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Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre

Titel: Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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das Ding in die Hand, betrachtete es und zog die Kappe ab. »Das ist ein USB-Stick. Ein Datenträger.«
      »Wie eine CD?«
      »So ähnlich, nur mit weniger Speicherkapazität. Der hier hat nur 256 Megabytes, keine 700. Aber er ist praktisch. Man kann ihn wie einen Stift in die Hemdtasche stecken.«
      »Können wir nachsehen, was darauf ist?«
      Es war Corinne ganz offenbar unangenehm, sich in Roys Privatangelegenheiten zu mischen, besonders nach der Erfahrung mit der CD. Banks übte seinen Beruf bereits so lange aus, dass er sich daran gewöhnt hatte, im Privatleben anderer Menschen herumzuschnüffeln. In den Augen der Polizei gab es keine Geheimnisse, schon gar nicht bei Mordermittlungen. Oft gefiel ihm nicht, was er fand, doch im Laufe der Jahre war er gegenüber den kleinen Spleens der Menschen toleranter geworden.
      Wenn man hinter die Fassade sah, hatten die meisten ein kleines Geheimnis, etwas, das sie vor dem Rest der Welt verbargen. Banks hatte mit den meisten Dingen Bekanntschaft gemacht, von harmlosen Zeitschriftensammlern, deren Wohnungen Labyrinthe aus schwankenden Bergen von Druckerzeugnissen waren, bis zu heimlichen Transvestiten und einsamen Fetischisten. Natürlich waren alle entsetzt und erschüttert, fühlten sich gedemütigt, wenn man ihr kleines Geheimnis entdeckte, aber für Banks war das nichts Besonderes.
      Corinnes Reaktion machte ihm zum ersten Mal seit langem klar, dass seine Tätigkeit unnatürlich und aufdringlich war. In der kurzen Zeit, die er bei ihr gewesen war, hatte er angedeutet, dass ihr ehemaliger Verlobter, sein Bruder, mit Drogengeschäften, illegalem Sex und Betrug zu tun haben könnte. Für Banks war so etwas vielleicht an der Tagesordnung, aber nicht für eine im Grunde anständige Frau wie Corinne. Hatte sein Beruf ihn unsensibel gemacht? Banks musste wieder an Penny Cartwright denken, an ihre heftige Reaktion auf seine Essenseinladung am Abend zuvor. Hatte es etwas mit seinem Beruf zu tun, mit seiner Weltsicht, seinem Blick auf die Menschen? Penny war immerhin eine Künstlerin, war er deshalb automatisch ihr Feind?
      Corinne schob den USB-Stick in den Computer. »Dann wollen wir mal«, sagte sie. Banks sah über ihre Schulter auf den Bildschirm.
     
     

* 4
     
    Um kurz nach halb sieben am Samstagabend verließ Annie die U-Bahn-Station Oval. Sie hatte mit unzähligen Menschen, die auf dem Heimweg vom Einkaufen, vom Besuch bei Freunden oder Verwandten waren, in einem überhitzten Waggon gesessen. Vorbei am Park an der Ecke steuerte Annie auf die Camberwell New Road zu. Junge Kerle mit rasiertem Schädel und nacktem Oberkörper lagen im Gras, tranken Dosenbier, spannten ihre Tätowierungen und glotzten jeder vorbeigehenden attraktiven Frau nach. Eine Gruppe jüngerer Burschen spielte Fußball. Ihre abgelegten T-Shirts stellten die Torpfosten dar. Schon beim Zusehen bekam Annie Schweißausbrüche.
      Dann sah sie Phil.
      Er war auf der anderen Straßenseite, ging mit einem Hund spazieren, einem kleinen Terrier. Er war es, da war sich Annie ganz sicher. Der lässige Gang, die teure Freizeitkleidung, das emporgereckte Kinn, der hohe Haaransatz. Ohne nach links und rechts zu sehen, stürzte sie auf die Straße. Die Autos hupten. Annie war fast auf der anderen Seite angelangt, als der Mann auf den Lärm aufmerksam wurde.
      Er blieb stehen und schaute Annie mit verdutzter Miene an. Sie sprang auf den Bürgersteig und hielt inne, ignorierte die Flüche eines Autofahrers, der sie beinahe angefahren hätte. Nein, es war nicht Phil. Der Mann hatte oberflächlich Ähnlichkeit mit ihm, aber mehr auch nicht. Er bückte sich, um seinen Hund zu tätscheln, dann ging er mit einem verwunderten Blick über die Schulter weiter, auf die Ampel zu. Annie lehnte sich gegen einen Laternenpfahl und wartete, bis sich ihr Herzschlag beruhigte. Sie fluchte vor sich hin. Es war nicht das erste Mal gewesen, dass sie geglaubt hatte, Phil zu sehen; in Zukunft würde sie vorsichtiger sein müssen, weniger hektisch. Wenn sie es realistisch betrachtete, war es äußerst unwahrscheinlich, dass sie ihn zufällig auf offener Straße in London entdeckte.
      Die Zugfahrt steckte ihr noch in den Knochen. Sie musste entspannen. Sie hatte den Zug um 15:25 Uhr geschafft und sogar einen Platz in einem ruhigen Waggon ergattert. Doch es war einfach zu heiß im Abteil gewesen, wie viele Fenster auch geöffnet wurden. Sie hatte über Phil nachgedacht. Wahrscheinlich hatte das Gehirn ihr

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