Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht
nur schwach war, und genau vor das Haus hockte sich Hayley hin, nicht wahr, direkt neben die Tür? Wir haben dort Spuren ihres Urins gefunden. Übergeben hatte sie sich auch. Sie schlugen zu, noch bevor Hayley ihr Höschen wieder hochziehen konnte, und schleppten sie ins Lager, auf den weichen Berg von Lederresten. Sehr romantisch. Aber eine Kleinigkeit ging daneben, nicht? Bei der ganzen Aufregung hatten Sie vergessen, Ihr Handy abzustellen, und es hat einen sehr auffälligen Klingelton, den es sehr laut spielt, ein richtiges Lied, von den Streets: >Fit But You Know It<. Den hatten Sie sich runtergeladen. Sehr passend, finden Sie nicht? Diesen Klingelton hörte jemand, Jamie. Zuerst erkannte er ihn nicht, aber dann hörte ihn noch jemand anders, als Sie eine Woche später gerade das Fountain verließen. Wer rief Sie an, Jamie? Ihr Chef aus Florida, so wie meistens am Ende des Abends? Er konnte Sie im Fountain nicht am Telefon erreichen, deshalb nahm er das Handy. War es so? Bei ihm muss es kurz nach sieben Uhr abends gewesen sein, wahrscheinlich machte er es sich gerade zu Sonnenuntergang mit einer Margarita und einer blonden Tussi im Bikini gemütlich und wollte von Ihnen wissen, wie der Laden läuft. Was sagten Sie ihm, Jamie? Nicht sehr gut? Ich nehme an, Sie lügen ihn auch an, so wie Sie alle Menschen anlügen. Aber das ist ein anderes Problem. Sie hätten Ihren Klingelton nach dem Mord an Hayley ändern sollen.
Wie ging es vor sich? Ich nehme an, Sie legten Hayley die Hand auf den Mund, stopften Lederreste hinein, drohten ihr, sie zu töten, wenn sie sich wehrte oder es jemandem erzählte, und dann vergewaltigten Sie das Mädchen. Mein Gott, Sie vergewaltigten Hayley. Vaginal und anal. Fühlten Sie sich gut dabei? Mächtig? Aber was war anschließend, als Sie fertig waren? Ich glaube, da fühlten Sie sich schuldig, nicht wahr? Als Ihnen klar wurde, was Sie getan hatten. Die Phantasie ist das eine, aber die Wirklichkeit ... Ich könnte mir vorstellen, dass es ein ganz schöner Schock war. Es gab kein Zurück mehr. Hayley kannte Sie. Sie wusste, was Sie getan hatten. Eines Tages würde es herauskommen, so oder so. Wenn sie am Leben blieb. Deshalb erwürgten Sie das Mädchen. Vielleicht taten Sie es nicht gern. Ich weiß es nicht. Sie sah so verletzlich aus, wie sie da lag mit den gespreizten Beinen und dem hochgeschobenen Oberteil. Es zeigte Ihnen viel zu deutlich, was Sie getan hatten, wie ein Blick in den Spiegel. Deshalb drehten Sie Hayley vorsichtig auf die Seite, drückten ihre Beine zusammen, als würde sie schlafen oder im Schlaf laufen. Das sah besser aus, nicht wahr? Nicht ganz so mies. Wie schlage ich mich, Jamie?«
Murdoch schwieg.
»Es ist sowieso egal«, sagte Banks, stand auf und beendete die Befragung. »Wir haben genug Spuren, und wenn die Rechtsmedizin damit durch ist, buchten wir Sie ein und werfen den Schlüssel weg.«
Jamie bewegte sich nicht. Als Banks genauer hinsah, bemerkte er, dass Tränen auf die zerkratzte Tischfläche tropften. »Jamie?«
»Sie war so wunderschön«, sagte Jamie. »Und so verkommen. Sie meinte, sie würde alles tun. Als ich ... als wir ... da meinte sie, sie würde alles für mich tun, wenn ich sie laufenlassen würde.«
»Aber das taten Sie nicht.«
Murdoch schaute Banks an, die Augen voller Tränen. »Ich wollte, wirklich, aber ich konnte nicht. Wie sollte das gehen? Ich konnte sie doch nicht einfach laufenlassen. Nicht danach. Sie würde ihr Versprechen nicht halten. So ein Mädchen. So eine Nutte wie sie. Ich wusste, dass sie ihr Versprechen nicht halten würde. Ich musste sie umbringen.«
Banks schaute Melchior an. »Haben Sie das gehört?«, fragte er und verließ den Raum.
Als Annie das Queen's Arms erreichte, war Templetons Leichenschmaus bereits in vollem Gange, und kaum war sie dort eingetroffen, erfuhr sie, dass es gleichzeitig eine Feier zur Ergreifung des Mörders von Hayley Daniels war - eine ziemlich sonderbare Kombination. Banks, Hatchley, Gervaise und der Rest saßen um einen langen Tisch, tranken Bier und erzählten Templeton-Geschichten, so wie man es auf einem Leichenschmaus tat. Die meisten lustig, einige bittersüß. Annie hatte nicht vor, heuchlerisch dabei mitzutun, doch genauso wenig wollte sie den anderen die Stimmung verderben, indem sie ein paar von ihren Templeton-Anekdoten zum Besten gab. Das arme Schwein war tot, und das hatte er nicht verdient, er sollte einen ordentlichen Abschied
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