dies und das passieren. Manchmal wurden die Drohungen handgreiflich. Ich bin kein Feigling, aber ein Dummkopf bin ich auch nicht. Ich hab aufgehört, bevor der Schaden noch größer wurde.«
»War sonst noch jemand beteiligt?«
»Kann schon sein«, erwiderte Talbot. »Möglicherweise war der Polizeipräsident persönlich Stammgast bei Mandevilles Partys. Hab so Andeutungen gehört.«
»Aber sonst niemand, den Sie persönlich kannten?«
»Nein. Dass Harris dabei war, wusste ich ja auch nicht mit Sicherheit. Wie gesagt, es war so ein Gefühl. Wegen seiner Reaktion, seiner Wortwahl. Wir waren allein in seinem Büro. Schon als ich damals die Tür hinter mir zugemacht hab, wusste ich nicht mehr, ob ich zu viel hineingelesen hatte.«
»Wie war das damals an dem Tag?«
»Von Anfang an?«
»Ja.«
»Es war ein warmer Sonntagmorgen, Ende Juli oder Anfang August.«
»Es war der erste August«, präzisierte Michelle.
»Gut. Jedenfalls war ich allein. Es war nicht viel los, das weiß ich noch, als der Anruf kam und die Zentrale ihn zu mir durchstellte.«
»Können Sie sich noch an die Stimme erinnern?«
Talbot runzelte die Stirn. »Das ist so lange her, ich weiß nicht...«
»Ein Mann? Eine Frau?«
»Es war eine Frauenstimme, auf jeden Fall.«
»Klang sie aufgeregt?«
»Ja. Das war der Grund, warum ich spontan hingefahren bin. Sie sagte, da würde seit dem vorigen Abend gefeiert, und sie wüsste, dass minderjährige Mädchen und Jungen dabei wären und Drogen genommen würden. Sie klang verängstigt. Und hat mitten im Gespräch aufgelegt.«
»Und dann sind Sie losgefahren?«
»Ja. Ich hab den Eintrag gemacht und bin los wie der Ritter in glänzender Rüstung. Wäre ich damals auch nur halb so vernünftig gewesen wie heute, hätte ich mir wenigstens die Zeit genommen, eine kleine Razzia zu organisieren. Weiß Gott, was ich im Sinn hatte.«
»Haben Sie die Frau gesehen, die angerufen hat?«
»Nicht dass ich wüsste. Ich meine, wenn sie dabei war, hat sie sich nicht zu erkennen gegeben. Aber das würde ja auch keiner tun, oder?«
»Wer hat aufgemacht?«
»Ein junger Mann. Er hat einfach die Tür geöffnet, sich meinen Ausweis angesehen und sich umgedreht. Schien ihn nicht groß zu interessieren. Ich dachte, er stände unter Drogen, aber ich muss zugeben, dass ich damals nicht viel Ahnung davon hatte. Ich bin mir nicht mal sicher, ob wir damals eine Drogen-Einheit hatten.«
»Was war im Haus los?«
»Es sah aus, als sei heftig gefeiert worden. Auf den Sofas schliefen Leute, einige auf dem Boden ...«
»Wie viele insgesamt?«
»Schwer zu sagen. So um die zwanzig.«
»Was für Leute?«
»Bunt gemischt. Jung und alt. Geschäftsleute. Mods. Ein, zwei Mädchen sahen aus wie Swinging London, Minirock und alles, was dazugehört. Es roch auch komisch. Damals wusste ich nicht, was es war, aber ich hab es später erfahren. Marihuana.«
»Was haben Sie gemacht?«
»Um ehrlich zu sein, kam ich etwas ins Schwimmen.« Talbot lachte. »Ich wusste gar nicht, was da vor sich ging, genau wie Mr. Jones in dem Lied von Bob Dylan. Ich war mir nicht mal sicher, ob das überhaupt gesetzwidrig war. Ich meine, die Frauen und Männer sahen in meinen Augen nicht minderjährig aus, aber was wusste ich schon? Ich hab mit ein paar Leuten gesprochen, Namen notiert. Einige Mädchen kannte ich aus dem Le Phonographe. Ich glaube, sie arbeiteten in Fiorinos Begleitagentur.«
»Haben Sie Ihr Merkbuch benutzt?«
»Ja.«
»Was geschah damit?«
»Das Übliche, nehme ich an.«
»Und dann haben Sie zwei Männer zusammen gefunden?«
»Ja. Ich hab in die Zimmer geguckt, und in einem Schlafzimmer lagen zwei Männer zusammen im Bett. Nackt.«
»Machten die irgendwas?«
»Als ich die Tür aufmachte, nicht.
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