Inspektor Bony 24 - Bony und die Maus
gerade widersprechen, da kam ihm der Fleischer zuvor und sagte: »Sie stellen es zwar etwas merkwürdig dar, Harmon, aber trotzdem werden Bert und ich Sie unterstützen, wenn Sie dafür Tony zufriedenlassen. Behandeln Sie ihn von jetzt ab vernünftig, dann ist’s gut. Wenn nicht, wird es Ihnen verdammt schlecht ergehen.«
»Sie stehen ihm also noch bei, betrachten ihn wohl als Ihren Sohn, was?«
»Der Junge ist in Ordnung«, entgegnete Joyce etwas gereizt. »Nehmen Sie jetzt Vernunft an, und lassen Sie ihn von Schwester Jenks untersuchen. Sie haben noch viel vor sich.«
Wachtmeister Harmon wischte sich mit den Händen den Schweiß vom Gesicht, und als er die beiden Männer dann ansah, war sein Blick wieder normal. Gesicht und Schultern entspannten sich. Er schickte Ellis zu Schwester Jenks.
Sie kam, energisch wie immer, und fragte in sachlichem Ton: »Nun, Wachtmeister, um was handelt es sich denn bei Ihrem Gefangenen?«
»Er hat sich, als er verhaftet werden sollte, eine Verletzung zugezogen. Würden Sie ihn sich mal ansehen?«
Die Schwester nickte kühl und folgte ihm mit ihrer Tasche zur Zelle. Er riß die Tür auf, in Erwartung eines Angriffs, doch Tony Carr saß still auf der Pritsche, das Gesicht in den Händen vergraben, durch die Blut sickerte.
Die Schwester verlangte eine Schüssel Wasser. Als Ellis damit zurückkam, stand Harmon immer noch wie ein Posten vor der Zelle; die Schwester kniete neben dem Gefangenen, der sich auf ihr Zureden hin zurückgelegt hatte. Ellis hielt die Schüssel, während sie die Wundränder säuberte. Keiner sprach, bis Schwester Jenks, nachdem sie die Wunde verbunden und dem Patienten einige Tabletten gegeben hatte, zu Harmon sagte, sie käme in einer Stunde wieder. Ohne noch eine Silbe zu sprechen, schritt sie über den Hof zur Straße.
Als Harmon gerade die Aussagen von Joyce und Ellis zu Protokoll nahm, erschien Melody Sam mit dem Postmeister Thurley, von dem er verlangte, daß er, in seiner Eigenschaft als Friedensrichter, gegen den Mörder sofort eine Anklage erhebe. Geschworene brauchten sie in diesem Fall nicht, zum Donnerwetter. Thurley widersprach. Dem Wachtmeister und Joyce gelang es nach einer Weile, Sam zu beruhigen. Als sie ihn zum Hotel zurückbringen wollten, erschienen mehrere Männer und etliche Frauen, an die sich Sam sogleich mit der Bitte wandte, auch dafür einzutreten, daß der Mord schleunigst gesühnt werde.
»Harmon hat den Mörder von Daybreak gefaßt!« brüllte er. »Daybreak ist unsere Stadt, wir haben einen Richter und können auch Geschworene stellen, wenn’s nötig ist, doch das brauchen wir hierbei nicht!«
Einige stimmten ihm zu, und während der erregten Debatte, die nun folgte, verwandelte sich Harmon in einen Menschen, den man nicht wiedererkannte.
»Ich habe noch zwei leere Zellen, und die werde ich bis zum Platzen mit euch vollstopfen, Herrschaften, wenn ihr nicht macht, daß ihr wegkommt! Und laßt euch nicht wieder hier blicken!« brüllte Harmon ohne Wut, aber in unverkennbarer Entschlossenheit. »Los, verschwindet! Ich habe eine Aufgabe, und die nehmt ihr mir nicht ab.«
Er ging auf die Schar zu, neben und etwas hinter ihm folgten Joyce, Ellis und Thurley. Die Leute machten kehrt, zogen sich auf die Straße zurück und diskutierten unter dem nächsten Pfefferbaum weiter.
Die anderen vermißten plötzlich Melody Sam und fanden ihn im Sessel an Harmons Schreibtisch im Dienstzimmer. Harmon setzte sich auf eine Ecke des Schreibtisches und sagte: »Sam, wir beide haben uns doch, seitdem ich in Daybreak bin, immer gut vertragen. Ihnen gehört zwar die Stadt, aber das Gesetz vertrete ich. Kümmern Sie sich um Ihre Stadt. Wir befinden uns in Westaustralien und leben im zwanzigsten Jahrhundert, nicht im neunzehnten.«
Der alte Mann stand auf, fixierte Harmon düster, dann ging er um den Schreibtisch zu ihm, klopfte ihm auf die Schulter, schritt zur Tür und ging, von Ellis begleitet, zurück zu seinem Gasthaus, wo er begann, den Gästen, die nach ihm das Lokal betraten, ihre Getränke zu servieren. Es war kurz vor neun Uhr vormittags.
Unter diesen Umständen konnte der Wachtmeister das Revier nicht verlassen. Nicht lange, nachdem er Melody Sam besänftigt und ihn abgeschoben hatte, erschien Bony in seinem Büro mit Gipsabgüssen von den Spuren der Strandschuhe, die er an der Nebentür des Hotels gemacht hatte, und. von den Stiefelspuren vor Carrs Hütte. Mit diesen Indizien vor sich, war Harmon in seinem Element und untersuchte sie
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