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Inspektor Jury spielt Domino

Inspektor Jury spielt Domino

Titel: Inspektor Jury spielt Domino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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während er mürrisch sein bereits leeres Glas und die Flasche musterte, als würde er sich fragen, ob er sich noch einen Drink genehmigen dürfte.
    «Oh, aber du erinnerst dich doch, Vic. Olive sprach doch über nichts anderes damals, als Leo das erste Mal Schwierigkeiten bekam.»
    «Ich kümmere mich nicht um die Angelegenheiten dieser Frau. Wenn man mich fragt, so war Leo noch nie richtig im Kopf», sagte Victor und wandte sich wieder den Wettergebnissen zu.
    «Möglicherweise gab sie den Craels die Hauptschuld», warf Jury ein.
    «Ja, ich glaube, so war es. Sie war der Meinung, sie hätten das Mädchen nie ins Haus nehmen dürfen.» Es mußte Fanny Merchent plötzlich klargeworden sein, daß dieser Punkt doch eher etwas mit Olive als mit Leo zu tun hatte. Jury sah die Frage in ihren Augen, noch bevor sie sie aussprach. «Warum fragen Sie Olive nicht selbst danach?» sagte sie und richtete sich steif auf.
    «Ich würde es gern tun, Mrs. Merchent», antwortete Jury und schenkte ihr ein entwaffnendes Lächeln. «Nur bin ich im Moment in London, und sie ist in Yorkshire. Als ich in der Gegend von Victoria herumlief, fiel mir wieder ein, daß sie hier ab und zu ihre Schwester besucht …» Jury zuckte mit den Schultern. Er dachte, wenn Polizisten sich wirklich nur so ziellos und gleichgültig verhalten würden, hätten sie viel zu tun.
    Sein Gleichmut schien Fanny bereits zu beruhigen. Sie war offensichtlich nicht abgeneigt, über diese Angelegenheit zu reden. «Ich verstehe. Also, wie ich schon sagte, Olive war sehr erbost, daß die Craels diese Dillys zu sich nahmen. Sie sagte, das Mädchen hätte von Anfang an nichts als Ärger gemacht und sie trauere ihr nicht nach. Obwohl es Sir Titus fast das Herz brach. Der arme Mann. Wissen Sie, er hatte schon seine Frau und seinen Sohn verloren.»
    Jury nickte. «Was hat Dillys sich denn geleistet? Was meinte Ihre Schwester?»
    «Wohl Männergeschichten. Sie war noch sehr jung, wissen Sie. Und sie war hinterlistig. ‹Eine kleine Schlange›, sagte Olive immer.»
    «War sie vielleicht eifersüchtig auf den Platz, den das Mädchen einnahm?»
    Fanny Merchent schloß diese Möglichkeit nicht aus. «Ich weiß es nicht. Aber Olive ist schon eine merkwürdige Person –»
    «Du sagst es», schnaufte Victor. «Sie hat’ne Menge Geld, aber kommt hierher und lebt auf unsere Kosten. Mir gegenüber ist sie hochnäsig. Ich möchte wissen, wieso. Wer, glaubt sie eigentlich, wer sie ist, verflucht noch mal? Eine Haushälterin, weiter nichts.»
    Und er goß sich einen zweiten Drink ein, als wolle er damit Olive Manning herausfordern.
    «Das ist doch kein Grund, ihr böse zu sein. Bei all dem Kummer, den sie hat –»
    «Kummer! Ich sage dir, was Kummer ist, meine Liebe. Schau nur mich an, was man mit mir gemacht hat …»
    Noch bevor Victor in Selbstmitleid versinken konnte, sagte Jury: «Während Mrs. Manning bei Ihnen war, ist doch nichts geschehen, was sie hätte aufregen können, oder? Wirkte sie verändert?» Jury, der eine verneinende Antwort erwartet hatte, war ganz erstaunt, als Fanny sagte: «Ja, es gab da etwas. Das war nach dem Anruf. Erinnerst du dich, Vic, du bist einmal rangegangen. Das war der zweite Anruf.» Sie streckte ihre Hand aus und klopfte mit den Fingernägeln gegen die Zeitung, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Er antwortete nicht. Er starrte wie gebannt auf die Flasche, als ob ihr in jedem Moment ein Geist entsteigen könnte.
    «Was war das für ein Anruf?»
    Sie sah düster von ihrem Mann zur Whiskyflasche und wandte sich dann zu Jury. «Irgendeine Frau hatte angerufen. Die Stimme war mir nicht bekannt, und ich war erstaunt, daß jemand Olive sprechen wollte. Soviel ich weiß, kennt sie hier doch niemanden. Zuerst dachte ich, es sei das Krankenhaus. Aber sie reagierte in einer Weise, daß es jemand anders sein mußte. Nach einer Weile nahm sie den Apparat mit ins Nebenzimmer und schloß die Tür.» Fanny Merchent ließ erkennen, daß sie Geheimnisse zwischen Schwestern mißbilligte. «Danach war sie ganz aufgedreht. Zwei Wochen lang ging das so. Angespannt irgendwie, aber aufgeregt, wissen Sie. Sie fing an auszugehen. Nicht ins Krankenhaus, dahin bin ich gewöhnlich mitgegangen. Sie ging woandershin, und das jeden Tag ungefähr zur gleichen Zeit. Als ich sie darauf ansprach, hat sie mich damit abgespeist, daß sie Einkäufe machen müsse. Sie wollte nicht, daß ich mitkomme.»
    «Sie erwähnten zwei Anrufe.»
    «Richtig. Das zweite Mal hat Vic abgenommen. Er

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