Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger
und paßten auf, als Barnaby am Beginn der Besprechung zum vorderen Ende des Raumes schritt.
Er stellte sich vor eine Pinwand, die stark an Knäckebrotscheiben erinnerte. An dieser hingen Fotos und Vergrößerungen aus dem Video, das am Tatort gedreht worden war. Barnaby begann damit, daß er den Fall als sehr chaotisch bezeichnete, und alle wußten, was er meinte. Eine Vergrößerung von Hadleighs Hochzeitsfoto wurde ebenfalls gezeigt, zusammen mit Aufnahmen der Mordwaffe. Barnaby rekapitulierte das bislang gesammelte Informationsmaterial nur ganz knapp, denn alle Beteiligten verfügten über Ablichtungen der Gespräche und Vernehmungen vom Vortag.
»Wir wissen mittlerweile, daß Jennings weder nach Finnland noch sonstwohin geflogen ist ... zumindest nicht von Heathrow aus. Andere Flughäfen werden heute überprüft. Außerdem sind sämtliche Seehäfen informiert. Vielleicht kommt dabei was raus. Die Tatsache, daß er verschwunden ist, ohne sein wahres Ziel preiszugeben, erscheint natürlich verdächtig. Andererseits dürfen wir nicht vergessen, daß er, nachdem er Hadleigh verlassen hat, nach Hause gefahren und ins Bett gegangen ist. Erst am Morgen hat er sich von seinem Butler die Koffer packen lassen und vor der Abreise sogar noch in Ruhe gefrühstückt. Was nicht gerade darauf hindeutet, daß der Mann es eilig hatte.
Falls er Hadleigh getötet hat, konnte er am Morgen unmöglich wissen, daß die Leiche noch nicht entdeckt worden war. Rex St. John hatte schließlich aus seiner Rolle als Bewacher kaum ein Hehl gemacht. Jennings mußte also annehmen, daß sich St. John, sobald er abgefahren war, vergewissern würde, ob mit Hadleigh auch alles in Ordnung ist. Und in diesem Fall wäre der Mord sofort entdeckt, die Polizei benachrichtigt, St. Johns Geschichte erzählt und Jennings vernommen worden. Außerdem müssen wir die Tatumstände in Betracht ziehen. Das brutale Blutbad deutet auf eine Tat im Affekt, also nicht auf einen sorgfältig geplanten Mord. Wobei ich nicht allzuviel Energie auf diese Theorie verschwenden möchte. Denn ein Mord kann natürlich eiskalt geplant und doch voller Emotionen ausgeführt werden. Trotzdem sollten Sie diesen Punkt im Kopf behalten.
Das Haus war unverschlossen. Also ist nicht auszuschließen, daß jemand rein zufällig eingestiegen ist. Einbruchsdiebstähle sind, wie wir wissen, nichts Ungewöhnliches. Dennoch halte ich es in diesem Fall eher für unwahrscheinlich. Die Zugehfrau ist sicher, daß im Parterre nichts gestohlen wurde. Unseeligerweise weigert sie sich, den ersten Stock noch einmal zu betreten. Ich habe gestern abend ein weiteres Mal mit ihr gesprochen. Demnach scheint ein großer brauner Koffer aus dem kleinen Schlafzimmer zu fehlen. In der Vorwoche ist er offenbar noch dagewesen. Wir dürfen also annehmen, daß derjenige, der den Inhalt der Kommode mitgenommen hat, dafür diesen Koffer benutzte. Ich hoffe, daß die Spurensicherung uns Hinweise darauf geben kann, was sich wirklich in der Kommode befunden hat.«
»Dann gehen wir also doch von einem Raubmotiv aus, Sir?« erkundigte sich ein junger Kriminalbeamter beflissen.
»Zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu sagen, Willoughby. Auf die Idee mit dem Diebstahl könnte der Täter auch erst nach dem Mord gekommen sein. Trotzdem halte ich diesen Punkt für sehr wichtig. Immerhin ist eine wahnsinnig teure Uhr zurückgelassen worden. Und laut Mrs. Bundy war die Kommode stets fest verschlossen.«
Inspektor Meredith, der dem Vortrag bisher mit entrückter Miene schweigend gefolgt war, meldete sich zu Wort: »Daß der Koffer als Transportmittel benutzt wurde, kann doch nur bedeuten, daß der Mörder nicht erwartet hatte, zu finden, was er dann gefunden hat. Sonst hätte er doch gleich ein Transportmittel mitgebracht. Ich meine, soviel Krempel stopft man sich doch nicht einfach in die Taschen.«
»Das ist völlig richtig, Ian«, erwiderte Barnaby, dem nicht entgangen war, daß jemand hinter seinem Rücken scharf die Luft einsog. Schließlich wußte er um die Antipathie seines Sergeants für Meredith, ja er teilte sie sogar.
Troy verfolgte Inspektor Ian Meredith, den Leiter des Außendienst-Teams, seit dessen ersten Tag in der Abteilung mit neidvollem Mißvergnügen. Der angebliche Überflieger und Bramshill Absolvent trug seine akademischen Titel wie ein Markenzeichen vor sich her. Er war schneller Sergeant geworden, als andere denken konnten, hatte bereits nach vier Jahren seinen Inspektor
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