Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
wäre mir ein großes Vergnügen. Sie wissen natürlich, dass allein der Bau des Terminals dreizehnhundert Millionen verschlungen hat. Und ich meine Pfund, nicht Dollar.«
»Interessant.«
Rowbotham lebte förmlich auf und fuhr ermutigt fort: »Das erste Erdöl erreichte SullomVoe im Jahr 1978. Es hat viele Arbeitsplätze geschaffen und maßgeblich zur niedrigen Arbeitslosenquote Shetlands beigetragen, die gegenwärtig um die vier Prozent, also die Hälfte des schottischen Durchschnitts, beträgt.«
»Verraten Sie mir eins, Mr. Rowbotham.«
»Walter, bitte. Oder Walt, wenn Sie möchten.«
»Walt.« Rebus lächelte. »Hat's eigentlich noch weitere Probleme im Flüssiggaskühlbereich gegeben?« Rowbothams Gesicht nahm schlagartig die Farbe eingelegter Roter Bete an. Gottchen, dachte Rebus, die Medien werden ihn lieben...
Am Ende mussten sie durch die halbe Anlage fahren, um dort hinzugelangen, wo Rebus hinwollte. So kam er doch noch in den Genuss der angedrohten Führung und erfuhr mehr über Debutanisierung, Deäthanisierung und Depropanisierung, als er je wissen zu müssen erwartet hatte. Ganz zu schweigen von so rätselhaften Dingen wie Schwallräumen und Integritätsmessern. Wäre es nicht toll, dachte er, wenn man auch Menschen mit Integritätsmessern ausstatten könnte?
Im Hauptverwaltungsgebäude hatte man ihnen gesagt, Jake Harley arbeite in der Prozessleitwarte und seine Kollegen dort wüssten, dass ein Polizeibeamter kam, um sich mit ihnen zu unterhalten. Sie passierten die Pipelines für das einlaufende Rohöl, die Reinigungsstationen und den Endauffangtank. An einem Punkt befürchtete Walt, sich verfahren zu haben, aber er hatte einen kleinen Orientierungsplan dabei.
Zum Glück, denn Sullom Voe war gigantisch. Der Bau der Anlage hatte sieben Jahre gedauert, wobei die verschiedensten Rekorde gebrochen worden waren (die Walt alle beim Namen nennen konnte). Rebus musste zugeben, dass ihn das alles ziemlich beeindruckte. Er war schon Dutzende Male an Grangemouth und Mossmorran vorbeigefahren, aber die verblassten einfach dagegen. Und wenn man über die Rohöltanks und die Kais des Anlandehafens hinwegblickte, sah man Wasser: nach Süden zu die voe oder Bucht selbst; dann weiter im Westen die Insel Gluss, die einen Eindruck unverdorbener Wildnis vermittelte. Das Ganze wirkte wie eine in die Urzeit versetzte Science-Fiction-Stadt.
Trotz alledem war die Prozessleitwarte einer der ruhigsten Orte, die Rebus je erlebt hatte. In der Mitte des Raums saßen zwei Männer und eine Frau an Computerkonsolen, während die Wände von elektronischen Anzeigetafeln bedeckt waren, an denen sanft blinkende Lämpchen den Öl- und Gasdurchfluss dokumentierten. Die einzigen Geräusehe waren das Tippen der Finger auf den Tastaturen und ein gelegentlicher gedämpfter Wortwechsel. Walt hatte entschieden, dass es seine Aufgabe sei, Rebus vorzustellen. Die Atmosphäre hatte ihn stiller gemacht, als sei er mitten in einen Gottesdienst hineingeplatzt. Er trat an die mittlere Konsole und sprach die dort thronende Trinität in leisen Tönen an.
Der ältere der beiden Männer stand auf und kam Rebus mit ausgestreckter Hand entgegen.
»Inspector, ich heiße Milne. Was können wir für Sie tun?«
»Mr. Milne, eigentlich wollte ich mit Jake Harley sprechen. Aber da er nicht hier ist, dachte ich, Sie könnten mir vielleicht etwas über ihn erzählen. Genauer gesagt, über seine Freundschaft mit Allan Mitchison.«
Milne trug ein kariertes Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln. Während Rebus sprach, kratzte er sich am Arm.
Er war etwa Mitte dreißig, hatte einen roten Struwwelkopf und ein von Pubertätsakne gezeichnetes Gesicht. Er nickte, halb zu seinen zwei Kollegen gewandt, und übernahm die Rolle des Sprechers.
»Na ja, wir arbeiten alle an Jakes Seite, also können wir Ihnen auch etwas über ihn sagen. Allan kannte ich persönlich nicht besonders gut, obwohl Jake uns miteinander bekannt gemacht hatte.«
»Ich glaube nicht, dass ich je mit ihm gesprochen habe«, warf die Frau ein.
»Ich einmal«, fügte der andere Mann hinzu.
»Allan arbeitete nur zwei oder drei Monate hier«, fuhr Milne fort. »Ich weiß, dass er sich mit Jake angefreundet hat.« Er zuckte die Achseln. »Das wär's im Prinzip auch schon.«
»Wenn sie Freunde waren, müssen sie irgendwelche gemeinsamen Interessen gehabt haben. War es die Ornithologie?«
»Ich glaube nicht.«
»Grüne Interessen«, sagte die Frau.
»Das stimmt«, pflichtete Milne ihr bei.
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