Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre
Elvis Costello.
Banks blieb stehen, um sich eine Zigarette anzuzünden. Aus der Gegenrichtung kam jemand auf ihn zu. Er sah nur eine dunkle Gestalt, aber als sie sich näherte, erkannte er Penny Cartwright. Er trat zur Seite, um sie vorbeizulassen. Die tief hängenden Blätter streiften seinen Nacken, Banks erschauderte. Es fühlte sich an, als wäre eine Spinne unter seinen Kragen geschlüpft und krabble ihm den Rücken hinunter.
Als Penny vorbeiging, nickte Banks ihr höflich zu und grüßte. Er wollte weiter, als er ihre Stimme hinter sich hörte: »Warten Sie mal kurz!«
Banks drehte sich um. »Ja?«
»Haben Sie Feuer?«
Banks ließ das Feuerzeug aufschnappen, sie beugte sich zu ihm vor, die Zigarette im Mund. Als sie inhalierte, sah sie ihm in die Augen. »Danke«, sagte Penny. »Dass ich Sie hier treffe!«
»Ja, allerdings. Schönen Abend noch!«
»Bleiben Sie! Ich meine, warten Sie kurz, ja?«
Penny klang unsicher, nervös. Banks fragte sich, was passiert war. Sie standen sich auf dem schmalen Pfad gegenüber. Im Wald rief ein Käuzchen. Es war jetzt fast dunkel, nur einige Streifen Violett und Karmesinrot zogen sich über den Himmel, wie die Robe einer gewaltigen Gottheit.
»Es tut mir leid, was ich über Ihren Bruder gelesen habe«, sagte sie.
»Danke.«
Penny wies auf den Biergarten. »Können Sie sich noch an den Abend erinnern?«, fragte sie. »Ist schon lange her.«
Banks wusste es noch. Er hatte mit seiner Frau Sandra, Penny und ihrem Freund Jack Barker im Biergarten gesessen und ihnen den Mord an Harry Steadman erklärt. Es war ein warmer Sommerabend gewesen, genau wie heute.
»Wie geht's Jack?«, erkundigte er sich.
Penny lächelte. Sie war keine Frau, die schnell lächelte; wenn sie es tat, war es etwas Besonderes. »Dem geht's bestimmt gut«, sagte sie. »Ich habe ihn seit Jahren nicht mehr gesehen. Er ist nach Los Angeles gegangen. Schreibt fürs Fernsehen. Manchmal läuft sein Name über den Bildschirm.«
»Ich dachte, Sie wären ...«
»Waren wir auch. Aber das ist lange her. So was ändert sich. Das müssten Sie doch wissen.«
»Wahrscheinlich«, sagte Banks.
»Kath, das Mädchen hinter der Theke, hat uns miteinander sprechen sehen und mir danach von dem Brand erzählt und was mit Ihrem Cottage passiert ist. Das tut mir echt leid.«
»Schon alles lange vorbei«, erwiderte Banks. »Außerdem wird es jetzt renoviert.«
»Aber ... na, egal«, fuhr Penny fort und wich seinem Blick aus. »Ich war an dem Abend damals unhöflich, das tut mir leid. So, jetzt ist es raus.«
»Warum haben Sie sich denn so verhalten?«
»Es war keine Absicht, falls Sie das meinen.«
»Was dann?«
Penny schwieg und sah ins Wasser. »Sie wissen es wirklich nicht, was? Wie ich mich damals fühlte, vor all den Jahren«, erklärte sie. »Es hat mich sehr verletzt. Ich weiß, dass Sie mir das Leben gerettet haben und ich Ihnen dafür dankbar sein sollte, aber Sie haben mich behandelt wie eine Verbrecherin. Sie haben wirklich geglaubt, ich hätte meinen besten Freund umgebracht.«
Zeitweilig traf das sicherlich zu, dachte Banks. Das gehörte zu seiner Arbeit. Er hatte sich nicht den Kopf zerbrochen, wie sich Penny deshalb fühlte. Bei einer Mordermittlung bekommt jeder etwas ab. Roy hatte seinen großen Bruder sprechen wollen, dachte Banks, nicht den Polizisten. Aber wo hörte der eine auf und fing der andere an?
»Und dann stehen Sie da«, fuhr Penny fort, »und laden mich zum Essen ein, so ganz beiläufig, als ob nichts gewesen wäre.«
»Man kann den Menschen nicht hinter die Stirn sehen«, verteidigte Banks sich. »Wenn die Polizei kommt und Fragen stellt, lügen die Leute. Jeder hat etwas zu verbergen.«
»Das heißt, Sie verdächtigen jeden?«
»Mehr oder weniger. Jeder, der Motiv, Mittel und Gelegenheit hat.«
»So wie ich?«
»So wie Sie.«
»Aber mir lag etwas an Harry Steadman.«
»Behaupteten Sie.«
»Soll ich gelogen haben?«
»So wie ich mich erinnere, war der Fall voller Lügen.«
Penny zog ein letztes Mal an ihrer Zigarette, dann schnipste sie den Stummel in den Fluss. »Huch«, sagte sie, »das war ein Versehen. Jetzt ist mir sicher die Flusspolizei auf den Fersen.«
»Keine Sorge«, entgegnete Banks. »Ich lege ein gutes Wort für Sie ein.«
Sie schenkte ihm noch ein schwaches Lächeln. »Ich gehe jetzt besser«, sagte sie und
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