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Inspektor Jury spielt Domino

Inspektor Jury spielt Domino

Titel: Inspektor Jury spielt Domino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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«Limehouse Blues».

10
    Die Verwirrung des Hotelangestellten erreichte ihren Höhepunkt, als zwei Stunden später Chefinspektor Richard Jury auftauchte.
    «Es gibt doch hoffentlich keine Probleme, Chefinspektor?»
    Im «Sawry» pflegte es keine Probleme zu geben. «Nein, ich glaube nicht. Es dreht sich um einen Ihrer Gäste.» Jury holte das Foto von Dillys March hervor, das sie als junges Mädchen zeigte. «Kommt Ihnen diese Frau bekannt vor?»
    Der Angestellte nahm das Bild zwischen seine behandschuhten Finger und betrachtete es einen Moment lang, bevor er sagte: «Etwas an ihr kommt mir bekannt vor. Aber ich bin mir nicht sicher. Ein ziemlich altes Bild, nicht?»
    «Das ist richtig. Ich habe auch ein neueres.» Jury zeigte das Foto, das Melrose Wiggins gegeben hatte. «Sagt Ihnen das etwas?»
    «Oh, ja. Sie war eine gute Freundin von … von einem unserer Gäste.»
    Das «Sawry» fühlte sich für das Wohlergehen seiner Gäste in jeder Hinsicht verantwortlich; ohne einen zwingenden Grund würde man keine Auskunft geben, erst recht keine Indiskretion begehen. Das Haus war wie ein Heiligtum oder ein Banksafe; die häßlichen Tatsachen dieser Welt prallten an dem Mahagoniholz und dem Glas förmlich ab.
    «Eine Freundin von Julian Crael?»
    Der Mann wirkte erleichtert. Wenn die Polizei von dieser Verbindung bereits wußte, war es vielleicht kein Vertrauensbruch, sie zu bestätigen. «Ja, das ist richtig.» Er war allerdings nicht bereit, ausführlicher zu werden, sofern er nicht mußte.
    «Wie oft kam sie hierher?»
    Er überlegte kurz. «Einige Male. Seit ungefähr einem Jahr. Sie besuchte Mr. Crael.»
    «Ihr Name?»
    Der Angestellte machte einen perplexen Eindruck. «Temple. Miss Temple.» Er holte wieder das Gästebuch hervor. «Erst vor einem Monat – im Dezember. Sehen Sie.» Er drehte das Buch zu Jury hin, damit dieser sich selbst vergewissern konnte. «Am 10. Dezember. Eine Miss Temple. Ich glaube, sie verließ uns noch am selben Abend, nachdem Mr. Crael abgereist war.»
    «Hat sie Besucher empfangen?» Jury half ihm, indem er Olive Manning beschrieb. Der Angestellte schüttelte den Kopf. «Irgendwelche Anrufe?»
    «Keine, soviel ich weiß, aber das kann ich überprüfen.»
    «Bitte tun Sie es. Und geben Sie mir Bescheid.» Jury gab ihm seine Karte und wollte gehen, als ihn der Mann zurückhielt.
    «Da ist noch etwas, Sir. Ein anderer Gentleman war hier – ein Mr. Carruthers-Todd –, erst heute nachmittag. Er fragte nach Mr. Crael und Miss Temple und hinterließ eine Nachricht –» Der Angestellte nahm die Nachricht aus dem Postfach.
    «Und wie sah dieser Mr. Carruthers-Todd aus?»
    «Ziemlich wohlhabend, würde ich sagen. Kultivierte Sprache.» Nachdem er die wichtigsten Punkte abgehandelt hatte, fuhr er fort: «Nicht ganz so groß wie Sie, helles Haar. Auffallend grüne Augen. Die Nachricht war für …», er sah nach unten, «einen Mr. Benderby. Eustace Benderby.»
    «Ich bin Benderby», sagte Jury und streckte seine Hand hin, um die Nachricht in Empfang zu nehmen.

11
    Das Hotel «Royal Victoria» machte seinem Namen keine Ehre. Es stand eingekeilt zwischen zwei Gebäuden, von denen das eine den Namen «Arab Star» trug; ein Krummsäbel und ein Stern waren auf ein Schild gemalt, dessen Farbe bereits abblätterte. Aus der Tür traten zwei junge Männer mit schwarzen Schnurrbärten, die sich gestikulierend unterhielten.
    In einem kleinen Raum mit einer Tür im Cottage-Stil saß ein Mädchen, das der Bemalung ihrer Lippen sichtlich mehr Aufmerksamkeit als ihren potentiellen Kunden widmete. Schließlich schlenderte sie auf ihn zu und musterte ihn aus ihren lila geschminkten Augen. Sie blies eine Kaugummiblase und sog sie zurück in den Mund. Er zeigte seinen Ausweis. «Ich suche eine Frau, die möglicherweise hier gewohnt hat. Ihr Name ist Roberta Makepiece.»
    «Kann mich, glaube ich, an niemand mit dem Namen erinnern. Sie kommen und gehen.» Sie bemühte sich, ihren Busen unter der blauen Strickjacke zur Geltung zu bringen. Unter Jurys Kinn erschien eine zweite Kaugummiblase. Dann sagte sie: «Dotty könnte was wissen.»
    «Wer ist Dotty?»
    «Die Besitzerin.»
    «Und wo ist Dotty?»
    «In Manchester. Sie ist mit ihrem Kerl da hingefahren.» Ihre Wimpern flatterten. Die dick aufgetragene Mascara hatte unter ihren Augen schwarze Tupfer hinterlassen.
    «Und wann wird Dotty wieder zurück sein?»
    «Wie soll ich das wissen?»
    «Und wie soll ich dann Dotty fragen?»
    Der Sarkasmus wirkte. «Nun, Sie

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