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Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre

Titel: Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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distanziert, abgelenkt. Anders als sonst.«
      »Aber er hatte keine Sorgen oder Probleme?«
      »Nicht dass ich wüsste. Ich hatte einfach den Eindruck, dass er an eine andere dachte oder lieber bei ihr gewesen wäre.«
      »Was ist mit Drogen?«, fragte Banks.
      »Was soll damit sein?«
      »Ich bitte Sie! Erzählen Sie mir nicht, Sie hätten nie mit Roy eine Line reingezogen oder eine Tüte geraucht.«
      »Und wenn?«
      »Abgesehen davon, dass es verboten ist, was wir im Moment mal vergessen wollen, hat man es in der Drogenwelt immer wieder mit schlechten Menschen zu tun. Schuldete Roy seinem Dealer vielleicht Geld?«
      »Hören Sie, das haben wir nicht oft gemacht. Es war reiner Zeitvertreib. Ein Gramm am Wochenende - in der Größenordnung. Konnte er sich mit links leisten.«
      »Gut«, sagte Banks. »Wie viel wissen Sie über seine Geschäfte?«
      »Einiges.«
      »Sie sind seine Steuerberaterin, oder?«
      »Roy führt seine Bücher selbst.«
      »Aha! Ich dachte, dadurch hätten Sie sich kennengelernt.«
      »Stimmt«, sagte Corinne. »Er hatte eine Steuerprüfung, da hat ihn ein Freund an mich verwiesen.« Sie drehte an ihrem keltischen Kreuz. »Die meisten meiner Klienten sind in der Unterhaltungsbranche - Schriftsteller, Musiker, Maler -, keine richtig großen Fische, sondern ordentliche Durchschnittsverdiener. Roy war ein bisschen anders, gelinde ausgedrückt, aber ich brauchte das Geld. Und bevor Sie fragen: Es war alles einwandfrei.« Sie kniff die Augen zusammen. »Roy hat mal gesagt, Sie würden ihn mit Sicherheit für einen Gauner halten.«
      »Ich halte ihn nicht für einen Gauner«, entgegnete Banks, obwohl das nicht ganz der Wahrheit entsprach. »Ich glaube, dass er die Gesetze bis zum Äußersten dehnt, dass er gerne Schlupflöcher findet, so etwas. Machen viele Geschäftsleute. Ich frage mich nur, ob er vielleicht Grund hatte zu verschwinden. Hatte er geschäftlichen Ärger? Hatte er viel Geld verloren, vielleicht aufs falsche Pferd gesetzt?«
      »Nein. Roys Bücher waren in Ordnung für mich und den Steuerprüfer.«
      »Hören Sie, ich habe sein Haus gesehen«, sagte Banks. »Den Porsche, den Plasmafernseher, das ganze Elektronikspielzeug. Roy verdient offenbar eine Menge Geld. Sie sagen, es ist alles einwandfrei. Haben Sie eine Vorstellung, womit er es verdient?«
      »Er ist Finanzier. Ein bisschen spekuliert er noch an der Börse, aber hauptsächlich finanziert er risikobehaftete Unternehmen.«
      »Was für welche?«
      »Alle möglichen. In letzter Zeit hat er sich auf Technologie und das private Gesundheitswesen spezialisiert.«
      »Hier?«
      »Überall. Manchmal arbeitet er mit Unternehmen in Frankreich oder Deutschland zusammen. Er hat Verbindungen nach Brüssel, zur EU, nach Zürich und Genf. Er engagiert sich auch stark in Amerika. Er liebt New York. Roy ist kein Dummkopf. Er weiß, dass er nicht alles auf eine Karte setzen darf. Einer der Gründe, warum er so erfolgreich ist.« Corinne hielt inne. »Sie kennen Ihren Bruder eigentlich überhaupt nicht, oder?«, fragte sie und fuhr fort, ehe Banks antworten konnte: »Er ist in vielerlei Hinsicht ein bemerkenswerter Mensch, ein Finanzfachmann, der beim Essen Kierkegaard und Schopenhauer zitiert. Aber er hat seine Herkunft nie vergessen. Die erdrückende Armut. Er hat sich selbst da herausgezogen, etwas aus sich gemacht, und das ist sein Antrieb. Er will nie wieder dahin zurück.«
      Was hatte Roy Corinne bloß für Geschichten aufgetischt, fragte sich Banks. So schlimm war ihre Kindheit nun auch wieder nicht gewesen. Corinne hatte doch nur das einigermaßen anständige Haus gesehen, in dem seine Eltern jetzt wohnten, nicht das schmale Reihenhaus hinter der Ziegelei, wo sie bis zu Banks' elftem und Roys sechstem Lebensjahr gewohnt hatten. Aber selbst dafür war »erdrückende Armut« doch etwas dick aufgetragen. Die beiden Brüder waren immer gut genährt und gekleidet gewesen und nie vernachlässigt worden. Banks' Vater hatte bis in die achtziger Jahre Arbeit gehabt. War es wichtig, dass die Toilette draußen gewesen war, auf der Straße, und dass die ganze Familie sich eine Zinkwanne teilen musste, die mit Kesseln voll kochendem Wasser vom Gasherd gefüllt wurde? So war es in den Fünfzigern und Sechzigern in Tausenden von Arbeiterhaushalten gewesen.
      »Es stimmt schon, dass wir uns nie besonders nahestanden«, gab Banks zu und verjagte eine Fliege von seinem Knie. »Was

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