Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre

Titel: Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
Vom Netzwerk:
griff nach seinem Ellbogen.
      »Geht schon«, sagte Banks und befreite sich.
      »Ist er es?«
      »Ja«, bestätigte Banks und hatte nur eine Frage im Kopf, während er versuchte, seiner Gefühle Herr zu werden: Wie soll ich das bloß meinen Eltern erklären?
      »Gehen wir wieder nach oben!«, schlug Burgess vor.
      Banks folgte ihm über die Bretter und die Stufen hinauf. Brooke und sein Sergeant warteten auf die Bestätigung. Je schneller die Leiche identifiziert wurde, desto eher wurde die Maschinerie einer großen Ermittlung in Gang gesetzt. Banks nickte Brooke zu.
      »Das tut mir leid«, sagte Brooke.
      »Hören Sie«, erwiderte Banks, »könnten Sie es vielleicht geheim halten? Seine Identität, meine ich. Ich würde es gerne selbst meinen Eltern sagen, persönlich, aber nicht mehr heute Abend. Ist schon zu spät.«
      Brooke blickte hinüber zu den Gaffern auf der Brücke und zu den Journalisten und Kameraleuten hinter dem Absperrband. »Wir können sagen, dass die offizielle Identifizierung der Leiche noch aussteht«, schlug er vor. »Damit müssten wir sie uns eine Zeit lang vom Hals halten können.«
      »Ich mache es morgen früh«, erklärte Banks. Nur nicht heute Nacht, dachte er. Er konnte sich nicht vorstellen, jetzt noch nach Peterborough zu fahren, seine Eltern zu wecken und sie die ganze Nacht zu trösten, während er wusste, dass es ihnen lieber wäre, es hätte den älteren Sohn getroffen. Das Tageslicht würde es einfacher machen, dachte er. Eine einzige friedliche Nacht sollte ihnen noch vergönnt sein; es würden schon bald viele furchtbare Nächte kommen. »Könnten Sie Annie Bescheid sagen?«, fragte er.
      »Klar. Morgen früh.«
      »Danke.«
      Brooke dachte nach. »Sie wissen bestimmt, dass ich Ihnen eh einen Besuch abstatten wollte«, sagte er. »Ich habe mich heute Abend mit DI Cabbot über Sie unterhalten.«
      »Hab ich mir gedacht«, gab Banks zurück.
      »Das hier ändert natürlich alles, aber ich habe trotzdem ein paar Fragen«, fuhr Brooke fort. »Natürlich nur, wenn Sie sich dementsprechend fühlen.«
      »Können wir gleich machen«, erklärte Banks.
      »Gut. Superintendent Burgess sagt, Sie wohnen im Haus Ihres Bruders. Sollen wir dahin fahren?«
      »Meinetwegen«, erwiderte Banks und suchte in seiner Tasche nach den Zigaretten. »Gehen wir!«
     
     

* 9
     
    Das Berger-Lennox-Center öffnete um neun Uhr am Montagmorgen. Annie stand pünktlich vor der Tür. Die Klinik belegte die beiden unteren Etagen eines vierstöckigen georgianischen Stadthauses in einem halbkreisförmigen Straßenzug in Knightsbridge und sah aus wie der Drehort von Das Haus am Eaton Place. Naja, dachte Annie, wenn man für diese Dienstleistung so viel Geld hinlegen musste, wollte man wenigstens nicht in einem Bürohochhaus aus Glas und Beton sitzen.
      Doch sobald sie das Haus betreten hatte, verflog der Eindruck von Betulichkeit und machte einer zurückhaltenden Moderne Platz. Die Wände waren in zarten Pastelltönen gehalten, und über allem lag eine dämpfende Stille, die Annie das Gefühl gab, verstopfte Ohren zu haben, wie beim Fliegen. Erst nach einer Weile bemerkte sie die leise Hintergrundmusik. Es war etwas Klassisches, Beruhigendes. Banks hätte es bestimmt erkannt.
      Durch den Sandelholzgeruch hatte Annie plötzlich ihre Mutter Jane vor Augen, die sich lächelnd über sie beugte. Annie war erschüttert. Ihre Mutter war gestorben, als sie sechs Jahre alt war, sie konnte sich kaum noch an sie erinnern. Doch jetzt konnte Annie fast spüren, wie Janes langes weiches Haar ihr im Gesicht kitzelte. Ihre Mutter hatte zu den Hippies gehört; oft waren in der Künstlerkommune, in der Annie aufgewachsen war, Sandelholz-Räucherstäbchen angezündet worden. Die Erinnerung machte ihr klar, wie weit sie sich in den letzten Jahren von vielen Idealen ihrer Jugend entfernt hatte. Sie verspürte das Bedürfnis, öfter Yoga zu machen und zu meditieren; seit der Sache mit Phil Keane hatte sie das ganz eingestellt.
      Die Blondine hinter der auf Hochglanz polierten Anmeldetheke aus Holz schaute von ihrem Bildschirm auf und sah Annie lächelnd entgegen. Ein Messingschildchen auf ihrem Schreibtisch wies sie als Carol Prescott aus. Im Büro hinter ihr stand eine junge Frau vor einem offenen Aktenschrank.
      Annie zeigte ihren Ausweis und erklärte, dass sie den Tod von Jennifer Clewes untersuche. Carols einstudiertes Lächeln wich einer traurigen Miene. Sie bekam

Weitere Kostenlose Bücher