Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht
Selbstauslöser aufgenommen. Sie hatte den Kopf an seine Schulter gelehnt, er den Arm um sie gelegt. Annies Haar war zerzaust, ihr Blick ging ins Leere. Das wäre alles völlig uninteressant gewesen, höchstens etwas peinlich, wenn man nicht an den Schultern hätte erkennen können, dass sie und Eric auf dem Bild splitternackt waren und Annie einen Joint zwischen Daumen und Zeigefinger hielt. Und sie hatte ein verdammt breites Grinsen drauf ...
»Nun, Joseph«, sagte Banks, zurück im Vernehmungszimmer mit laufendem Diktaphon und einem nervös im Hintergrund lauernden Sebastian Crawford. »Sieht so aus, als wären wir der Sache noch nicht ganz auf den Grund gegangen, hm?«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, erwiderte Randall.
»Ich glaube schon«, sagte Banks. Er beugte sich vor. »Und ich glaube, es wäre in Ihrem Interesse, das auch zuzugeben.«
Randall leckte sich die Lippen und schaute hilfesuchend zu Crawford hinüber. Der schwieg.
»Gut«, sagte Banks und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. »Dann werde ich es Ihnen mal erklären. Wir hatten eben Besuch von Ihrem Nachbarn, Roger Colegate, und der hat uns erzählt, er hätte Samstagnacht um halb eins gesehen, wie Sie die Katze nach draußen ließen. Auch wenn wir noch nicht den genauen Zeitpunkt des Mordes an Hayley Daniels kennen, gibt es doch Hinweise darauf, dass sie um zwanzig nach zwölf ins Labyrinth ging und höchstwahrscheinlich gegen fünf vor halb eins vom Täter angesprochen wurde.«
»Na, da haben Sie's doch!«, sagte Randall mit einem triumphierenden Blick zu Sebastian Crawford. »Ich kann es gar nicht getan haben, oder?«
»Es hätte wohl mindestens fünfzehn Minuten gedauert, von Ihrem Haus zu Fuß zum Marktplatz zu gehen«, fuhr Banks fort, »wenn Sie noch in der Lage gewesen wären, geradeaus zu laufen.«
»Was soll das denn heißen?«, fragte Randall.
»Nach Aussage Ihres Nachbarn waren Sie sternhagelvoll«, sagte Banks. »Genau genommen, sind Sie nach Aussage Ihres Nachbarn fast jede Nacht um diese Uhrzeit sternhagelvoll.«
»Das ist eine Lüge«, sagte Randall. »Ich genehmige mir vielleicht das eine oder andere Glas, aber das ist ja wohl nicht verboten, oder?«
»Natürlich nicht«, sagte Banks. »Es gibt auch kein Gesetz dagegen, sternhagelvoll zu sein, vorausgesetzt, Sie belästigen niemand.«
»Also ...«
»Mr Colegate sagt aus, Sie seien unsicher auf den Beinen gewesen, und als er Ihnen eine gute Nacht gewünscht hätte, hätten Sie nur noch lallen können. Sie können sich nicht mal dran erinnern, oder?«
»Nein«, sagte Randall, »aber darauf kommt es ja nicht an, oder? Er kann sich erinnern. Das ist entscheidend. Wie Sie schon sagten, es gibt kein Gesetz, das einem verbietet, sich hin und wieder mal zu Hause zu betrinken, nicht? Ich bin entlastet. Ich kann diese schreckliche Sache gar nicht getan haben. Sie müssen mich gehen lassen.«
Banks überlegte. »Aber Sie haben die Leiche gefunden.«
»Das wissen Sie doch längst. Ich habe es bei Ihnen gemeldet. Und ich hatte einen berechtigten Grund, ins Lager zu gehen.«
»Ja, wir haben bei dem Kunden nachgefragt, den Sie uns genannt haben. Sie hatten eine Eilbestellung für eine Handtasche. Aber das ist eher unwichtig.«
»Was soll das heißen?«
»Sie waren elf Minuten lang mit Hayley Daniels' Leiche allein.«
»Ja, und? Sie war tot, als ich sie fand.«
»Ich weiß«, sagte Banks.
»Hören Sie, entschuldigen Sie sich doch einfach, dann ist es gut. Sie lassen mich gehen, und die Sache ist vorbei. Sebastian?«
Crawford räusperte sich. »Ähm ... Mein Klient hat recht, Chief Inspector. Sie haben schließlich schon bestätigt, dass er auf gar keinen Fall für den Mord an Hayley Daniels verantwortlich ist, und deswegen haben Sie ihn ja verhaftet.«
»Das können wir ändern«, bemerkte Banks.
»Was soll das heißen?«, fragte Randall.
»Das Problem bleibt«, sagte Banks. »Unsere forensischen Spezialisten haben definitiv Ihre DNA in der Samenprobe vom Opfer nachgewiesen. Unser Tatortkoordinator wunderte sich sogar darüber, dass das Sperma nicht so stark getrocknet war, wie es hätte sein müssen, wenn es mehrere Stunden alt gewesen wäre.«
Randall verschränkte die Arme. »Ich habe Ihnen schon gesagt, es tut mir leid, aber da kann ich Ihnen nicht helfen.«
»Oh, ich denke doch«, sagte Banks. Er beugte sich vor und stützte die Hände auf den
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