Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder
Dabei merkte sie nicht, daß ihr beschleunigter Atem und ihr gerötetes Gesicht alles verrieten.
An einem Sommerabend verließ er etwas später als gewöhnlich das Büro. Er wollte von der Arbeit aus direkt auf den Tennisplatz und mußte sich im Waschraum umziehen. Barbara machte immer erst Feierabend, wenn er auch ging. Sie hatte inzwischen einen Abendkurs als Stenotypistin absolviert und deckte gerade ihre Schreibmaschine ab, als er in Shorts und Tennishemd aus dem Waschraum kam. Alle anderen waren schon weg. Er stellte sich vor sie und sah sie lange an - erst musterte er ihr Gesicht, dann wanderte sein Blick langsam weiter. Er schloß die Tür ab und gestand ihr, daß er sich schon lange nach diesem Augenblick gesehnt habe. Barbara wurde ganz schlecht vor Aufregung. Er stand ganz dicht bei ihr, raunte: »Soll ich dir zeigen, was du mit mir gemacht hast?« und führte ihre Hand. Als er ihre Bluse aufknöpfte - in den Sekunden, ehe ihr die Sinne vollends schwanden -, entstand ein bezauberndes Bild vor Barbaras geistigem Auge: Sie sah sich in einem weißen Kleid auf der Schwelle einer hübschen Dorfkirche stehen, und Alan in einem Smoking war an ihrer Seite. Nach der Zeremonie würde es Champagner geben und eine dreistöckige Hochzeitstorte.
»Du bist sehr hübsch, Liebling.« Er hakte ihren BH auf. »Komm schon - was ist los? Du willst mir doch nicht erzählen, daß das für dich überraschend kommt, oder?«
»Ich habe so weiche Knie ...«
»Das haben wir gleich. In Ruperts Büro steht eine Couch. Und es gibt einen Spiegel.«
Sie gingen Arm in Arm in Ruperts Büro, die Bluse und den Büstenhalter ließen sie auf ihrer Schreibmaschine liegen. Sie legten sich auf die Couch gegenüber dem Spiegel und dem mit Gardinen verhangenen Fenster zur Straße. Als sie fast ganz nackt war, drohte Alan, die Gardine aufzuziehen. Das hätte sie eigentlich in Alarmbereitschaft versetzen müssen, aber die Drohung steigerte ihre Erregung nur noch mehr. Er schien genau zu wissen, was er tun mußte. Es tat nur ein ganz klein bißchen weh und war längst nicht so schmerzhaft, wie die Leute immer behaupteten - es war nur viel zu schnell vorbei. Sie wollte mehr, und er gab ihr mehr. Nach etwa einer Stunde klopfte jemand an die Außentür. Alan lächelte und legte einen Finger auf ihre Lippen, Barbara saß mit gespreizten Beinen auf seinem Schoß und sah, wie ein Mädchen im Tennisdreß und langem, von einem Tuch zusammengehaltenem Haar am Fenster vorbeiging.
Es war kurz vor neun, als sie schließlich ihre Sachen zusammensammelten und gingen.
Nach dieser Begegnung trafen sie sich noch oft, gewöhnlich spät am Abend. Alan erklärte ihr, daß er sein Studium nicht vernachlässigen dürfe und nach der Arbeit erst noch lernen müsse. Er fuhr mit ihr ins Grüne und fand meistens ein abgeschiedenes Plätzchen, und wenn das Wetter schlecht war, blieben sie in seinem Auto. Sie nahm ihn nie mit in ihr winziges möbliertes Zimmer und erzählte ihm, um unangenehmen Fragen rechtzeitig vorzubeugen, daß sie eine Waise sei. An den Abenden, an denen sie sich nicht sahen, fand sie keine Ruhe und verzehrte sich vor Sehnsucht nach ihm. Im Büro benahm er sich äußerst korrekt ihr gegenüber und zwinkerte ihr nur gelegentlich zu, wenn niemand sonst in der Nähe war. Einmal, als sie kurz allein im Zimmer waren, stellte er sich hinter ihren Stuhl und ließ seine Hand unter ihre Bluse gleiten.
Im Winter entdeckte sie, daß sie schwanger war. Sie war nervös, als sie ihm davon erzählte - fast so, als wäre es allein ihre Schuld. Sie beendete ihr Geständnis mit der Frage, was seine Eltern wohl dazu sagen würden. Er sah sie ungläubig, ja fassungslos an, dann grinste er belustigt und umarmte sie flüchtig. »Keine Sorge, wir regeln das schon irgendwie.« Am Ende der Woche rief Rupert Winstanley sie in sein Büro und gab ihr die Adresse einer Privatklinik in Saint John's Wood und einen Scheck über hundertfünfzig Pfund. Sie sah keinen der beiden jemals wieder.
Sie ließ die Abtreibung vornehmen, viel zu durcheinander und einsam, um über andere Möglichkeiten nachzudenken. Heute würde sie sich selbstverständlich anders entscheiden und die Mistkerle nach Strich und Faden ausnehmen. Wenn sie schon nicht ihren Respekt, ihre Bewunderung oder ihre Liebe gewinnen konnte, dann wollte sie wenigstens deren Geld.
Einen Monat nach ihrem Klinikaufenthalt arbeitete sie in einem Supermarkt und füllte tagsüber die Regale
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