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Inspektor Jury lichtet den Nebel

Inspektor Jury lichtet den Nebel

Titel: Inspektor Jury lichtet den Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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war wütend über –»
    Jetzt kam Sara Millar dazwischen. «Ich finde, das sollte man nicht vor zwei fremden Leuten ausbreiten, Jessica.» Ihre Stimme war sanft und angenehm.
    Melrose hätte gern gelacht. In Jessica Ashcroft hatte er eine unerwartete Verbündete gefunden. Die würde schon dafür sorgen, daß er möglichst lange blieb, Hauptsache, er nahm Miss Millar mit, wenn er ging. Solche romantischen Dinge passierten in Jessicas Phantasie, da war Melrose sicher. In diesem Fall hätte auch das Schicksal die Hand im Spiel.
     
    Jessie lenkte das Thema auf die Morde, als man sich zu Kaffee, Zigarren und Zigaretten in den Salon zurückgezogen hatte.
    Robert Ashcroft und Sara Millar saßen nebeneinander auf dem kleinen Sofa. Es war wirklich eine logistische Meisterleistung, befand Melrose, wie Jessica sich durchs Zimmer vorarbeitete, damit sie sich zwischen die beiden quetschen konnte. Sie hatte sich kaum angelehnt, da sagte sie: «Der Pastorssohn. Wie scheußlich –»
    Jessie genoß diese Scheußlichkeit in vollen Zügen, Melrose musterte das Porträt von James Ashcroft über dem Marmorkamin. Er bekam die Unterhaltung nur mit halbem Ohr mit, James Ashcroft wollte ihm nicht aus dem Sinn. Clerihew. Curlew. Dieser Fehler konnte einem leicht unterlaufen …
    Als er sich wieder der Unterhaltung zuwandte, redete Jessie über den Jungen in Dorchester. – Irgendwie hatte sie es geschafft, sich zwischen die beiden Erwachsenen zu drängen.
    «Ins Bett, Jessie», sagte Ashcroft dann plötzlich.
    «Schon gut.» Sie seufzte. «Morgen kriegen mich keine zehn Pferde aus dem Stall.»
    «Höre ich Pferd?» fragte Victoria. «Endlich mal was Erfreuliches aus deinem Mund. Es wird allmählich Zeit, daß ich dir Reiten beibringe.»
    «Reiten? Wer hat hier was von Reiten gesagt? Ich muß lernen. Sara und Mr. Plant sind noch in keinem von deinen Autos gefahren, Onkel Rob. Wie wäre es, wenn du Mr. Plant deinen Aston borgen würdest?» Sie sah Melrose an. «Der geht in fünf Komma zwei Sekunden von null auf sechzig.»
    «Nur ich werde vermutlich eine Stunde brauchen, um von null auf eins zu kommen. Es muß an der Landluft liegen.» Er gähnte.
    «Du willst einen Ausflug nach Dartmoor machen, Jess?» fragte Ashcroft. «Aber du beklagst dich doch sonst immer, daß es da so langweilig ist.»
    «Doch nur, weil wir hier wohnen. Wo man wohnt, ist es immer langweilig. Aber den beiden –» sie sah abwechselnd Sara und Melrose an – «würde es gefallen. Wenn wir nur von Wistman’s Wood und den Hary Hands wegbleiben. Komm schon, Henry.»
    Und damit begab sich Jessica mit ihrem Hund im Schlepptau langsamen Schrittes zu Bett.
     
     
    V ICTORIA G RAY ARRANGIERTE in einer flachen Kristallschale Blumen für den runden Tisch, als Melrose zum Frühstück herunterkam. Sie trug Reitkleidung.
    «Guten Morgen, Lord Ardry.» Sie kürzte den Stengel der letzten Chrysantheme, steckte sie mitten hinein, trat dann einen Schritt zurück und betrachtete ihr Werk mit dem kritischen Auge eines Malers, der seine Leinwand mustert. «Gefällt’s Ihnen?»
    Melrose lächelte. «Sehr hübsch. Bin ich der letzte?»
    «Nein, Jessie. Sie sagt, sie hat Kopfschmerzen und kann Sie auf Ihrem Ausflug in die Wildnis von Dartmoor nicht begleiten.»
    «Ach! Dabei sollte sie doch unsere Führerin sein.»
    Victoria lächelte. «Sie hat mich gebeten, Ihnen diese Landkarte zu geben. Soweit ich sehen kann, haben Sie einen sehr anstrengenden Tag vor sich: Wynchcoombe, Clerihew Marsh, Princetown. Wenn es Sie nicht stört, trinke ich eine Tasse Kaffee mit Ihnen. Das Frühstück ist noch warm, obwohl Mulchop schon versucht hat, das Ganze abzuräumen.»
    «Stören? Aber keineswegs. Ich bin es langsam leid, immer allein zu frühstücken.» Genauso leid wie das ganze Adelsgetue. Bevor er seinen Adelstitel abgelegt hatte, hatte er noch nicht so darunter gelitten. Damals hatte er nur zu gern wie ein Bürgerlicher geredet. Er kam sich vor, als hätte Jury ihn aus der Gosse gefischt, abgestaubt und gesagt: «Ja, ich denke, so wird’s gehen.»
    Auf der Anrichte stand eine reichliche Auswahl an Eßbarem, alles in Silberschüsseln und hübsch warmgehalten. Er nahm von den Nieren, dazu eine Portion Rührei mit ein paar Baconstreifen und Toast und Butter. Dann betrachtete er stirnrunzelnd seinen Teller und überlegte, ob sich ein Peer wohl so vollschlagen durfte.
    Victoria Gray nahm Toast und Kaffee. Nachdem sie ihm gegenüber am Tisch Platz genommen hatte, sagte Melrose: «Sie verübeln mir die

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