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Inspektor Jury spielt Domino

Inspektor Jury spielt Domino

Titel: Inspektor Jury spielt Domino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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sagte nur, jemand wolle Olive sprechen und was Olive sich denn dächte, ob das hier eine Pension sei oder was und ob er dazu da sei, für sie Anrufe entgegenzunehmen und überhaupt.»
    Victor Merchent hob die Flasche, die die ganze Zeit in seinem Schoß gelegen hatte, und goß sich einen weiteren Drink ein. Da er Jury als Vorwand nicht mehr benötigte, hatte er auch aufgehört, ihn in das Ritual mit einzubeziehen. «Sie benahm sich wie im Hotel. In einem gottverdammten Hotel.» Plötzlich veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Er sah erstaunt aus, als sei ihm plötzlich ein Licht aufgegangen. Er starrte mit leerem Blick in die Luft, wie ein seniler alter Mann, an dem glasklare Bilder aus längst vergangenen Zeiten vorbeiziehen. «Das war’s also; ein Hotel. Es war jemand, der von einem Hotel aus anrief, denn als ich sagte, Olive sei nicht da, bat sie darum, sie solle sie im Hotel ‹Sawry› zurückrufen.»
    Seine Frau schnalzte mit der Zunge. «Das hast du mir nie erzählt, Vic.»
    «Du hast mich nie danach gefragt, oder?» sagte er und leerte hastig sein Glas.

8
    Jane Yang war ein feines, zierlich gebautes Mädchen. Sie trug ein türkisfarbenes Kleid mit Stehkragen. Ihre schwarzen Haare lagen wie ein Helm um ihren Kopf. Als Melrose das ‹Sun Palace› betrat, stand sie an der Kasse hinter dem Tresen. Es war noch nicht Mittag, aber das kleine, enge Restaurant war bereits voll. Mürrisch dreinblickende Kellner mit Tabletts voller Speisen unter silbernen Warmhalteglocken hasteten zwischen den Tischen hindurch und gingen durch die Schwingtüren, die zur Küche führten, ein und aus. Von der Atmosphäre konnte die Beliebtheit des Lokals nicht herrühren, also mußte es am Essen liegen. Geheimnisvolle Gewürzmischungen erfüllten die Luft.
    Melrose stellte sich in die Schlange hinter das halbe Dutzend Leute, die ihre Rechnungen bezahlen wollten. Als er an die Reihe kam, hielt er dem Mädchen eine Zwanzigpfundnote und das Foto hin. «Sie sind Jane Yang? Die dicke Bertha sagte mir, Sie würden die Frau auf dem Bild vielleicht kennen.»
    Miss Yang sah verwirrt aus: Wäre es nicht ratsam, dieses Geschäft und die zahlenden Gäste auseinanderzuhalten? Aber sie behielt den Geldschein in der Hand.
    Ein stämmiger Mann hinter Melrose seufzte: «Mach schon, Kumpel. Wir sind hier nicht bei der Blumenschau von Kew Gardens.» Mit dem Zahnstocher führte er zwischen seinen Zähnen geradezu akrobatische Bewegungen aus.
    «Könnten Sie dort drüben warten?» sagte Miss Yang entschuldigend. «Ich bin gerade sehr beschäftigt.»
    Melrose ignorierte einfach das hörbare Aufatmen der Leute in der Schlange hinter sich und legte ihr eine zweite Zwanzigpfundnote hin. «Und ich sehr reich.»
    Baß erstaunt blickte sie auf das Geld, das plötzlich vor ihr lag, und auf Melroses Chesterfield. Zugleich nahm sie die Rechnung des Mannes mit dem tanzenden Zahnstocher entgegen.
    Mit der Schulter gab sie Melrose ein Zeichen, er möge hinter den Tresen gehen, und winkte eine kleine Frau herbei, deren Gesicht so verschrumpelt war wie ein chinesisches Tee-Ei. Die Alte kam schlurfend herbei und ließ mit ausdruckslosem Gesicht den chinesischen Redeschwall des Mädchens über sich ergehen – wahrscheinlich waren es Anweisungen, was sie als Kassiererin zu tun hatte.
    Das Mädchen führte Melrose in eine Ecke neben der Küche, nahm den zweiten Zwanziger entgegen, faltete sorgfältig beide Scheine zu einem sauberen Quadrat zusammen und ließ sie zwischen einem Paar schwarzer Frösche, die als Verschluß ihres türkisfarbenen Kleides dienten, verschwinden. Er fragte sich, warum Frauen gerade diese Stelle als so sicher betrachteten.
    Sie hielt das Foto in der Hand. «Ich kenne sie, ja. Sie Bedienung hier, oh, ich denken, es war drei Wochen.» Und sie hielt drei Finger hoch, als wolle sie Melrose eine neue Sprache lehren.
    «Wie hieß sie?»
    «Gemma, Gemma Temple.»
    «Und dann, was geschah mit ihr? Ich meine, nachdem sie wegging?»
    «Sie treffen einen Mann. Ich glaube, sie zu ihm ziehen.»
    «Hat sie ihn hier getroffen, als sie hier arbeitete?»
    Jane Yang schüttelte den Kopf, und der seidene Haarhelm tanzte auf ihren Schultern. «Irgendwo – ich vergessen – in London. Vielleicht Bahnhof? Sie geht einmal Freunde besuchen. Hören Sie –» sie breitete ihre Arme aus. «Wir nicht sehr befreundet, wissen Sie. Sie mir nicht viel über Privatleben sagen.»
    Melrose nickte. «Sie wissen also nicht, wer dieser Mann war? Aber da Sie wissen, daß sie mit ihm

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