Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod
gleich, Perrot.«
»Wie Sie meinen, Sir.«
Collin Perrot schaute den beiden Polizisten hinterher. Seine Schultern lockerten sich ein wenig. Er ging eine Zeitlang auf dem Rasenstreifen auf und ab, dann trat er durch das schwarz-goldene Eisentor und schlenderte den Kiesweg auf und ab. Schließlich stellte er sich eine Weile auf die Stufe vorm Haus. Polizeipräsenz.
Es würden nicht mehr viele Leute dasein, um zuzuschauen, wenn das Spurensicherungsteam gleich abfuhr. Perrot sah auf seine Uhr - halb acht. Das erklärte die Sache. Es bedurfte schon mehr als einer Handvoll Ermittler in Zivil, um Fawcett Green daran zu hindern, EastEnders zu gucken.
Perrot seufzte und überlegte, ob er sich nicht einen Stuhl von der Terrasse vors Haus holen und sich hinsetzen könnte, wo doch niemand mehr zu sehen war, der auch nur das kleinste bißchen Autorität hatte. Er war jetzt seit neun Stunden auf Trab, und ihm taten die Füße und der Rücken weh.
Die Überstunden kamen allerdings nicht ganz ungelegen. Nächsten Monat hatte sein Sohn Robby Geburtstag, und er wünschte sich ein Mountainbike. Zwar hatte sich der Junge bereits damit abgefunden, daß es - wie so viele Geschenke der Kinder - wahrscheinlich ein gebrauchtes sein würde, wenn auch auf Hochglanz poliert und von seinem Dad so gut es ging hergerichtet. Aber es wäre natürlich schön, ihn mit einem neuen überraschen zu können.
Als er mit seinen Überlegungen an dieser Stelle angekommen war, spazierte Perrot gerade zur Rückseite des Hauses, da dieser Teil seiner Meinung nach genausogut bewacht werden mußte wie die Vorderfront. Vermutlich sogar noch mehr, da er vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen war.
Im Garten war es sehr still. Die Sträucher und Bäume waren in blaßgoldenes Licht getaucht. Die einzigen Geräusche kamen von einigen Bienen, die in geduldig stillhaltenden Blüten herumstöberten, von Fröschen, die in den Teich und wieder heraus sprangen, und von einem Fuchs, der irgendwo auf den Feldern bellte.
Perrot setzte sich in die mit Gänseblümchen gemusterte Hängematte und genoß die Stille. Er atmete langsam und tief und erfreute sich an den wohlriechenden moschusartigen Düften. Es schien unvorstellbar, daß eben noch Männer und Frauen hier herumgeschwirrt waren und häßliches und beunruhigendes Beweismaterial aus der wohlriechenden Erde ausgegraben hatten.
In der warmen, milden Luft begann Perrots verletzter Stolz allmählich zu heilen. Er hatte furchtbar gelitten, seit der Detective Chief Inspector ihn auf der Polizeistation von Causton so verächtlich heruntergeputzt hatte. Aber seine Scham über sein stümperhaftes Verhalten wurde noch von einer viel größeren Angst überlagert. Wie ein Damoklesschwert hingen die Worte »zu lange in der Provinz eingemottet« über ihm.
Perrot war ein Mann vom Land. Wenn man ihn woandershin verpflanzte, glaubte er, einzugehen und sterben zu müssen. Das war natürlich nicht wahr. Trixie sagte ihm immer, er solle nicht so töricht sein. Und als er von seinen Ängsten sprach, hatte sie gemeint, es wäre schon alles in Ordnung, solange sie nur zusammen wären.
Aber so einfach war das nicht. Orte veränderten Menschen. Perrot war ab und zu auf Fortbildungskursen gewesen, und die Stadtpolizisten, die er dort kennengelernt hatte - nun ja. Schon die Art, wie die miteinander redeten, ihre Einstellung den Mitmenschen gegenüber. Die waren vielleicht zynisch! Sie hörten sich an, als ob sie sich die Hälfte der Zeit im Kriegszustand befänden. Ständig hatte man von »Brennpunkten« gefaselt. Perrot hatte sich richtig fehl am Platz gefühlt. Er hatte gar nicht erst versucht, über seine Arbeit zu reden, weil er wußte, daß er damit bestimmt nur Verachtung ernten würde. Niemand wollte etwas über die drei Dörfer hören, für die er zuständig war. Uber die ausgelassenen Kinder, einschließlich seiner eigenen, die um halb vier lärmend aus der nagelneuen Grundschule gelaufen kamen, mit Papier- oder Pappmodellen in der Hand oder mit grellbunten Klecksereien. Oder wie erleichtert die ängstlichen älteren Leute waren, wenn sie sein Klopfen an der Tür hörten. Auch seine Freizeitaktivitäten als Schiedsrichter auf dem Fußballplatz oder als Aufsicht bei den Fahrradrennen der Kinder blieben unerwähnt.
Natürlich hatte der Job auch seine Schattenseiten. Einbrüche, ab und zu ein Fall von Kindesmißbrauch (der in einer kleinen Gemeinde allerdings schnell bekannt und
Weitere Kostenlose Bücher