Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre
dass ich ihn bei einem Grundstücksgeschäft über den Tisch gezogen hätte, dass ich vorher gewusst hätte, dass die Autobahn direkt daneben gebaut würde.«
»Und?«
Lambert setzte ein unschuldiges, empörtes Gesicht auf, aber es wirkte wie eine schwache Parodie. »Ich? Natürlich nicht. So etwas würde ich niemals tun.«
»Natürlich nicht«, wiederholte Banks. »Können Sie mir sonst noch irgendetwas sagen?«
»Leider nicht. Es sei denn ...«
»Was?«
Lambert kratzte sich an der Schläfe. »Nehmen Sie's mir nicht übel«, sagte er, »ist nur ein freundschaftlicher Rat. Roy ist tot. Ich kann das nicht ändern. Ich weiß nichts darüber, schon gar nicht, wer es getan hat, aber meinen Sie nicht, Sie sollten es sich vielleicht noch mal überlegen und aufpassen, auf was Sie sich einlassen ... etwas vorsichtiger sein, damit Sie nicht ins Wespennest stechen?«
»Soll das eine Drohung sein, Mr. Lambert?«
»Wie Sie wollen.« Lambert sah auf die Uhr. »Tut mir leid, jetzt muss ich wirklich ins Büro. Muss mich um mein Geschäft kümmern.«
Annie hatte kaum Zeit, in ihrem Cottage in Harkside vorbeizusehen und ihre welken Topfpflanzen zu gießen, da musste sie schon wieder zum Drei-Uhr-Meeting nach Eastvale. Es war wieder ein herrlicher Tag in den Dales, ein bisschen kühler als vorher, nur ein, zwei weiße aufgelockerte Wolken zogen über den blassblauen Himmel, doch sie hatte keine Zeit, innezuhalten und sich daran zu erfreuen. Manchmal fragte sie sich, wozu es gut war, auf dem Lande zu leben, wenn man so einen Beruf hatte und so viel arbeitete.
Alle warteten im Sitzungssaal: Gristhorpe, Hatchley, Winsome, Rickerd, Templeton und Stefan Nowak, der Tatortkoordinator. Der lange Tisch war so auf Hochglanz poliert, dass man sich darin spiegeln konnte. An der Wand am Ende des Raumes hing eine weiße Wandtafel, daneben Pinnwände, an die Stefan die Tatortfotos geheftet hatte. Sie bildeten einen krassen Gegensatz zu den Gemälden der Wollbarone an den übrigen Wänden.
Nachdem Annie alle bezüglich des Berger-Lennox-Center, Roy Banks, Carmen Petri und deren möglicher Verbindung zur toten Jennifer Clewes auf den neuesten Stand gebracht hatte, überließ Gristhorpe Stefan Nowak die Bühne.
Stefan stand vor den Fotos und räusperte sich. Nicht zum ersten Mal fragte sich Annie, was für ein Leben Stefan außerhalb der Arbeit führte. Er war einer der charmantesten und elegantesten Männer, die sie je kennengelernt hatte, doch sein Privatleben war für sie ein Buch mit sieben Siegeln.
»Zuerst mal«, begann Nowak, »haben wir Fingerabdrücke von DCI Banks' Tür, die nicht den Handwerkern gehören. Wir haben Reifenspuren von seiner Auffahrt und ...« Er machte eine dramatische Pause und hielt eine Plastiktüte hoch. »... einen Zigarettenstummel, den wir auf Banks' Grundstück am Bach gefunden haben, zum Glück vor dem Regen. Darauf konnten wir Speichel sicherstellen, den wir für einen DNA-Test brauchen.«
»Was ist mit den Reifenspuren?«, wollte Annie wissen.
»Das sind Michelin-Reifen, die gibt es oft beim Mondeo«, erklärte Stefan. »Ich habe die Info nach Essex geschickt, damit sie mit dem Wrack des Mondeos verglichen werden, der bei Basildon verunglückt ist. Ich warte noch auf das Ergebnis.«
»Also«, sagte Gristhorpe. »Sie haben Fingerabdrücke, Reifenspuren und DNA von DCI Banks' Cottage, und falls wir einen Verdächtigen auftreiben, können wir ihn so mit dem Mord an Jennifer Clewes und Roy Banks in Verbindung bringen?«
»Hm«, machte Stefan. »Wir können ihn nur mit Banks' Cottage in Verbindung bringen.«
»Eben«, gab Gristhorpe zurück. »Und da wurde kein Verbrechen verübt.«
»Das stimmt nicht ganz, Sir«, warf Annie ein. »Da wurde definitiv eingebrochen.«
Gristhorpe warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu und schüttelte den Kopf. »Das reicht nicht. Sonst noch was?«
»Wir haben Jennifer Clewes' Anruflisten von der Telefongesellschaft«, erklärte Winsome. »Aber viel sagen die uns auch nicht. Soweit ich herausgefunden habe, sind alle Anrufe von oder an Freunde und Verwandte.«
»Was ist mit dem letzten Gespräch?«, erkundigte sich Annie. »Das vom Freitagabend, von dem Kate Nesbit erzählt hat?«
»Dazu komme ich jetzt«, sagte Winsome. »Am Freitag, dem 11. Juni, erhielt Jennifer um 22:43 Uhr einen Anruf. Er dauerte drei Minuten. Das Problem ist, dass es eine unbekannte Nummer ist. Die
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