Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod
Gefühl, daß sie schon eine ganze Weile miteinander redeten.
Simone wirkte sehr gefaßt. Offenbar hatte sie sich zu einem Kompromiß zwischen ihrem mondänen letzten Auftritt und der schlichten Natürlichkeit bei den Gesprächen zuvor entschlossen. Sie trug ein graues Hemdblusenkleid aus Seide, dazu glänzende Silberohrringe in Form von Dreiecken und ein kunstvolles Korallenarmband. Dezentes Make-up gab ihrem Gesicht eine natürliche Frische, und ihr Parfüm verströmte einen leichten Blumenduft. Barnaby stellte erleichtert fest, daß es nicht Joy war. Er schüttelte Jill Gamble, die er ganz gut kannte, die Hand. Sergeant Beryl schaltete das Tonband ein und die Vernehmung begann. Die Anwältin sprach als erste.
»Ich sollte von vornherein klarstellen, Chief Inspector, daß meine Mandantin die Beschuldigung, die gegen sie erhoben wird, von sich weist. Sie streitet jedoch nicht ab, daß” sie an dem Abend, an dem ihr Mann starb, in Nightingales war, und ist bereit, alle Fragen, die Sie ihr zu dem Fall stellen möchten, ehrlich zu beantworten.«
»Das ist ja sehr erfreulich«, sagte der Chief Inspector. »Also, Mrs. Hollingsworth...«
»Oh, Inspector Barnaby!« flötete Simone. Sie beugte sich vor und faltete die Hände. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich bin, daß alles vorbei ist. Endlich.«
»Wir sind sicher alle...«
»Sie können sich überhaupt nicht vorstellen, wie unglücklich ich war. Ich war soweit, daß ich die Tabletten gehortet habe, die mir der Arzt verschrieb...« Sie sah unsicher zu ihrer Anwältin, die ihr ermutigend zunickte. »Ich wollte lieber tot sein als so weiterleben, wie es war. Ich bat Alan um eine Trennung, damit ich zurück nach London gehen und ein neues Leben anfangen könnte. Aber er sagte, er würde mich niemals gehen lassen. Und wenn ich weglaufen würde, würde er mich überall finden und... mich umbringen.«
»Also haben Sie beschlossen, ihm als erste eins auszuwischen?« Die Formulierung erinnerte ihn stark an Troy, und seine Stimme klang schroffer als sonst.
»So war das nicht. Wenn Sie alles so berechnend klingen lassen wollen...«
»Wenn dreißig Kapseln aufreißen, die Hüllen beseitigen, das Pulver in Whisky auflösen und jemanden dazu bringen, das zu trinken, nicht berechnend ist, dann weiß ich nicht, was berechnend ist.«
»Sie verstehen das nicht.«
»Dann erklären Sie’s mir.«
»Das ist schwierig.« Simone zog ein feines Seidentaschentuch aus ihrer Handtasche, betupfte sich die Augen, schob das Tüchlein unter ihr Armband und seufzte. Dann sagte sie etwas so Ungeheuerliches, daß Barnaby zunächst seinen Ohren nicht traute. »Die Sache ist nämlich die, ich möchte Sarah Lawson nicht in Schwierigkeiten bringen.«
»Miss Lawson wurde bereits verhaftet und angeklagt, wie Sie sehr wohl wissen«, sagte der Chief Inspector, als er wieder zu Atem gekommen war. »Sie hat außerdem ein vollständiges Geständnis abgelegt, was ihre Rolle bei dieser Verschwörung betrifft. Und jetzt erzählen Sie mir bitte über Ihre Beziehung zu Miss Lawson.«
»Nun ja...« Simone setzte sich bequemer hin und faltete die Hände im Schoß. »Es fing an, kurz nachdem ich nach Fawcett Green gezogen war. Sie lud mich häufiger zu sich zu Kaffee ein. Und ich bin auch manchmal hingegangen aus purer Einsamkeit, Aber es war absolut peinlich: All dièses Gerede über Kunst und Musik und so. Sie Zeigte mir Bücher mit Gemälden und versuchte, mich dafür zu begeistern. Dann fing sie an, mir den Arm um die Schulter zu legen und ganz nah an mich zu rücken. Sie wollte mich zeichnen, und ich stimmte zu, aber es war so langweilig. Die ganze Zeit nur dasitzen, sich nicht bewegen dürfen und in die Luft starren.«
»Was waren das für Zeichnungen?« fragte Sergeant Beryl.
»Ich hab mich nicht ausgezogen, falls Sie darauf hinauswollen.«
»Wenn Sie eine so negative Einstellung zu Miss Lawson hatten«, sagte Barnaby, »warum sind Sie dann in ihren Kurs gegangen?«
»Sie hat mir dauernd erzählt, wie Kunst mein Leben verändern könnte. Natürlich hab ich das nicht geglaubt. Doch dann hab ich gedacht, warum soll ich es nicht mal versuchen? Dann komm ich zumindest aus diesem Kaff heraus und sehe ein paar neue Gesichter. Aber die Autofahrten waren ein solcher Streß für mich, daß ich es kaum aushalten konnte. Sie hat zwar nichts gemacht, aber dauernd erzählte sie diesen Quatsch über Frauenfreundschaften, daß
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