Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck

Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck

Titel: Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
Vom Netzwerk:
ihrem Mann gehabt hatte.
      »Es ist ja so nett von dem Reverend, dass er sich bereit erklärt, Charlies Beerdigung zu übernehmen«, sagte Hetty und griff damit auf geradezu unheimliche Weise Anns Gedankengang auf. »Wo er doch schon im Ruhestand ist und so.«
      »Er tut das wirklich gerne.«
      Das stimmte nicht so ganz. Lionel war richtig ungehalten geworden, als Ann den Vorschlag machte. Hatte argumentiert, dass es die Leute verwirren würde, wenn er nach zehn Jahren, in denen das Dorf ihn als Privatperson erlebt hatte, plötzlich wieder öffentlich im Ornat auftrat. Sie erklärte ihm, das sei doch lächerlich, und zu Lionels Bestürzung und Anns Überraschung und wachsender Belustigung entwickelte sich ein offener und unverblümter Meinungsaustausch.
      »Der Mann hat jahrelang im alten Pfarrhaus gearbeitet.«
      »Das ist mir bewusst, meine Liebe.«
      »Und es würde Hetty soviel bedeuten. Der Tag wird für sie schon schmerzlich genug, ohne dass ein vollkommen Fremder von den Altarstufen herab predigt. Und was das Seelsorgerische betrifft, da hast du dich ja bisher nicht gerade sonderlich ins Zeug gelegt.«
      »Wovon redest du, Ann?«
      »Ich rede von Zuspruch, Lionel. Von liebevoller Zuwendung, geduldigem Zuhören und beständiger Unterstützung - ich dachte, das wäre deine Spezialität.«
      »Ich fürchte, es hat wenig Sinn, dieses Gespräch weiter fortzuführen.«
      »Kein Zweifel, wenn sie achtzehn und hübsch wäre und beschuldigt würde, mit Drogen zu handeln, dann hätte Hetty auch diese ganzen Vergünstigungen wie ein zusätzliches Taschengeld, eine hübsche kleine Wohnung und ein neues Bügelbrett.«
      »Du schreist.«
      »Wenn das für dich schon schreien ist, dann lass dich nicht aufhalten. Da hinten ist die Tür.«
      »Ich weiß nicht, was in dich gefahren ist.«
      Ann verharrte reglos und begann nachzudenken. Ihr wurde bewusst, dass da nicht plötzlich etwas in sie gefahren war, sondern dass es schon lange in ihr war und jetzt hinausdrängte. War es das, was sie wirklich wollte? Doch nach einem kurzen Augenblick wurde ihr Verstand, der sich in letzter Zeit in einem derartigen Tumult befunden hatte, ganz klar. Abneigungen und Bedürfnisse, von denen sie nichts geahnt hatte, kamen plötzlich in ihr hoch. Wie eintönig und steril ihr ruhiges und geordnetes Leben ihr plötzlich erschien. Wie feige ihr Verhalten. Jahrelang hatte sie sich bemüht, sich der Lebensweise ihres Mannes anzupassen. Hatte ihn, wenn schon nicht als von Grund auf gut, so doch als den besseren Menschen von ihnen beiden angesehen. Nun fand dieses selbst auferlegte Märtyrertum ein Ende.
      Lionel hatte aufgehört, hin und her zu gehen. Er hatte sich auf die Kante des nächstbesten Sessels gesetzt und angefangen, beruhigend auf die Armlehne zu klopfen, als könnte dieses Möbelstück sich als Nächstes gegen ihn wenden.«
      Ann beobachtete ihn mit einem Mangel an Gefühl, der sie ziemlich verwirrte. Lionel hatte praktisch ohne jeden Widerstand so lange seinen Willen durchsetzen können, dass sie vergessen hatte, wie er reagierte, wenn er auf Widerstand stieß. Sein Mund wirkte verdrießlich, und die Unterlippe, die weich und ziemlich feucht war, schmollte in einer Weise, die bei einem kleinen Kind noch niedlich gewirkt hätte. Bei einem 58-jährigen Mann wirkte das nur erbärmlich.
      »So kann es nicht weitergehen, Lionel.«
      »Wie?« Er starrte sie aufrichtig verblüfft an. »Was ist los mit dir, Ann?«
      »Ich mache dir keinen Vorwurf ...«
      »Das will ich auch hoffen.« Lionel war regelrecht empört. »Ich hab doch nichts getan.«
      »Wenn jemand sich was vorzuwerfen hat, dann ich mir selbst. Ich habe die Dinge zu lange schleifen lassen, teils aus Trägheit, aber auch weil ich wollte, dass wir glücklich sind ...«
      »Aber wir sind doch glücklich.«
      »Ich bin schon seit Jahren nicht mehr glücklich gewesen«, sagte Ann.
      Lionel schluckte und sagte: »Dann würde ich meinen, es wird höchste Zeit, dass du dir klarmachst, wie gut es dir eigentlich geht, meine Liebe.« Er richtete sich mühsam auf, und sein Blick schweifte nervös zur Tür. »Vielleicht solltest du eine von deinen Beruhigungspillen nehmen.«
      »Die hab ich ins Klo gespült.«
      »War das denn ein weiser Entschluss?« Als seine Frau nicht antwortete, trat Lionel vorsichtig einen Schritt zur Seite. »Und jetzt muss ich wirklich gehen. Ich werde um halb elf im Jugendgericht

Weitere Kostenlose Bücher