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Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger

Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger

Titel: Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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hielt sie inne und legte den Finger auf die Gabel.
      Was sollte sie mit dem Vormittag anfangen, wenn sie nicht in den Laden fuhr? Rastlos in ihrem Puppenhaus im Kreis laufen, ohne irgendwo länger als fünf Minuten Ruhe zu finden, unfähig, auch nur eine Zeile zu lesen? Fernsehen war tagsüber für sie tabu und Radiohören ebenso unbefriedigend.
      Gerald war tot. Die Polizei hatte es ihr gesagt. Die Gerichtsverhandlung zur Feststellung der Todesursache war bereits anberaumt. Das Begräbnis mußte also in naher Zukunft stattfinden.
      Warum fiel es ihr so schwer, sich damit abzufinden? Und Laura fragte sich nicht zum ersten Mal, ob sie Gerald wohl auch so sehr geliebt hätte, wäre ihr von ihm nicht von Anfang an so hartnäckig das Schild >Zutritt Verboten< gezeigt worden? Spekulationen dieser Art waren ernüchternd.
      Laura ging ins Badezimmer. Sie duschte sich, zog einen Bademantel an und trat ohne große Begeisterung vor ihren Kleiderschrank. Eine weite Kosakenhose aus Wollstoff, eine senf-farbene Seidenbluse, ein weiter, wattierter Mantel aus cremefarbener Wolle mit Lederbesatz. Kniehohe rotbraune Stiefel und Bernsteinkette. Das Haar faßte sie mit einem schwarzen Samtring im Nacken zusammen. Es folgte ein geschicktes Make-up und ein Hauch von Cabochard. Alte Gewohnheiten waren nun mal wie ein Stützkorsett.
      Ihr Frühstück bestand aus einem eisgekühlten Fernet Branca. Sie hatte noch immer keinen Appetit und fühlte sich allmählich losgelöst von der Realität. Kurz stellte sie sich die Frage nach ihrem Alkoholspiegel und ob sie es überhaupt riskieren konnte autozufahren. Drei Tage lang hatte sie nichts gegessen. Schließlich stellte sie das leere Glas neben das wertvolle alte Geschirr, das der rothaarige Polizist so vorsichtig in das Spülbecken geschichtet hatte. Der Himmel allein wußte, weshalb der den Kaffee in ihren Sevre-Suppentassen serviert hatte.
      Schon im Gehen drehte Laura sich plötzlich wieder um und öffnete die Tür ihres gelben Salons. Er kam ihr plötzlich vor wie ein Wintertag: eisgrau und kalt. Zum erstenmal sah sie den Raum mit den Augen anderer ... zum Beispiel denen von Barnaby. Alles war so sorgfältig arrangiert und aufeinander abgestimmt, daß es schon beinahe wieder spießig wirkte. Nur das Portrait an der Wand vermittelte eine gewisse Lebendigkeit. Der schwere Faltenwurf aus Samt an der Hüfte des Jungen glänzte warm. Einem plötzlichen Impuls folgend, beugte Laura sich vor und legte ihre Hand über die traurig und verwirrt dreinblickenden grünen Augen.
      Das Telefon klingelte. Laura hob nicht ab. Vermutlich war es wieder Sue. Sie hatte seit dem Mord jeden Tag angerufen und sie zum Kaffee eingeladen. Zweifellos lieb gemeint, aber Laura wollte nicht zerreden, womit sie emotional noch nicht im reinen war. Den Abend wiederzukäuen, der mit Geralds Tod geendet hatte, sich mit den Warums und Wiesos zu quälen, dazu fehlte ihr die Kraft. Außerdem mußte sie fürchten, ihre Gefühle nicht unter Kontrolle zu haben. Sie wollte nicht vor den anderen um ihn weinen.
      Dabei fiel ihr ein, daß von nun an keine Notwendigkeit mehr bestand, Mitglied des Autorenkreises zu bleiben. Sowieso hatte sie sich von einem Treffen zum anderen nie mehr daran erinnern können, was sie über ihre Arbeit erzählt hatte, und deshalb stets in der Angst gelebt, entlarvt zu werden. Aber dazu waren die anderen viel zu sehr mit sich und ihren Projekten beschäftigt gewesen.
      Als sie ins Freie trat, zuckte sie unter der Kälte zusammen. Ihre Gesichtshaut spannte sich unter dem eisigen Hauch. Ein Rotkehlchen, das die Temperaturen offenbar unterschätzt hatte, war in der Hoffnung auf ein schnelles Bad im Vogelbecken gelandet und schlitterte jetzt, panisch mit den Flügeln schlagend, auf einer Eisbahn herum. Unter Lauras Schritten knirschte das Eis der zugefrorenen Pfützen, als sie zu ihrer Garage marschierte.
     
    Die Anwaltssozietät Jocelyne, Tibbles und Delaney belegte sämtliche Räumlichkeiten im Parterre eines eleganten alten Stadtpalais in der Nähe von St. Bartholomews. Der Chefinspektor tappste mit unsicheren Schritten über das glatte Kopfsteinpflaster zum Portal.
      Die beiden Polizeibeamten wurden bereits erwartet. Eine energische ältere Dame führte sie in ein Vorzimmer. Getäfelte Wände, solide dunkle Möbel, niedrige Tische mit schweren Kristallaschenbechern und Stapeln der juristischen Fachzeitschrift Law Quarterley Review waren dazu angetan, die innere Einsicht zu

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