Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
dunkel und voll von schwatzenden Büroangestellten: Männern, die sich die Anzugjacketts über die Schultern gehängt hatten, Frauen, die Tonic aus Longdrink-Gläsern schlürften. Der Bibliothekar saß am Tresen, allein. Bible John quetschte sich neben ihn und bestellte einen Orangensaft. Er deutete mit einem Nicken auf das Bier des Bibliothekars.
»Noch eins?«
Als der junge Mann sich zu ihm umdrehte, beugte sich Bible John vor und sagte leise: »Drei Dinge. Erstens: Ich bin Journalist. Zweitens: Ich möchte Ihnen fünfhundert Pfund geben. Drittens: Ich erwarte dafür absolut nichts Illegales von Ihnen.« Er schwieg einen Moment. »Nun, wie steht's jetzt mit dem Bier?«
Der junge Mann starrte ihn unverwandt an. Endlich nickte er.
»Ist das ein Ja zum Bier oder ein Ja zum Geld?« Jetzt lächelte auch Bible John.
»Zum Bier. Über die andere Sache müssten Sie mir erst ein bisschen mehr sagen.«
»Es ist eine langweilige Arbeit, sonst würde ich sie selbst erledigen. Besitzt die Bibliothek Unterlagen darüber, welche Bücher eingesehen oder ausgeliehen werden?«
Der Bibliothekar dachte nach und nickte dann. »Zum Teil im Computer, zum Teil noch auf Karteikarten.«
»Gut, mit dem Computer wird es schnell gehen, aber die Karten könnten schon einige Zeit in Anspruch nehmen. Es wird trotzdem leicht verdientes Geld sein, glauben Sie mir. Und was ist, wenn jemand kommt und alte Zeitungen einsehen möchte?«
»Müsste ebenfalls dokumentiert sein. Von wie alten Zeitungen reden wir?«
»Es ginge darum, was in den letzten drei bis sechs Monaten angefordert wurde. Und zwar an Zeitungen der Jahrgänge 1968 bis 70.«
Er bezahlte die zwei Getränke mit einem Zwanziger und öffnete dabei seine Brieftasche so, dass der Bibliothekar eine ganze Menge mehr von den Dingern sehen konnte.
»Es könnte eine Weile dauern«, sagte der junge Mann. »Ich werde die Unterlagen in Causewayside und George IV Bridge abgleichen müssen.«
»Wenn Sie die Sache beschleunigen können, ist ein weiterer Hunderter drin.«
»Ich werde nähere Angaben brauchen.« Bible John nickte und reichte ihm eine Geschäftskarte. Darauf waren Name und eine falsche Adresse angegeben, aber keinerlei Telefonnummer.
»Versuchen Sie nicht, mich zu erreichen. Ich melde mich bei Ihnen. Wie heißen Sie?«
»Mark Jenkins.«
»Okay, Mark.« Bible John zog zwei Fünfziger heraus und steckte sie dem Mann in die Brusttasche. »Hier ist schon mal ein Vorschuss.«
»Worum geht's bei der ganzen Sache eigentlich?«
Bible John zuckte die Schultern. »Johnny Bible. Wir checken eine mögliche Verbindung zu ein paar älteren Fällen ab.«
Der junge Mann nickte. »Um welche Bücher handelt es sich also?«
Bible John übergab ihm eine ausgedruckte Liste. »Und dazu Zeitungen. Scotsman und Glasgow Herald , von Februar 68 bis Dezember 69.«
»Und was wollen Sie wissen?«
»Wer die Sachen eingesehen hat. Ich brauche Namen und Adressen. Lässt sich das machen?«
»Zeitungen als solche sind in Causewayside archiviert, wir bewahren nur Mikrofilme auf.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Ich werde vielleicht einen Kollegen in Causewayside um Hilfe bitten müssen.«
Bible Joe lächelte. »Meiner Zeitung kommt's auf ein, zwei Shilling nicht an, solange wir Resultate bekommen. Wie viel würde Ihr Freund voraussichtlich verlangen...?«
Der flüsternde Regen
Mind me when mischief befalls me from the cruel and the vain. The Bathers »Ave the Leopards«
5
Die schottische Sprache ist besonders reich an Ausdrücken, die das Wetter betreffen: dreich und smirr sind nur zwei davon.
Rebus hatte eine Autostunde gebraucht, um die »Regenstadt« zu erreichen, aber weitere vierzig Minuten, um die Dumbarton Road zu finden. Die Revierwache Partick war 1993 umquartiert worden. Im alten Gebäude, der »Marine«, war er früher schon mal gewesen, aber im neuen noch nicht. Glasgow konnte für den ortsunkundigen Autofahrer ein Albtraum sein, ein Labyrinth von Einbahnstraßen und schlecht ausgeschilderten Kreuzungen. Rebus musste zweimal aussteigen, um im Revier anzurufen und sich weiterdirigieren zu lassen - und erst mal vor der Telefonzelle im Regen Schlange stehen. Bloß dass es kein richtiger Regen, sondern smirr war, ein feiner Sprühnebel, der einen in null Komma nichts bis auf die Haut durchnässte. Er kam von Westen, geradewegs vom Atlantik, und war genau das, was Rebus an einem dreichen , trüben Montagmorgen noch gefehlt hatte.
Als er an der Wache eintraf, fiel ihm auf dem Parkplatz
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