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Inspektor Jury lichtet den Nebel

Inspektor Jury lichtet den Nebel

Titel: Inspektor Jury lichtet den Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Lösung für die Sperrstunde. Er lächelte mit verständnisinnigem Blick und öffnete die Bar wieder, nachdem Jury und Wiggins sich Zimmer genommen hatten. «Zutritt nur für Sondergäste», sagte er.
    Wiggins ging gleich zu Bett, wohl um die gräßlichen Auswirkungen der Seeluft zu kurieren. Das Wetter hatte Jury und Wiggins auf dem Rückweg von Wynchcoombe einen Strich durch die Rechnung gemacht und sie zu diesem Zwischenstop gezwungen. Regen und Schneeregen hatten sich in Hagel verwandelt, und bei jedem steingroßen Hagelkorn, das auf die Windschutzscheibe prallte, war Wiggins ins Schleudern geraten. Wiggins fühlte sich durch das Wetter grundsätzlich persönlich angegriffen: Der Frühling brachte Allergien, der Herbst düstere Prognosen von Lungenentzündung, der Winter (die mörderischste Jahreszeit) Erkältungen, Fieber und Grippe. Als sie die Dorchester Road entlangfuhren, wußte Jury genau, daß Wiggins wieder über seinen Gesundheitszustand nachdachte. Aber bevor er Jury darüber aufklären konnte, welche Krankheit ihn nun wieder plagte – wenn es um körperliche Beschwerden ging, machte er aus seinem Herzen grundsätzlich keine Mördergrube –, zeigte Jury auf die Abfahrt Lyme Regis.
    Doch dem Meer konnte Wiggins auch nicht viel abgewinnen.
    Jury holte sich sein Bier, fragte nach dem Telefon, rief die Polizeiwache in Wynchcoombe an und teilte mit, wo er war. Auf dem Rückweg zur Bar bemerkte er eine magere ältere Frau mit Schlapphut, die vor einem Fernseher saß, der genauso altmodisch aussah wie sie.
    Jury war dabei, Zehn-Pence-Stücke in einen einarmigen Banditen zu stecken, als sie hinter ihm vorbeikam und sagte: «In das Ding können Sie die ganze Nacht lang Geld stecken, aber rauskommen wird nichts. Da wurde dran rumgebastelt.» Sie klopfte auf die Theke, um den Wirt auf sich aufmerksam zu machen und zu bestellen. «Danke für den Tip», sagte Jury lächelnd. «Darf ich Sie zu einem Bierchen einladen?»
    «Aber gern.»
    Der Wirt tauchte aus einem Hinterzimmer auf und schien nicht überrascht, sie hier zu sehen.
    «Sie wohnen also hier?» fragte Jury.
    «Ab und an.» Sie trug eine Brille, an der mit kleinen Scharnieren Sonnengläser befestigt waren. Daß sie im schummrigen Licht der Bar eine Sonnenbrille trug, wunderte Jury. Sie klappte die Gläser hoch und blinzelte Jury an, als sei er es, der sie blende. «Wie heißen Sie?»
    «Richard Jury.»
    Sie klappte die braun getönten Gläser wieder herunter. «Hazel Wing», sagte sie. Der Wirt hatte Hazel Wing bereits ein Glas Guinness gezapft. Jury spendierte ihm auch eins.
    Hazel Wing hob das Glas und sagte: «Darauf, daß wir wieder einen geschafft haben.»
    «Einen was?» fragte Jury.
    «Einen Tag.» Schwupps, klappte sie die Sonnengläser wieder hoch und blinzelte ihn an. Sie wollte sich wohl vergewissern, ob er nicht etwa unterbelichtet sei.
    «Darauf trinke ich mit.»
    «Verzeihen Sie die unverschämte Frage, aber was treiben Sie denn so?»
    «Ich bin Polizist.»
    Das brachte sie nicht im geringsten aus der Fassung. Sie sagte: «Ach. Hatte ich mir fast gedacht.»
    «Wieso? Sehe ich so aus?»
    «Nein. Viel besser. Sie sind wohl wegen des kleinen Mädchens da.»
    Es lief ihm kalt über den Rücken. «Was meinen Sie damit?»
    «Das Mädchen, das verschwunden ist. Ich kenne sie nicht. Ist noch jung. Ganz Lyme spielt verrückt. Sie wissen schon. Nach dem Jungen in Dorchester.» Hazel Wing schien zwar ihre Gefühle ebenso abzuhacken wie ihre Sätze, aber hier schauderte es sie sichtlich. «Kinder. Eltern lassen sie nicht mehr aus dem Haus. Dorchester ist nicht weit.»
    Und Wynchcoombe auch nicht. «Entschuldigen Sie.» Jury stellte sein Bierglas hin und ging erneut zum Telefon.
     
    Er starrte auf das Telefon im Empfangsraum des Hotels und schwieg. Constable Green von der Polizeiwache in Lyme fragte nach, ob Jury auch alles mitbekommen habe. «Ja. Und nichts anfassen.» Er legte auf, als der Constable ihm versicherte, niemand werde sie anrühren.
    «Schlechte Nachrichten», sagte Hazel Wing, und das war eher eine Feststellung als eine Frage. Für sie gab es nur eine Sorte Neuigkeiten.
    «Wie kommt man am schnellsten zum ‹Schönen Cobb›?»
    «Zu Fuß oder mit dem Auto?»
    «Was schneller ist.»
    Hazel Wing taxierte Jurys hohen Wuchs von eins fünfundachtzig: Der war sicher gut zu Fuß. «Den Berg runter, dann rechts ab und die Strandpromenade entlang. Das Pub liegt genau am anderen Ende. Zehn Minuten. Wenn Sie die Beine in die Hand

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