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Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger

Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger

Titel: Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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bevor sie ihre Aufmerksamkeit erneut Gerald zuwandte. Mit diesem stimmte ganz offensichtlich etwas nicht. Nie hatte sie ihn so erlebt. Er saß auf der äußersten Sofakante, jeder Muskel seines Körpers gespannt wie bei einem sprungbereiten Raubtier. Sein zur Schau gestellter Gleichmut kostete ihn offenbar eine fast übermenschliche Anstrengung, wie seine hervortretenden Halssehnen bewiesen. Zwar war sein Kopf in Richtung Max Jennings gewandt, doch Laura bemerkte, daß er den Blick starr auf einen Punkt über Max' Schulter an der Wand fixiert hatte. Die Spitze seines eleganten handgenähten Schuhs mit den ingwergelben Schnürbändern tippte unablässig und nervös auf den Teppich.
      Während Laura ihn so betrachtete, erinnerte sie das vertraute Brennen in der Magengegend daran, daß sich für sie nichts geändert hatte. Sein Verrat hatte den Zauber nicht gebrochen. Sie stand noch immer in seinem Bann. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als sich mit der Blondine abzufinden. Vermutlich würde sie so enden wie die Frau des Barons in Balzacs Cousine Bette, die am Liebesentzug in ihrem Schlafzimmer zugrunde ging, während sich ihr Mann ein Stockwerk tiefer mit der Dienstmagd vergnügte. Als Laura sich mühsam von Geralds Anblick losriß, wurde ihr bewußt, daß Max Jennings sie mit aufmerksamem Blick taxierte. In diesem flüchtigen Moment war ihr klar, daß er offenbar sofort erkannt hatte, welche Gefühle sie für Gerald hegte. Sie fühlte sich ertappt und strafte ihn mit unverhohlener Mißbilligung.
      Amy stellte währenddessen ihre letzte Frage nach den wichtigsten Eigenschaften eines Schriftstellers.
      »Das wichtigste ist stets ein wacher Geist. Und Beharrlichkeit. Nie aufgeben, das muß unsere Devise sein.«
      »Soviel ich weiß, hat Sie der Erfolg doch von Anfang an geküßt!« warf Brian mit unverhohlener Geringschätzung ein.
      »Ja, ich hatte eben Glück. Aber bei jedem neuen Buch fängt man wieder von Null an. Und natürlich schafft man sich mit dem Erfolg auch Feinde. Die Kritiker schießen scharf. Meine historischen Romane haben etliche Breitseiten abgekriegt.«
      »Was mich interessiert ...« Sue holte tief Luft, hatte ihre Stimme jedoch nicht recht unter Kontrolle. »Haben Sie Erfahrung mit Kinderbüchern?«
      »Leider nein.«
      »Ich male, wissen Sie. Bilder.«
      Bilder? Na, was denn sonst! Brians Gedanken standen ihm gemeinerweise nur zu klar ins Gesicht geschrieben, als er nachdrücklich den Blickkontakt mit dem Gast suchte. »Ich habe ihr geraten«, begann er laut, »mit Kurzgeschichten oder einem Gedicht anzufangen. Aber davon hält sie nichts.«
      »Womit sie völlig recht hat. Das Genre verkauft sich praktisch überhaupt nicht.« Er lächelte Sue aufmunternd zu. »Wovon handeln denn Ihre Bilder?«
      »Von einem Drachen namens Hector.«
      »Der Menschen frißt?«
      »Nur dünne Menschen. Er ist auf Diät.«
      »Wunderbar!« Max lachte laut auf, und Sue erlebte einen kurzen Moment der Selbstbestätigung. Bei den Kindern der Spielgruppe waren Hectors Abenteuer zwar regelmäßig ein Erfolg, aber Brian behauptete stets, Kindern könne man alles vorsetzen. Sue sah ihren Mann an. Brian klopfte sich mit dem Zeigefinger rhythmisch gegen das Knie und bewegte leicht die Lippen. Sue kannte die Anzeichen. Brian bereitete eine spektakuläre Entgegnung vor. Als er sich vorbeugte, lief ihm Honoria allerdings erneut den Rang ab.
      »Ich weiß nicht, wie es den anderen geht ... Ich jedenfalls habe Hunger. Und ich bin sicher, Mr. Jennings auch.«
      Alle nickten betreten. Amy reichte dem Gast einen Teller und eine Serviette. Gerald erwachte plötzlich aus seiner Starre. »Kaffee! Kaffee!« murmelte er und stürmte gefolgt von Rex in die Küche.
      Honoria, die sich flink die unterschiedlichsten Köstlichkeiten auf den Teller gehäuft hatte, kehrte zu ihrem Sessel zurück und sagte, als sie an Brian vorbeikam, laut: »Mund zu!«
      Brian, wütend darüber, erneut um seinen Auftritt betrogen worden zu sein, klappte die Kinnlade zu. Der Kreis um Max Jennings löste sich auf. Laura entfernte sich, um beim Kaffeekochen zu helfen. Sie fand Rex und Gerald in ein ernstes Gespräch vertieft. Die beiden Männer fühlten sich durch sie so offensichtlich gestört, daß sie umgehend den Rückzug antrat.
      Im Wohnzimmer hatten einige mittlerweile ihre Sitzplätze gewechselt. Amy und Sue waren näher an Max Jennings herangerückt, der an einem Käsekräcker knabberte. Beide

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