Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder
nehme ich an. Sie muß sie aus dem Röhrchen genommen haben, als sie in der Toilette war. Sie hatte eine Strickjacke mit Tasche an und ein Taschentuch bei sich. Als ich den Inhalt ihrer Handtasche überprüfte«, versuchte Bateman sich zu verteidigen, »fand ich ein Röhrchen mit Schlafmittel, es waren sechs Tabletten drin. Sie fragte mich sogar, ob sie eine nehmen darf. Sie war ganz schön raffiniert...«
»Sie war jedenfalls ein verdammtes Stück raffinierter als Sie, das ist mal sicher.«
»Wenn das Röhrchen ganz leer gewesen wäre, hätte ich Verdacht geschöpft.«
»Die Tatsache, daß sie überhaupt so etwas in ihrer Handtasche hatte, hätte Ihren Argwohn wecken müssen, Mann. Oder glauben Sie, die Leute schleppen Schlaftabletten einfach so mit sich herum, als würde es zum täglichen Leben gehören?«
»Nein, Sir.«
»Wann haben Sie gemerkt, daß sie tot ist?«
»Bei meinem dritten Rundgang, Sir. Kurz vor fünf. Mir fiel auf, daß sie nicht mehr atmete. Ich habe sofort den Polizeiarzt gerufen, aber es war zu spät.«
»Wenn sie nicht mehr atmete, war es, verdammt noch mal, natürlich zu spät.«
Der Sergeant murmelte jämmerlich: »Ja, Sir.«
»Sie sind bei der Polizei ebenso gut zu gebrauchen wie ein Suspensorium im Nonnenkloster, Bateman.« Schweigen. »Dafür werden Sie degradiert.« Pause. »Und das ist erst der Anfang.«
»Wenn ich...«
»Sie sind vom Dienst suspendiert. Sie werden benachrichtigt, wann Sie zur Anhörung erscheinen sollen. Bis dahin möchte ich Ihr Gesicht hier nicht sehen. Und jetzt verschwinden Sie.«
Kaum hatte sich die Tür hinter dem armen Tropf geschlossen, stürmte ein junger Constable herein. »Es geht um den Häftling in Zelle drei, Sir. Er möchte eine Aussage wegen gestern nachmittag machen.«
»Ich nehme an, Sie sind lange genug bei der Polizei, um das allein und ohne großen Wirbel zu erledigen.«
»Tut mir leid, aber er will nur mit Ihnen reden.«
Der Häftling in Zelle drei beendete gerade sein Frühstück und wischte seinen Teller mit einem Stück Brot ab. »Einen Stern für den Komfort in diesem Haus, Inspector, aber die Küche hat eindeutig zwei Sterne verdient. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich ein besseres pochiertes Ei gegessen habe.«
»Sagen Sie, was Sie zu sagen haben, und beeilen Sie sich damit.«
»Ich würde jetzt gern heimgehen.«
»Spielen Sie keine Spielchen mit mir, Lacey!« Barnaby ging auf die Pritsche zu und beugte sich so weit zu dem Mann, daß ihre Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. »Ich habe die Nase voll von Ihnen.« Er sprach langsam und ruhig, aber der Zorn, der von ihm ausging, war beinahe mit Händen greifbar. Lacey wurde blaß und wich ein Stück zurück. Die transplantierte Haut blieb unverändert und sah aus wie ein rosafarbener Seidenstreifen. »Und ich warne Sie«, fügte Barnaby hinzu, »wenn Sie mich gestern angelogen haben, sind Sie in ernsten Schwierigkeiten.«
»Ich habe nicht gelogen... das heißt theoretisch.« Jetzt sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus - ihm saß eindeutig der Schreck in den Gliedern. »Ich sagte, daß ich am Nachmittag bei der Arbeit war, und das stimmt auch. Ich habe erste Skizzen für ein Ölgemälde gemacht, das ich von Judy Lessiter malen möchte. Ich hatte es mir schon vor einiger Zeit vorgenommen, und gestern mittag rief Judy an, um mich daran zu erinnern. Wir arbeiteten im Garten der Lessiters.«
Barnaby holte ein paarmal tief Luft - er hatte Mühe, seine Wut im Zaum zu halten. »Arbeiten Sie nicht gewöhnlich zu Hause?«
»Skizzen kann man überall machen, und außerdem hat sie mich zum Mittagessen eingeladen. Eine anständige Mahlzeit schlage ich nie aus.«
»Wann kamen Sie bei ihr an?«
»Etwa um eins. Kurz nach zwei fingen wir mit der Arbeit an. Ich zeichnete bis vier, dann tranken wir Tee, aßen Kuchen und so, und anschließend arbeitete ich noch ein bißchen weiter. So um fünf bin ich gegangen.«
»Und warum«, erkundigte sich Barnaby gepreßt, »haben Sie mir das gestern nicht erzählt?«
»Na ja... ich weiß es ehrlich nicht.« Michael Lacey schluckte nervös. »Ich vermute, ich war wie vor den Kopf geschlagen, als Sie das Messer fanden ... ich geriet in Panik, und ehe ich begriff, wie mir geschah, verfrachteten Sie mich in Ihr Auto, und plötzlich saß ich hier in dieser kleinen grauen Zelle.« Er versuchte ein Grinsen. Der Chief Inspector
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