Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht
Templeton die Sache selbst in die Hand genommen.«
»Ich weiß noch, dass Dr. Wallace ihm zugestimmt hat«, bemerkte Gervaise.
»Es geht mir nicht um richtig oder falsch«, sagte Banks. »Ich versuche nur festzustellen, warum Templeton dort war.«
Gervaise nickte schroff. »Weiter!«
»Ich könnte mir vorstellen, dass er auch Freitagnacht dort gewesen ist«, fuhr Banks fort. »Ich kann mich erinnern, dass er gestern ein bisschen müde und blass war, die Füße nicht hochbekam. Ich dachte, er wäre feiern gewesen und hätte einen dicken Kopf, deshalb stauchte ich ihn zusammen. Er belehrte mich nicht eines Besseren.« Banks wusste, dass seine letzten Worte an Templeton barsch gewesen waren - etwas in der Richtung, er solle endlich erwachsen werden und sich professionell benehmen -, und jetzt wusste er, dass sie ungerechtfertigt gewesen waren. Obwohl, wie professionell war es, sich allein und unbewaffnet am möglichen Schauplatz eines Mordes aufzuhalten? Dennoch fühlte Banks sich dadurch nicht besser.
Er wusste, dass Templeton den meisten Leuten auf die Füße getreten hatte - insbesondere gebildeten Frauen wie Winsome und Annie und den Eltern schwieriger Teenager. Mit Sicherheit steckten persönliche Probleme dahinter. Außerdem war er manchmal rassistisch und chauvinistisch gewesen. Mit seiner Rücksichtslosigkeit hatte Templeton die Gefühle anderer oft verletzt, wenn er meinte, dadurch ans Ziel zu gelangen. Manchmal war das in gewissem Maße notwendig, das wusste auch Banks - er selbst hatte es bei Malcolm Austin getan - aber Templeton hatte das nicht nur getan, wenn es erforderlich war, er schien es sogar zu genießen. Selbst Banks hatte gelegentlich miterlebt, wie er Zeugen zum Weinen oder Toben brachte, und Winsome und Annie hatten es noch viel häufiger gesehen.
Templeton war intelligent, fleißig und ehrgeizig gewesen, auch wenn Banks bezweifelte, dass er mit der Zeit noch reifer geworden wäre. Jetzt würde er es nicht mehr beweisen können. Templeton war fort, ausgelöscht, und das war einfach nicht richtig. Selbst Winsome wirkte konfus, stellte Banks fest, als er kurz zu ihr hinüberblickte. Er musste dringend mit ihr reden. Sie könnte starke Schuldgefühle haben, weil sie so große Wut auf Templeton gehabt hatte. Das wäre nicht hilfreich für die Ermittlung. Banks fiel wieder ein, dass Annie mit Winsome bei ihrem Abendessen unter anderem darüber gesprochen hatte, wie Templeton sich bei den Eltern von Hayley Daniels aufgeführt hatte. Winsome hatte Banks nicht genau berichtet, was zwischen ihnen vorgefallen war, aber er wusste, dass sie einen Schritt zu weit gegangen waren, der nicht wieder rückgängig zu machen war. Das konnte jetzt an Winsome nagen, dabei mussten alle einen klaren Kopf haben und sich konzentrieren.
»Ich frage mich auch, ob er einfach auf gut Glück da wartete«, sagte Banks, »oder ob er etwas wusste.«
»Was meinen Sie damit?«, hakte Gervaise nach.
»Vielleicht hatte er eine Theorie oder irgendetwas erfahren, arbeitete an etwas, das er uns nicht mitteilte.«
»Klingt ganz nach Templeton«, sagte Gervaise. »Sie meinen, er hatte vielleicht Insiderwissen, wusste, wer der Mörder war, dass er heute Abend wieder zuschlagen würde, und wollte den Fall ganz alleine lösen?«
»So in der Richtung«, sagte Banks. »Wir schauen uns seine Tätigkeiten im Hayley-Daniels-Fall besser mal ganz genau an.«
»Im Moment sind wir unterbesetzt«, bemerkte Gervaise. »Zuerst Hayley Daniels, und jetzt das. Ich sorge dafür, dass wir Verstärkung bekommen.«
»Glauben Sie wirklich, dass es eine ganz neue Ermittlung ist?«, fragte Banks.
»Im Moment«, erwiderte Gervaise, »wissen wir noch zu wenig, um irgendwas zu entscheiden. Warten wir wenigstens, bis wir Ergebnisse aus der Rechtsmedizin bekommen und mit dem Mädchen gesprochen haben, dann setzen wir uns wieder zusammen.«
»Ich gehe jetzt zu ihr«, sagte Banks. »Und da wäre noch etwas.«
»Was denn?«
»Kevin wurde die Kehle durchgeschnitten. Das kann man ganz deutlich sehen. Auf dieselbe Weise wurde Lucy Payne draußen in Whitby getötet.«
»Ach, verfluchte Scheiße«, schimpfte Gervaise. »Auf diesen Extradreh können wir gut verzichten. Also, Sie fangen jetzt mal besser an, sich auf die Suche nach Antworten zu begeben.« Grimmig schaute sie ihre Mitarbeiter an. »Ich will, dass alle draußen unterwegs sind, wenn nötig die ganze Nacht. Klopft an die
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