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Inspektor Jury spielt Domino

Inspektor Jury spielt Domino

Titel: Inspektor Jury spielt Domino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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als sie sich absetzte.»
    «Nach dem Paß, ja.»
    «Wie war ihr Verhältnis zu Männern?»
    «Sie hatte wahrscheinlich eines mit jedem, der ihr über den Weg lief. Es machte ihr Spaß, den Männern den Kopf zu verdrehen, kleine Brände zu legen.»
    «Die Frage bleibt bestehen. Wenn diese Frau nicht Dillys March war, wo ist dann Dillys? Warum ist sie nie wieder aufgetaucht?»
    Julian blickte auf den Boden und studierte den Teppich, als könne sein Muster darüber Aufschluß geben. «Ich dachte schon, daß sie vielleicht gar nicht mehr lebt.»
    Der Winter schien bei diesen Worten in den Raum einzudringen. Jury hatte das komische Gefühl, Schnee würde in die Ecken geweht, während sich Fenstersimse und Spiegel mit einer Eisschicht zu überziehen schienen und graues, ungefiltertes Licht bleischwer im Raum hing. Von seinem Platz aus blickte er auf die hohen Flügeltüren zur Terrasse. Nebelmassen drückten dagegen. Und die Melancholie, die ihn sowieso nie aus ihren Fängen ließ, hüllte ihn in ihren grauen Mantel ein.

7
    «Alles blitzsauber – wie im ‹Bristol›.» Bertie knipste den Staubsauger aus und salutierte vor der kleinen Marienstatue, die auf dem Kaminsims über den elektrischen Holzscheiten stand. Berties religiöser Überzeugung entsprach es eher, sich durch die Erfüllung seiner Pflichten als durch die Gnade allein erlösen zu lassen.
    «Komm, Arnold.» Flott drehte er sich auf dem Absatz um, griff nach dem Staubsauger und legte einen Arm quer über die Brust, die Hand wie ein Messer am Hals des Staubsaugers. «Hip, hip!» Er marschierte mit ihm zu dem Schrank in dem kleinen dunklen Flur.
    Arnold schaute immer interessiert beim Staubsaugen zu und holte manchmal auch irgendwelche Gegenstände, wie zum Beispiel altes Schokoladenpapier, unter den Sesseln hervor. Bertie marschierte in das Wohnzimmer zurück, um sich noch einmal prüfend umzuschauen.
    «Froschauge kann zufrieden sein.»
    Arnolds Gebell klang so zackig wie Berties Gruß. Der Name «Froschauge» rief bei Arnold immer eine feindliche Reaktion hervor.
    «Froschauge» oder Miss Frother-Guy, wie sie im Dorf hieß, war eine von den Frauen, die sich während der Abwesenheit seiner Mutter anscheinend dazu berufen fühlten, auf ihn aufzupassen. Außer ihr gab es noch Miss Cavendish, die Bibliothekarin, und Rose Honeybun, die Frau des Pfarrers. Sie schauten abwechselnd nach dem Rechten. Miss Frother-Guy fand er am unsympathischsten von den dreien, vor allem wegen ihrer Abneigung gegenüber Arnold. Sie betrachtete ihn als denkbar ungeeigneten Umgang für einen mutterlosen Jungen.
    Dieses Gefühl beruhte auf Gegenseitigkeit. Miss Frother-Guy war für Arnold ein eher unverdaulicher Brocken. Arnold pflegte sich vor ihr aufzubauen und sie unablässig anzustarren.
    Miss Frother-Guy hatte einen schmallippigen Mund und ein verdrießliches, kleines Gesicht, das Bertie an die Mäuse mit den spitzen Schnauzen in der Roly-Poly-Pudding-Geschichte erinnerte. Miss Cavendish war zwar sehr viel angenehmer, aber auch sehr viel schmutziger. Sie hinterließ immer irgendwelche Spuren; Dreck von ihren Stiefeln oder Flusen, die in ihren Kleidern hingen. Wahrscheinlich trug sie den Staub, den sie ständig von den Regalen der Leihbücherei Rackmoors wischte, mit sich herum. Stockfisch (Miss Cavendish) schien die Aufgabe, mit der Miss Frother-Guy sie betraut hatte, keinen großen Spaß zu machen; meistens steckte sie nur den Kopf durch die Tür, und ihre blassen Augen glichen kleinen Silberfischen, die mal hier, mal dahin schossen. Sie blieb nie bis zum Tee.
    Rose Honeybun war noch die angenehmste; sie blieb gewöhnlich bis zum Tee und brachte auch meistens etwas mit, da sie ihre christliche Pflicht als erfüllt betrachtete, wenn sie Bertie mit Kuchen und Gebäck versorgte. Obwohl sie die Frau des Pfarrers war, erfüllte sie ein lüsternes Interesse für das Sexualleben der Dorfbewohner und eine gedankenlose Gutmütigkeit, die ihre Gesellschaft sehr viel vergnüglicher machte als die der anderen. Sie setzte sich an den Tisch, trank eine Tasse Tee nach der andern, rauchte Zigaretten und versuchte, Bertie alles mögliche zu entlocken. Klatschgeschichten, die sie wie Rosinen aus dem Kuchen pickte. Sie hatte auch Arnold ins Herz geschlossen und brachte ihm Knochen, die er sofort versteckte.
    Bertie bedauerte, daß Miss Frother-Guy und nicht Mrs. Honeybun an der Reihe war. Er hätte nichts dagegen gehabt, mit ihr diesen Mord durchzuhecheln.
    Es war eine Art Stafettenlauf, bei dem

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