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Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Titel: Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Klasser rügte ihn wegen seiner Treulosigkeit.
    »Sie werden zu einem recht unzuverlässigen Stammgast, John.«
    »War ich schon immer, Doc.«
    Weiter hinten am Tresen entspann sich gerade eine Rugbydiskussion, an der sich nach und nach immer mehr Gäste beteiligten. Jeder hatte eine Meinung beizusteuern -jeder außer Rebus. Er starrte auf einen Druck an der Wand: Porträt von Robert Burns. An der hinteren Wand hing noch so ein Schinken: Robert Burns trifft den blutjungen Walter Scott. Der - im Nachhinein natürlich klügere -Künstler hatte seinem Werk etwas merkwürdig Prophetisches untergejubelt. Es sah so aus, als hätte Burns gewusst , dass das Kind, das vor ihm stand, dazu bestimmt war, ihn in Sachen Erfolg um Längen zu schlagen - als hätte er gewusst, dass der Knirps es zum Sir bringen, Abbotsford bauen und Königs Liebling werden würde.
    War schon toll, im Nachhinein klüger zu sein.
    Er starrte in sein Glas und sah die Abschlussfete. Sah einen schlaksigen Jungen namens Johnny seine Freundin aus dem Saal führen, aus dem Schulgebäude hinaus und die Eingangsstufen hinunter. Er tat so, als sei es nur ein Spiel, zog sie aber fest an beiden Händen. Und sie beide taten so, als sei alles okay, weil es zum Ritual gehörte. Und im Saal Johnnys Kumpel Mitch - beste Freunde, die beiden; immer bereit, einer für den anderen in die Bresche zu springen -, der nicht merkte, dass er von drei Jungen belauert wurde, die seine Feinde geworden waren. Jungen, denen klar war, dass das möglicherweise ihre letzte Chance zur Rache sein würde. Rache wofür? Das wussten sie wahrscheinlich selbst nicht. Vielleicht für das unbestimmte hässliche Gefühl, dass das Leben sie bereits übers Ohr gehauen hatte; dass Leute wie Mitch überall dort Erfolg haben würden, wo sie immer nur gescheitert waren.
    Drei gegen einen.
    Während Johnny mit einem ganz anderen Schicksal rang.
    Rebus trank aus, fuhr nach Hause. Versank in seinem Sessel, einen doppelten Malt in der Hand. Hörte sich Tommy Smith an, The Sound of Love . Grübelte darüber nach, ob man Liebe tatsächlich hören
    konnte.
    Schlief im orangefarbenen Licht der Straßenlaternen ein.
    Die beste Annäherung an einen Zustand des Friedens, die ihm je gelang.
    Sie hatten eine Weile gebraucht, um eine nicht abgeschlossene Kirche zu finden.
    »Heutzutage weiß niemand mehr, was Vertrauen heißt«, hatte Cary Oakes gesagt. »Nicht mal Gott.«
    Sie waren durch Leith geschlendert und den Walk hinauf nach Pilrig. Es war eine katholische Kirche; außer ihnen kein Mensch da. Innen kalt und dunkel. Fenster gab's mehr als genug, aber die Kirche war auf drei Seiten von hohen Mietshäusern umgeben. Es gab mal eine Zeit, erinnerte sich Stevens, wo es verboten war, irgendetwas zu bauen, was höher als eine Kirche war. Oakes saß mit gebeugtem Kopf auf einer Bank in einer der ersten Reihen. Er sah nicht sonderlich friedvoll oder andächtig aus: Nacken und Schultern waren verkrampft, sein Atem ging flach und schnell. Stevens war nicht wohl in seiner Haut. Die Tür mochte nicht abgeschlossen gewesen sein, aber er fühlte sich trotzdem wie ein Eindringling. Und auch noch eine katholische Kirche! Er konnte sich nicht erinnern, jemals in seinem Leben in einer gewesen zu sein. Sah nicht viel anders aus als die presbyterianische Ausführung: keinerlei Weihrauchgeruch. Beichtstühle, gut, aber die kannte er schon von Filmen her. Bei einem davon stand der Vorhang offen. Er warf einen Blick hinein und bemühte sich, dabei nicht zu denken, dass das Ding wie ein Passbildautomat aussah. Er versuchte, möglichst lautlos zu gehen; nicht dass plötzlich ein Priester auftauchte und er ihm erklären müsste, was sie da trieben.
    Oakes' Bitte: »Ich möchte in die Kirche gehen.« Stevens: »Kann das nicht bis Sonntag warten?« Aber Oakes' Blick hatte ihm verraten, dass Witze hier nicht angebracht waren. Also waren sie losmarschiert, gefolgt vom Polizeiwagen, der mit seinem Schneckentempo jeden Passanten auf sich und die beiden aufmerksam machte.
    »Wenn sie's auf die Tour wollen«, hatte Oakes gesagt, »soll's mir recht sein.«
    Zehn, fünfzehn Minuten verstrichen. Stevens fragte sich, ob Oakes nicht möglicherweise eingenickt war. Er ging den Mittelgang entlang, blieb neben ihm stehen. Oakes hob den Kopf.
    »Noch ein paar Minuten, Jim.« Oakes nickte in Richtung Ausgang.
    »Gehen Sie sich die Beine vertreten, wenn Sie möchten.«
    Das ließ sich Stevens nicht zweimal sagen. Zigarettenpause vor der Kirche. Das

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