Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
so isoliert fühlten sie sich innerlich voneinander. Nein, Rebus war verdammt sicher, dass er hier nicht hätte überleben können.
An einer Gabelung bogen sie links nach Brae ab und fanden sich plötzlich an der Westküste wieder. Es war immer noch schwierig, sich ein allgemeines Urteil über die Insel zu bilden; Forres war der einzige echte Shetlander, den sie bislang kennen gelernt hatten. Was sie in Lerwick an Architektur gesehen hatten, war eine Mischung aus schottischem und skandinavischem Stil gewesen, eine Art Ikea-Landhausstil. Die Bauernhäuschen, an denen sie unterwegs vorbeigekommen waren, hätten ebenso gut auf einer westschottischen Insel stehen können, aber die Namen der Siedlungen verrieten skandinavischen Einfluss. Als sie Burravoe durchquerten und Brae erreichten, wurde Rebus bewusst, dass er sich noch nie so fremd gefühlt hatte.
»Wohin jetzt?«, wollte Jack wissen.
»Einen Augenblick. Als ich das letzte Mal hier war, sind wir von der anderen Seite in die Stadt gekommen...« Dann schaffte es Rebus, sich zu orientieren, und sie fanden schließlich das Haus, in dem Jake Harley mit Briony wohnte. Nachbarn starrten aus den Fenstern auf das Polizeiauto, als hätten sie noch nie eins gesehen; vielleicht war's sogar so. Rebus klopfte an Brionys Tür - keine Reaktion. Er klopfte fester, aber es kam nur ein hohles Echo zurück. Ein Blick durchs Fenster, ins Wohnzimmer: unaufgeräumt, aber kein Schweinestall. Eine weibliche Unordnung, irgendwie unprofessionell. Rebus ging zum Wagen zurück.
»Sie arbeitet im Schwimmbad, probieren wir's mal da.«
Das Schwimmbad war mit seinem blauen Blechdach schwer zu verfehlen. Briony ging am Becken auf und ab und beobachtete die spielenden Kinder. Sie trug dieselbe Kleidung -ärmelloses Trikot und Jogginghose - wie bei ihrer letzten Begegnung, jetzt aber noch Tennisschuhe ohne Socken. Rettungsschwimmer verzichten im Allgemeinen auf so was. Sie hatte eine Trillerpfeife um den Hals, aber im Augenblick benahmen sich die Kids. Briony entdeckte Rebus und erkannte ihn wieder. Sie blies dreimal kurz auf der Trillerpfeife; ein verabredetes Signal - ein Kollege übernahm ihren Posten am Beckenrand. Sie kam auf Rebus und Jack zu. Die Temperatur tendierte zum Tropischen, die Luftfeuchtigkeit war dementsprechend.
»Ich hatte Ihnen doch gesagt, dass Jack noch nicht zurück ist.«
»Richtig, und Sie sagten, Sie würden sich seinetwegen keine Sorgen machen.«
Sie zuckte die Achseln. Sie hatte kurzes dunkles Haar, das glatt herunterfiel und sich am Ende nach außen rollte. Die Frisur machte sie um einige Jährchen jünger, verwandelte sie in einen Teenager, doch ihr Gesicht wirkte älter - und leicht verhärmt, ob durch das Klima oder die Umstände, wusste Rebus nicht zu sagen. Ihre Augen waren klein, ebenso ihre Nase und ihr Mund. Er versuchte, nicht an einen Hamster zu denken, aber dann rümpfte sie die Nase, und die Ähnlichkeit wurde noch frappierender.
»Er ist sein eigener Herr«, sagte sie.
»Aber letzte Woche hatten Sie sich Sorgen gemacht.«
»Ach ja?«
»Als Sie mir die Tür vor der Nase zuschlugen. Ich habe diesen Blick oft genug gesehen, um ihn zu erkennen.« Sie verschränkte die Arme. »Und?«
»Und das kann nur zweierlei bedeuten, Briony. Entweder Jake hält sich irgendwo versteckt, weil er um sein Leben fürchtet...«
»Oder?«
»...oder er ist schon tot. So oder so, können Sie uns helfen.« Sie schluckte. »Mitch...«
»Hat Jake Ihnen gesagt, warum Mitch getötet wurde?«
Sie schüttelte den Kopf. Rebus bemühte sich, nicht zu lächeln: Also hatte sie seit ihrer letzten Begegnung mit Jake gesprochen.
»Er lebt, stimmt's?«
Sie biss sich auf die Lippe, nickte dann.
»Ich würde gern mit ihm sprechen. Ich glaube, ich kann ihn aus diesem Schlamassel herausholen.«
Sie versuchte, die Wahrheit seiner Aussage abzuschätzen, aber Rebus' Gesicht war eine undurchdringliche Maske. »Hat er Probleme?«, fragte sie.
»Ja, aber nicht mit uns.«
Sie sah zurück zum Schwimmbecken, stellte fest, dass alles unter Kontrolle war. »Ich bring Sie hin«, sagte sie. Sie fuhren durch das Moor zurück und südwärts an Lerwick vorbei zu einem Ort namens Sandwick, an der Ostküste von Mainland, knapp fünfzehn Kilometer nördlich des Flughafens, auf dem ihr Hubschrauber gelandet war.
Briony wollte während der Fahrt nicht reden, und Rebus vermutete, dass sie ohnehin nicht viel wusste. Sandwick erwies sich als eine größere Gemeinde, die verschiedene ältere Siedlungen
Weitere Kostenlose Bücher