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Inspektor Jury schläft außer Haus

Titel: Inspektor Jury schläft außer Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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oder nein?»
    «Ja.»
    Jury, der auf weitere Wortgefechte mit Trueblood gefaßt gewesen war, saß mit offenem Mund da. Seine direkte Antwort brachte ihn aus dem Konzept.
    «Aber nur einmal bitte. Sie war zwar ein dralles kleines Ding, aber einfach tödlich langweilig. Ohne Sinn und Verstand. Aber ich möchte doch sehr um Diskretion bitten, Herzchen.» Jury konnte sich vorstellen, daß Trueblood auch bei Frauen Erfolg haben könnte, wenn er sein Benehmen etwas ändern würde. «Es würde meinen Ruf völlig ruinieren. Ich könnte meinen Laden zumachen. Und dann ist da auch noch dieser Freund in London, wenn der erfährt, daß ich ihm untreu geworden bin, bricht ihm das Herz. Ruby war eine dumme kleine Gans. Aber was kann man in einem gottverlassenen Kaff wie diesem schon anderes tun, als dem Hickhack zweier alter Krähen wie Miss Crisp und Agatha zuzuhören. Ich nehme an, sie wird auch dies Mal wieder Melrose das Fest verderben. Ach, kommen Sie doch mit zu Lorraine, Sie würden sich sehr viel besser amüsieren. Dort sind viel mehr Leute, die Sie verdächtigen könnten …»
    «Ich versuche herauszufinden, über wen Ruby so viel wußte, daß es ihr das Leben kostete.»
    Trueblood blickte ihn verständnislos an. «Tut mir leid, ich kann Ihnen nicht folgen.»
    «Ich glaube, sie hat versucht, jemanden zu erpressen.»
    «Mich etwa? Das sieht den Bullen ähnlich, kutschieren in ihren Pandas herum, immer auf der Jagd nach Schwulen, die haben wieder mal an allem Schuld –»
    «Ehrlich gesagt, ich glaube nicht, daß Sie es waren, aber ich muß Sie vielleicht doch mit aufs Revier nehmen, damit Sie mir meine Fragen beantworten.»
    Trueblood senkte seine Stimme, bis sie etwas normaler klang. «Schon gut, ich werde versuchen, mich an etwas zu erinnern, was Ihnen weiterhelfen könnte. Sie gab nur nicht viel Interessantes von sich. Geschichten aus ihrem Leben, so was.»
    «Dann erzählen Sie mir das.»
    «Ich hab nur mit ihr geschlafen, Inspektor, nicht Material für ihre Biographie gesammelt. Meistens hörte ich nur mit halbem Ohr zu.»
    Jury wünschte, irgend jemand hätte zugehört.
    «Sie hat mal gesagt, daß ihre Mutter eine bigotte, alte Spießerin ist und daß ihr Vater eine Trockenkur macht, aber immer wieder abspringt. Und Schwesterherz hockt anscheinend den ganzen Abend vor der Glotze und schaut sich amerikanische Krimis an.» Er war nicht imstande, seinen Satz zu beendTrueblood nahm einen Schluck Sherry und zündete sich wieder eine seiner kleinen Zigarren an. «Dann gab es noch diese Tante und diesen Onkel in Devon, bei ihnen hat sie den größten Teil ihrer Kindheit verbracht; ein vernachlässigtes, ungehobeltes Kind. Später hatte sie dann alle möglichen Jobs, mal hier, mal da …»
    «Zum Beispiel als ‹Modell›, für Pornofotos.»
    «Wer, Ruby? Kann ich mir kaum vorstellen. Vielleicht hat sie sich ab und zu einen Kunden von der Straße aufgegabelt. Als Pornomodell hätte sie bestimmt wenig getaugt.»
    «Wo waren Sie letzten Dienstagabend, am 15. Dezember?»
    «Zu Hause, mutterseelenallein. Und wo waren Sie?»

    «Noch etwas Gans, Sir?»
    Ruthven stand bei Jurys Ellbogen und hielt ihm eine riesige Silberplatte hin, auf der die mit Kirschen und Trüffeln garnierten Reste von zwei Bratvögeln lagen. Jury schien ihn jedoch kaum wahrzunehmen; sein Blick galt Vivian Rivington, die ihm direkt gegenübersaß. Ihr bernsteinfarbenes Haar lockte sich über einem Kaschmirpullover, und sie sah aus, als wäre sie den Nebeln von Dartmore oder den geheimnisvollen Mooren Yorkshires entstiegen. Die Gans hätte sich erheben und über den Tisch watscheln können, ohne daß es Jury aufgefallen wäre. Ihre Schwester Isabel hatte den Bicester-Strachans den Vorzug gegeben.
    Lady Ardry ergriff das Wort. «Sie haben wohl keinen sehr großen Hunger, Inspektor? Sie müßten sich vielleicht etwas mehr bewegen, um Appetit zu kriegen. So wie ich.»
    «Was du nicht sagst, Tante. Was hast du denn so getan?»
    «Ich habe meine eigenen Nachforschungen angestellt, mein lieber Plant. Wir wollen doch nicht jeden Tag einen neuen Mord!»
    Sie häufte sich ein paar Löffel Maronenfüllung auf ein halbes Brötchen und stopfte sich den kohlehydratreichen Bissen in den Mund.
    «Oh, ich weiß nicht», sagte Plant. «Vielleicht noch einen. Nein, danke, Ruthven.»
    «Ich nehme noch etwas», sagte Agatha. «Apropos Nachforschungen – wie steht’s denn mit Ihrem Alibi, Vivian?»
    Jury warf Agatha einen feindseligen Blick zu. Offensichtlich hatte sie ihm noch

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