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Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende

Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende

Titel: Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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er seine Liebe nicht eingestand. Und daß sie ihm auf ewig verwehrt bleiben würde, sollte er versagen. Trotz des Meisters Verfügung spürte Arno, daß er in diesem Fall May in Zukunft nicht mehr mit seiner Gegenwart belästigen durfte. Den ganzen Tag über hatte er wie ein ängstlicher Soldat vor einer schicksalsschweren Schlacht nach positiven Vorzeichen Ausschau gehalten. Nach dem Mittagessen war ihm eins vergönnt gewesen. Beim Ausleeren der Tasse hatte der Teesatz im Spülbecken die Gestalt eines Herzens angenommen und Arno in Hochstimmung versetzt. Offenbar war der Zeitpunkt richtig gewählt. Er mußte die Sache endlich hinter sich bringen, und wie lange brauchte es schon, die drei Worte auszusprechen? Keine fünf Sekunden. Vielleicht etwas länger - immerhin hatte er sich entschlossen, ihr darüber hinaus noch ein paar Zärtlichkeiten zu sagen.
      Bei dem Gedanken an diese Zärtlichkeiten stellten sich die Härchen in Arnos Nacken vor freudiger Erwartung auf. Möglicherweise war es eine gute Idee, ein Kärtchen mit seinem letzten Haiku zwischen die Blumen zu legen. Er zog es aus seiner Tasche.
      May, Herzkönigin Bitter, ein Leben ohne dich Sei zusammen. Mit mir.
      Die zweite Zeile, die eine Silbe zuviel hatte, machte ihm noch Kopfzerbrechen, andererseits hatte sie Überzeugungskraft und das richtige Tempo. Daran gab es keinen Zweifel.
      Nach dem Abwasch und dem Abtrocknen stellte Arno die Gläser weg und fand dabei den Brandy. Versteckt hinter den Haferflocken, den Bohnen und den Trockenpflaumen. Gedankenlos nahm Arno die relativ volle und große Flasche herunter. Er schenkte ein kleines Schnapsglas voll und trank es in einem Zug leer.
      Der Brandy brannte in seiner Kehle und veranlaßte ihn zu husten, doch danach fühlte er sich gleich wesentlich besser. Tatsächlich so viel besser, daß er sich auf der Stelle ein zweites Schnäpschen genehmigte. Dieses Glas ging ihm runter wie Öl. In seiner Brust breitete sich wohlige Wärme aus. Arno merkte, wie der Alkohol genau das bewirkte, was ein starkes Getränk bewirken sollte. Hemmungen abschüttelnd, überkam ihn jene Selbstsicherheit, die er brauchte, um seinen tapferen, draufgängerischen Auftritt zu bewältigen. Er beschloß, sich einen weiteren Brandy zur Brust zu nehmen, und ließ-sich auf einen Stuhl fallen.
      Just in dieser Sekunde wurde er von ungebetenen Erinnerungen heimgesucht. Vor langer Zeit hatte er in einem Amateurtheater ein Stück gesehen. Es spielte in Rußland, und soweit Arno sich entsann, kamen darin zwei Charaktere vor, von denen alle anderen dachten, sie wären ineinander verliebt. Die Frau packte gerade, um wegzufahren, er stand neben der Tür. Sie nahm an, er würde sich ihr erklären, und er dachte das ebenfalls, aber er tat es nicht, und so ging sie weg, um als Gouvernante zu arbeiten. Die Verschwendung und das Pathos der ganzen Situation hatten Arno sehr angerührt. Nun wertete er die Erinnerung an das Schauspiel als Warnung und Aufforderung zugleich.
      Damit ihn die Trauer nicht übermannte, gönnte er sich noch ein Gläschen Schnaps. Taumelte langsam zum Fenster hinüber, öffnete es und hielt den Kopf in die wohlriechende, seidenweiche Luft. Wie angenehm! Doch er konnte nicht leugnen, daß es ihn nach einer mutigeren Tat dürstete. Genau da hörte er das Cello.
      Sie spielte die Chakras, die - wie sie ihm einmal versichert hatte - der siebennotigen Tonleiter entsprachen. Woher er wußte, daß sie nicht einfach eine gewöhnliche Tonleiter spielte, konnte er nicht sagen. Lag es an dem besonders vollen Timbre, an der tieferen Resonanz in der Pause? Konnte man womöglich Farben hören? Sich am Rahmen festhaltend, stand er am Fenster und spitzte die Ohren, um keine einzige Note zu verpassen.
      Er hatte das Gefühl, in Freude und Selbstvertrauen zu ertrinken. Als wäre ihm die große Kraft, die es brauchte, um sie und sich selbst zu stützen - jetzt und in der Zukunft -, gerade eben zum Geschenk gemacht worden. Diese Kraft zog ihn nicht runter, sondern gab ihm Auftrieb. Er flog. Urplötzlich war er davon überzeugt, daß sie ihm gehören würde - das wußte er nun! Ihre ganze überschwengliche, unfaßbare Extravaganz. Als die Noten ertönten, erschuf Arno - in einem Anfall von Mannstollheit - die von ihm angebetete Musikerin neu und sah sie nicht mehr in einem englischen Landhaus sitzen, sondern auf einer von Gold eingefaßten Wolke mit einem glänzenden Helm quer durch den Himmel reiten. Ja, das war

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