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Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre

Titel: Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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deshalb vorgegaukelt, ihn tatsächlich auf der anderen Straßenseite zu sehen. Den Großteil der Fahrt hatte Annie die Regenbogenpresse gelesen, immer auf der Suche nach einer Spur von Phil, aber nichts gefunden. Sie musste sich stärker zusammennehmen.
      Trotz des Ruhegebots in der Bahn klingelte mehr als ein Handy, Annie hörte sogar die Musik aus dem Kopfhörer eines Mitreisenden. Sie hatte an Banks denken müssen und sich wieder gefragt, wo er bloß war und was er mit dem Mord an Jennifer Clewes zu tun hatte. Nach Aussage seiner Nachbarin war Banks am Morgen mit dem Auto weggefahren, aber das erklärte noch gar nichts.
      Annie fand das Haus in einer Nebenstraße der Lothian Road. Die beiden Constables, die mit der Bewachung der Wohnung beauftragt waren, saßen in der Küche. Der Mann hatte die Füße auf den Tisch gelegt, die Hemdsärmel hochgekrempelt, ein Streichholz im Mund und las sich durch einen Wust von Briefen. Die Frau trank einen Tee und blätterte in einem Stapel Hello herum. Zwei ausgedrückte Zigarettenstummel lagen auf einer Untertasse von Royal Doulton. Irgendwie wirkten die beiden Beamten wie ungezogene Schulkinder, die man bei etwas ertappt hatte, auch wenn sich keiner im Geringsten schämte. Annie stellte sich vor.
      »Und, wie läuft's so im kühlen Norden?«, fragte der Mann, ohne die Füße vom Küchentisch und das Streichholz aus dem Mund zu nehmen. Er hieß Sharpe. Sein Gesicht sah aus, als hätte er sich seit mindestens vier Tagen nicht mehr rasiert.
      »Heiß da oben«, sagte Annie. »Was machen Sie da?«
      Sharpe wies auf die Briefe. »Schnuppere ein bisschen rum. Ist leider nichts Interessantes dabei, nur Rechnungen, Werbung und Kontoauszüge, was man so erwarten würde. Nichts Aufregendes. Heutzutage schreibt man keine Briefe mehr wie früher, was? Läuft alles per E-Mail und SMS, nicht?«
      In Anbetracht der Tatsache, dass Sharpe aussah, als wäre er gerade mal einundzwanzig, klang es schon komisch, dass er von »heutzutage« sprach. Wahrscheinlich hatte er nie etwas anderes kennengelernt. Die Ironie in seiner Stimme entging Annie nicht. Außerdem ärgerte sie sich über die zur Schau gestellte Missachtung im Haus eines Opfers. »Gut«, meinte sie. »Danke fürs Aufpassen! Sie können jetzt gehen.«
      Sharpe sah seine Kollegin an und hob die Augenbraue. Das Streichholz in seinem Mundwinkel zuckte. »Sie sind nicht unser Boss«, erklärte er.
      Annie seufzte. »Na gut«, sagte sie, »wenn Sie es so haben wollen ... Mir reißt sowieso gleich der Geduldsfaden.« Sie holte ihr Handy hervor, ging in den Flur und rief Detective Inspector Brooke auf der Dienststelle Kennington an. Nach dem Austausch von Höflichkeiten und dem Versprechen, am Abend gemeinsam etwas trinken zu gehen, schilderte Annie kurz die Situation. Dann ging sie zurück in die Küche und reichte Sharpe grinsend das Telefon.
      Er hielt es ans Ohr. Sofort nahm er die Füße vom Tisch und setzte sich aufrecht hin, hätte fast das Streichholz verschluckt. Seine Kollegin, die bisher noch kein Wort gesagt hatte, sah ihn stirnrunzelnd an. Nach dem Telefonat legte Sharpe das Handy auf den Tisch, funkelte Annie böse an und sagte zu seiner Kollegin: »Komm, Jackie, wir müssen los.« Betont langsam verließ er das Haus. Annie hätte es lustig gefunden, wenn es nicht so lächerlich gewesen wäre. Er sah sich noch einmal um, sagte lautlos »Fotze« und streckte den Mittelfinger in die Luft.
      Annie war maßlos zufrieden, als die beiden weg waren. Sie setzte sich und goss sich eine Tasse Tee ein. Er war lauwarm, aber sie hatte keine Lust, neuen aufzusetzen. Einer der beiden Beamten hatte ein Fenster geöffnet, aber das half nichts - es wehte nicht das geringste Lüftchen. Ein leerer Fliegenfänger drehte sich im schwachen Luftzug über der Spüle.
      Annie rief Gristhorpe in Eastvale an. Dr. Glendenning hatte die Obduktion von Jennifer Clewes abgeschlossen und außer der Schusswunde nichts weiter gefunden. Ihr Mageninhalt bestand aus einem halb verdauten Schinken-Tomaten-Sandwich, das sie mindestens zwei Stunden vor ihrem Tod gegessen hatte. Das bekräftigte Templetons Theorie, dass sie von London gekommen war und unterwegs an einer Raststätte Station gemacht hatte. Glendenning wollte sich nicht auf den Todeszeitpunkt festlegen, begrenzte ihn nur auf die Zeit zwischen ein und vier Uhr morgens.
      Die Spurensicherung war immer noch am Tatort beschäftigt und würde sich so schnell wie möglich um

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