Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inspektor Jury spielt Domino

Inspektor Jury spielt Domino

Titel: Inspektor Jury spielt Domino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
Vom Netzwerk:
Erinnerungen daran, dennoch vermutete er, daß sie älter war als er. Einmal, als sie ihre Brieftasche herausgenommen hatte, sah er zwischen Kreditkarten und anderen Fotos das alte Bild eines gutaussehenden jungen Mannes in Fliegeruniform. Er hatte sie gefragt, ob das jener Joe sei, von dem sie immer sprach; hochrot im Gesicht hatte sie geantwortet, es sei ein Freund ihrer Mutter. Für Fiona wäre er jedenfalls viel zu alt.
    Jury fragte sich, ob Fiona vielleicht nicht doch in zwei verschiedenen Welten lebte. Ob die Sachen, die sie trug, vielleicht gar nicht der letzte Schrei aus der Carnaby Street waren, sondern wirklich noch aus jener Zeit stammten: Kleider, die damals eingemottet worden waren.
    «Wie läuft’s mit der Arbeit, Fiona?» fragte Jury, während er ihr die Zigarette anzündete.
    «Mich haben schon Bessere rumgejagt als der da.»
    «Das glaub ich Ihnen gern.» Jury nahm einen Briefumschlag aus der Tasche und gab ihn ihr: «Bitte, finden Sie heraus, was diese Initialen bedeuten. Es könnte ein Hotel in S. W. I. sein.»
    «Für Sie tue ich doch alles», sagte Fiona und überreichte ihm einen beigen Briefumschlag.
    «Was ist das?»
    Fiona, die damit beschäftigt war, ihre Fingernägel sorgfältig zu feilen, zuckte mit den Achseln. «Woher soll ich das wissen? Einer von den diensthabenden Polizisten brachte ihn herauf. Er sagte, er sei gestern nacht abgegeben worden, war irgend so ein feiner Pinkel in einem teuren Schlitten, der meinte, daß da unten ein öffentlicher Parkplatz ist, und beinahe Ärger bekam. Der Polizist sagte ihm, daß er abhauen soll …»
    Jury riß den Umschlag auf, zog das Notizblatt heraus und bückte sich nach dem Foto, das auf den Boden gefallen war. Er achtete nicht weiter auf Fionas Geplapper, sondern las:
     
    «Lieber Inspektor Jury,
    ich hoffe, der Inhalt wird Sie interessieren – ich fand es in Julian Craels Zimmer. Ich hoffe auch, Sie haben nichts dagegen, wenn ich das andere zwecks weiterer Nachforschungen behalte. Sie und Wiggins waren offensichtlich schon auf dem Weg nach London, noch bevor ich Sie erreichen konnte. Aber so hatte ich die Möglichkeit, in York haltzumachen, um Agatha zu treffen: Sie werden sicher erfreut sein, zu erfahren, daß sie nun für Sie arbeitet. Sie gibt einen ausgezeichneten Maulwurf ab. Ich werde im ‹Connaught› sein und dachte, daß wir uns dort später treffen könnten, um gemeinsam nach Rackmoor zurückzufahren. Ich habe einen sehr schnellen Wagen.
    Plant.»
     
    Jury betrachtete aufmerksam das Bild. Es konnte ein Foto von Gemma Temple sein – oder eins von Dillys March? –, aber eines, das erst vor kurzem aufgenommen worden war, keines aus einem alten Fotoalbum. Er nahm an, Plant hatte sich dieselbe Frage gestellt: Was hatte das Bild in Craels Zimmer zu suchen?
    «Ein schönes Durcheinander», sagte Superintendent Racer, nachdem Jury den Rackmoor-Fall geschildert hatte. Die Bemerkung war nicht Ausdruck seines Mitgefühls, sondern eher die Unterstellung, Jury sei für das Durcheinander verantwortlich. «Warum zum Teufel sind Sie nicht in diesem gottverlassenen Nest und kümmern sich um die Sache? Was haben Sie eigentlich hier in London verloren?»
    «Ich sagte es doch. Ich muß Erkundigungen einziehen …»
    Racer, die Arme ausgebreitet, schaute ihn mit gespieltem Entsetzen an: «Merkwürdig, ich hätte schwören können, daß wir hier eine ganze Polizeieinheit haben, alle möglichen Leute, die Erkundigungen einziehen können.» Seine Miene veränderte sich, auf seiner Stirn traten wieder die bekannten Furchen zutage. «Wenn schon jemand nach London kommen mußte, warum haben Sie dann nicht Wiggins geschickt?» Jury suchte nach einem Grund. «Ich brauchte ihn dort, es gab da was, worauf er sich besser verstand.»
    Racer wieherte. «Es gibt nichts, worauf sich Wiggins besser versteht als ein anderer, Sie eingeschlossen, Jury.» Racer setzte ein mörderisches Lächeln auf, als hätte er nur gescherzt.
    Mit unschuldiger Miene fragte Jury: «Warum geben Sie ihn mir dann immer mit? Sie müssen ja denken, daß ein Blinder den Blinden führt?»
    Obwohl Jury geschworen hatte, sich in keinerlei Wortgefecht mit Racer einzulassen, brachte der ihn doch immer wieder so weit, daß er seinen Schwur brach.
    «Er steht doch noch in der Ausbildung, oder? Ich nehme an, Sie sind der Ansicht, einer Ihrer Kollegen sollte Sergeant Wiggins erdulden, wollen Sie das sagen? Immer nur die anderen, was?»
    Racers verquere Logik war auf ihre Weise so perfekt wie der

Weitere Kostenlose Bücher