Inspector Alan Banks 16 Im Sommer des Todes
Einheimische und Touristen und begutachteten die Ware. Anschließend, wusste Banks, würden viele zum großen Trödelmarkt nach Catterick fahren und sich dort mit der Entscheidung herum quälen, ob sie lieber ein klappriges Handy für ein paar Pfund oder fragwürdige Drucker-Nachfüllpatronen für fünfzig Pence kaufen sollten.
Es war halb zwölf. Nach dem Meeting hatte Banks den Rest des Vormittags damit verbracht, die Beweislisten der Spurensicherung durchzugehen. Außerdem hatte er mit Stefan und Vic Manson über Fingerabdrücke sowie mögliche DNA-Spuren im Bettzeug aus dem Cottage gesprochen. Was sie beweisen sollten, wusste er nicht, aber er brauchte alles, was er bekommen konnte. Wahrscheinlich war das die Art von »Fakten«, auf die Superintendent Gervaise so heiß war. Das war ein gemeiner Gedanke, vor allem da Banks doch beschlossen hatte, ihr gegenüber keine Vorurteile zu hegen, aber Gervaise' Bemerkung über den Pub-Besuch hatte gesessen. Banks war sich wie ein Schuljunge im Zimmer des Direktors vorgekommen.
Im Hintergrund spielte Martha Argerich auf Radio 3 ein Klavierkonzert von Beethoven. Es war ein Live-Mitschnitt. In den ruhigeren Passagen konnte Banks Leute im Publikum husten hören. Ihm fiel wieder ein, dass er Catherine Gervaise und ihren Mann in der Oper gesehen hatte. Die beiden hatten deutlich bessere Plätze gehabt als er, viel näher an der Bühne. Sie hatten Schweiß und Speichel aus nächster Nähe bewundern können. Es ging das Gerücht um, Superintendent Gervaise hätte es auf eine Stelle als Kommandeur bei Scotland Yard abgesehen, doch bis sich dort ein Posten ergab, würden sie sich hier in Eastvale mit ihr herumschlagen müssen.
Banks setzte sich hin und nahm das Buch wieder in die Hand. Es sah ziemlich abgenutzt aus. Er hatte noch nie etwas von Ian McEwan gelesen, aber es sich immer wieder vorgenommen. Eines schönen Tages ... der Anfang gefiel ihm schon mal ganz gut.
Im Buch war kein Hinweis zu finden, wo es gekauft worden war.
Banks wusste, dass manche modernen Antiquariate ihren Namen und ihre Anschrift auf die Innenseite der Umschläge stempelten, aber in dem Exemplar vor ihm war nichts zu finden. Banks würde überprüfen, ob das Opfer es in einem der Geschäfte vor Ort gekauft hatte. In Eastvale gab es zwei Buchhandlungen, die in Frage kamen, außerdem einige Wohltätigkeitsgeschäfte, die ebenfalls gebrauchte Bücher anboten.
Nick hatte seinen Namen nicht, wie manche es tun, ins Buch geschrieben. Da stand nur der Preis: drei Pfund fünfzig. Auf dem Rücken prangte ein Aufkleber. Banks wusste, dass ervon Border's war, er hatte so einen schon mal gesehen. Allem Anschein nach enthielt der Aufkleber genug codierte Informationen, um die Filiale zu ermitteln, aber Banks bezweifelte stark, dass er dadurch den Kunden finden würde, der das Buch ursprünglich gekauft hatte. Und wer konnte schon sagen, wie viele Leute es seitdem besessen hatten?
Noch einmal schlug er die säuberlich notierten Zahlen hinten auf:
6,8,9,21,22,25
1,2,3,16,17,18,22,23
10,12,13 8,9,10,11,12,15,16,17,19,22,23,25,26,30 17,18,19 2,5,6,7,8,11,13,14,16,18,19,21,22,23
Banks konnte sie nicht enträtseln, aber Codes waren noch nie seine Stärke gewesen - falls es sich hier um einen handelte. Eigentlich waren Zahlen im Allgemeinen nicht unbedingt sein Metier. Er konnte nicht einmal Sudokus knacken. Banks hätte eine Primzahlenreihe nicht von einem Wettzettel unterscheiden können. Er überlegte, ob ihm jemand einfiel, der sich gut mit Zahlen auskannte. Weder Annie noch Kev Templeton, das war sicher. Winsome konnte mit Computern umgehen, also hatte sie vielleicht eine mathematische Ader. Da fiel ihm plötzlich jemand ein! Natürlich! Wie hatte er das so schnell vergessen können? Banks griff nach dem internen Telefonverzeichnis, doch bevor er die Nummer herausgesucht hatte, klingelte sein Telefon. Es war Winsome.
»Sir?«
»Ja, Winsome?«
»Wir haben ihn. Ich meine, wir wissen, wer er ist. Das Opfer.«
»Super.«
»Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, aber meine Kontaktfrau bei der Kfz-Stelle war heute Morgen auf einer Hochzeit. Deshalb konnte ich sie nicht erreichen. Ihr Handy war ausgeschaltet.«
»Wie heißt er?«
»Sein Name ist Nicholas Barber, und er hat in Chiswick gewohnt.« Winsome gab Banks eine Adresse durch.
»Verdammter Mist«, fluchte Banks. »Das ist schon der zweite Londoner, der dieses Jahr hier
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