Inspector Alan Banks 14 Kein Rauch ohne Feuer
Gläser an den Tisch, wo Maria ihm erwartungsfroh entgegensah, die perfekt manikürten Hände vor sich auf dem Tisch, knallrote Fingernägel so lang wie Katzenkrallen. Sie war eine dralle, vollbusige Frau Anfang dreißig, die in Banks' Augen ohne Kriegsbemalung und mit unauffälligerer Kleidung weitaus attraktiver aussehen würde. Und dieses Parfüm! Vor allem das Parfüm. Es nahm ihm fast den Atem und verdarb ihm die Lust am Bier. Er trank einen Schluck Laphroaig, der ihm angenehm in der Kehle brannte. Normalerweise trank er im Queen's Arms nichts Hochprozentiges. Es war eine Ausnahme, gerechtfertigt durch die besonders grässliche Obduktion und die Gesellschaft von Maria Phillips keine zwei Stunden später.
Maria gab zu erkennen, dass sie den Kratzer auf Banks' Wange bemerkt hatte, aber ihn erst später dazu befragen würde. »Wie geht's Sandra?«, erkundigte sie sich stattdessen. »Sie fehlt uns so mit ihrem Elan und ihrer Hingabe.«
Banks zuckte mit den Schultern. »Soweit ich weiß, geht's ihr gut.«
»Und dem Kind? Schon merkwürdig, noch mal Mutter geworden zu sein. In ihrem Alter.«
»Wir haben nicht mehr viel Kontakt«, sagte Banks. Von seiner Tochter Tracy wusste er, dass Sandra vor etwas mehr als einem Monat, am 3. Dezember, ein gesundes, sieben Pfund schweres Mädchen entbunden und ihr den Namen Sinead gegeben hatte, nicht nach der irischen Sängerin, sondern nach Seans Mutter. Viel Glück der Kleinen. Mit so einem Namen würde sie es gebrauchen können. Soweit Banks von Tracy wusste, waren Mutter und Kind wohlauf. Die Sache lag ihm im Magen und veränderte alles, insbesondere sein Verhältnis zu seiner Vergangenheit, zum früheren Leben mit Sandra. Irgendwie kam es ihm vor, als habe es die gemeinsamen einundzwanzig Jahre gar nicht gegeben, als sei alles ein Traum gewesen. Er kannte diese Frau nicht mehr. Er kannte dieses Kind nicht. Es veränderte sogar seine Gefühle gegenüber seinen Kindern Tracy und Brian. Warum, wie und in welcher Hinsicht konnte er nicht genau sagen, aber es war keine Einbildung. Was hielten die beiden überhaupt von ihrer Halbschwester?
»Natürlich nicht«, meinte Maria. »Nicht gerade sensibel von mir. Das muss sehr schwer für dich sein. Sie ist die Mutter deiner Kinder, du hast so viele Jahre mit ihr gelebt, und jetzt hat sie ein Kind von einem anderen Mann.«
»Hör mal, es geht um diesen Maler, Tom«, wechselte Banks das Thema.
Maria drohte ihm mit dem Finger. »Kluges Bürschchen! Schneller Themenwechsel. Na, ich kann's dir nicht verübeln.«
»Das ist das Thema, um das es geht. Jedenfalls hatte ich das im Kopf, als ich dich auf ein Glas eingeladen habe.«
»Und ich Dummerchen hab geglaubt, du wolltest dich einfach mal aussprechen.«
»Will ich ja auch - über Tom.«
»Du weißt genau, was ich meine.«
»Hast du mal einen hiesigen Maler kennen gelernt oder von einem gehört, der mit Vornamen Tom heißt?«
Maria befingerte die Goldkette an ihrem Hals. »So bist du also, wenn du Verdächtige verhörst?«, fragte sie. »Du flößt einem ja ganz schön Angst ein.«
Banks brachte ein müdes Lächeln zustande. Als er Cyril sagte, es sei ein langer Tag gewesen, hatte er nicht gelogen. Und jetzt wurde er noch länger. Jede Minute mit Maria kam ihm wie eine Stunde vor. »Dies ist kein Verhör, Maria. Aber ich bin wirklich müde, und ich hab keine Lust auf Spielerchen, sondern brauche wirklich Auskünfte von dir.« Am liebsten hätte er von den verkohlten Überresten einer Leiche erzählt, hätte ihr gern beschrieben, wie Dr. Glendenning das schwarze Fleisch zur Seite geschoben und die schimmernden inneren Organe herausgezogen hatte, aber das würde alles nur noch schlimmer machen. Geduld brauchte er jetzt, eine Engelsgeduld. Bloß wo gab es die zu kaufen?
Maria machte einen Schmollmund. Dann sagte sie: »Ist das alles, was du über ihn weißt? Dass er Tom hieß?«
»Bis jetzt ja.«
»Wie sah er aus?«
Banks überlegte und rief sich das verbrannte Gesicht vor Augen, die verbrannten Augen, frei gelegten Kieferknochen und Halsknorpel. »Wir haben nur eine vage Beschreibung, aber er war ziemlich klein, untersetzt und hatte langes, fettiges braunes Haar. Und war meistens unrasiert.«
Maria lachte. »Das trifft auf so gut wie jeden Künstler zu! Man sollte meinen, dass jemand, der schöne Dinge schaffen kann, etwas mehr Wert auf sein Äußeres legt, oder?«
»Ach, weiß nicht. Ist bestimmt
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