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Inspektor Jury schläft außer Haus

Titel: Inspektor Jury schläft außer Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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warum sie wieder zurückgekommen ist?»
    Mrs. Judd blickte ihn an, als wäre er keine sehr frische Scholle. «Ich sagte Ihnen doch, weil sie kein Geld mehr hatte, kein Geld, um es zum Fenster rauszuwerfen, wie sie das gewohnt war.»
    «Wahrscheinlich arbeitete sie gar nicht in einem Friseurladen», unterbrach die Merriweather. «Wahrscheinlich kam das Geld von ganz woanders her.»
    «Wollen Sie damit sagen, daß Ruby eine Prostituierte war?»
    Das schlug ein wie eine Bombe. Mrs. Judd bekam einen hochroten Kopf und ließ ihr Strickzeug fallen. Merriweather schnappte nach Luft. Sogar Judd rührte sich in seinem Sessel.
    «Schrecklich, so was von der armen Kleinen zu sagen – jetzt wo sie tot ist!» Mrs. Judd suchte in ihrer Schürzentasche nach einem Taschentuch. Judd tätschelte ihren Arm.
    «Tut mir leid, Mrs. Judd.» Er wandte sich Merriweather zu. «Es war Ihre Bemerkung, Miss; ich nahm an, Sie hätten das damit gemeint.»
    «Sie hat nur gesagt, sie würde sich bald ein schönes Leben machen. Und jede Menge Geld haben.»
    Jury konzentrierte sich auf Merriweather. «Wann hat sie das gesagt?»
    Das Mädchen befeuchtete ihren Finger und blätterte eine Seite in ihrem Magazin um. «Als sie hier war, Freitag vor einer Woche, wie Mama gesagt hat. Sie machte immer irgendwelche Andeutungen. Ich hörte schon gar nicht mehr zu.»
    «Was für Andeutungen?» fragte Jury.
    «Oh, zum Beispiel: ‹Ich kauf dann nur noch bei Liberty ein und nicht mehr bei Marks und Sparks.› Blödsinn von der Art.»
    «Nichts darüber, von wem sie das Geld erwartete oder wofür?»
    Merriweather schüttelte den Kopf, den Blick immer noch auf ihre Zeitschrift geheftet.
    «Ruby soll ein Tagebuch geführt haben. Hat einer von Ihnen es schon einmal gesehen?» Alle drei schüttelten verneinend die Köpfe.
    «Ich schicke dann morgen mal einen Beamten vorbei, damit er in ihrem Zimmer danach sucht.»
    «Es ist schon einmal durchsucht worden», sagte Mrs. Judd. «Sie könnten etwas mehr Rücksicht nehmen auf die armen Angehörigen.»
    Von ihrer Scheinheiligkeit angewidert, erhob Jury sich rasch. Auch Wiggins stand auf und steckte den Füllfederhalter in seine Hemdentasche. «Sobald wir die Genehmigung der Zentrale haben, wird die Leiche Ihrer Tochter zur Beerdigung freigegeben.»
    Mrs. Judd schaffte noch einen ehrenwerten Schlußauftritt: «O Jack», heulte sie, «unsere arme Ruby.» Und Judd sagte, «Ist ja schon gut, Mutter, beruhige dich.»
    Nur Merriweather fiel aus der Rolle. Als sie sie zur Tür begleitete, lächelte sie auf ein Foto von Robert Redford hinunter.

    Auf dem Weg zurück nach Long Piddleton verlangsamte Jury seine Geschwindigkeit auf der Höhe des Hahns mit der Flasche bei dem «Toten Mann», der nun durch ein paar Laternen beleuchtet worden war. Er sah wieder Ruby Judds Arm aus der gefrorenen Erde ragen. Er erschauerte und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Irgendein Gedanke schien aus der Tiefe seines Bewußtseins an die Oberfläche kommen zu wollen. Was war es nur? Als er mit dem Morris in den Hof der Pandorabüchse einfuhr, grübelte er noch immer darüber nach.

    In dieser Nacht schlief Jury mit Matchetts Akte auf der Brust ein.

XIV Freitag, 25. Dezember

    Als er am Morgen des ersten Weihnachtstags aufwachte, lag die Akte auf dem Fußboden. Er sammelte sie auf und verbrachte eine volle Stunde damit, die losen Seiten zu studieren. Was Matchett erzählt hatte, fand er in ihr bestätigt. Sowohl Matchett wie dieses Mädchen, Harriet Gethvyn-Owen, hatten ein Alibi – das gesamte Publikum des Stücks hatte sie auf der Bühne gesehen. Ein Hausmädchen namens Daisy Trump hatte Celia Matchett das Tablett gebracht. Ihre Herrin hatte sie hereingerufen (normalerweise stellte sie das Tablett an der Tür ab) und ihr gesagt, sie solle es auf den kleinen Tisch neben der Tür stellen. Daisy konnte also bezeugen, daß Celia Matchett zu diesem Zeitpunkt noch am Leben gewesen war. In der Schokolade war ein Betäubungsmittel gewesen, etwas, was die Polizei sich nicht erklären konnte: Warum sollte ein gewöhnlicher Dieb ihr erst was in die Schokolade mischen und dann zurückkommen, um ihr Büro auszurauben? Warum hatte er nicht gewartet, bis die Luft rein war? Auch Jury fand diese Sache sehr merkwürdig. Er schaute sich den Plan von dem Büro an. Der Schreibtisch, an dem sie gesessen hatte, stand vor einem Fenster. Gegenüber von dem Schreibtisch war die Tür zum Korridor. Kleine Kästchen markierten Tisch, Stühle und den Sekretär.
    Jury schob

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