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Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Titel: Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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bemerkt sie nur nicht. Die Gitter der Entlüftungsanlage. Es hängt natürlich von der Station ab – es gibt unterschiedliche. Da könnte man schon was reinstecken, und es würde jahrelang dort liegen bleiben. Viele davon befinden sich in Bodenhöhe. Sie müssen nur mal durch die Tunnel gehen, dann sehen Sie sie. Die Leute schauen nie auf ihre Füße, deswegen fallen sie ihnen nicht auf.»
    Jury erhob sich, und Wiggins klappte sein Notizbuch zu. «Mr. Potts, wir sind Ihnen sehr zu Dank verpflichtet. Leider können wir Ihnen nichts Genaueres sagen.»
    Das störte Mr. Potts jedoch nicht; wenn er nicht gerade über Wagenparks und Betriebsanlagen sprach, konnte er sich sehr kurz fassen. «Gern geschehen», sagte er nur und begleitete sie zur Tür.
    Dort wandte Wiggins sich noch einmal um und fragte: «Ich wüßte gerne noch, Sir, wie sie gereinigt werden. Ich meine die Tunnel. Sie müssen doch auch gereinigt werden?»
    William F. B. Potts’ Brustkasten schwoll an, nicht aus Eitelkeit oder Stolz, sondern einfach, weil er sich die Lungen vollpumpte. «Ja, natürlich. Es gibt einen besonderen Zug dafür, Wachtmeister. An beiden Wagen und auch hinter der Führerkabine, in der der Reinigungstechniker sitzt, sind Scheinwerfer angebracht. Der eine Wagen ist mit Filtern ausgerüstet, der andere mit Ansaugpumpen. Der mit den Ansaugpumpen bläst den Staub in den Wagen mit den Filtern. Die Geschwindigkeit läßt sich regulieren. Gebaut wurde dieser Zug in den Siebzigern von den Acton Works …»
    «Vielen Dank, Mr. Potts. Wir bleiben in Verbindung», sagte Jury und schob Wiggins zur Treppe.
    Die Tür schloß sich hinter ihnen, und Sergeant Wiggins meinte: «Gut, daß ich das endlich erfahren habe. Ich hab mich schon immer gefragt, wie sie das machen.»
     
     
     
    Das Gitter befand sich genau gegenüber der Stelle, an der Katie O’Brien überfallen worden war, in Bodenhöhe und unter dem Evita-Plakat. Mit Hilfe von zwei Sicherheitsbeamten der Londoner Verkehrsbetriebe fand Jury das Versteck.
    Das Collier war in ein dünnes, dunkles Taschentuch gewickelt und durch das Gitter geschoben worden – mehr als ein paar Sekunden konnte das nicht gedauert haben. Dahinter hatte es dann auf einem kleinen Vorsprung gelegen und den Ruß des letzten Jahres aufgefangen. Wenn jemand genau hingeschaut hätte, wäre ihm das kleine Säckchen sofort aufgefallen. Aber wer schaute sich schon das Gitter einer Entlüftungsanlage in einer Underground-Station an?

23
    « Dich umbringen ?» rief Melrose Plant dem Häufchen Elend zu, das im Bold Blue Boy vor ihm stand. Sie sah aus, als hätte sie sich die ganze Nacht in irgendwelchen Dornenhecken und Sümpfen herumgetrieben, und ihr auch sonst ungekämmtes Haar war struppiger als üblich; ihr Gesicht starrte vor Dreck, und ihre Jeans waren völlig zerfetzt.
    Sie nickte und starrte mit gerunzelter Stirn auf den Fußboden.
    Melrose hatte die letzte Dreiviertelstunde damit verbracht, sie zu suchen. Peter Gere war nicht auf der Polizeiwache gewesen. Polly Praed hatte Emily angeblich gegen acht gesehen. Die Bodenheims behaupteten, überhaupt nichts über ihren Verbleib zu wissen. Ihre Mutter war nicht zu Hause.
    Gegen zehn hatte er sich dann mit einem Glas Bitterbier und einer Zigarre niedergelassen, um zu warten, und wäre beinahe in Ohnmacht gefallen, als ihr schmales, weißes Gesicht im Fensterrahmen auftauchte und sie ihn aufforderte, ihr beim Hereinklettern zu helfen. Sie weigerte sich, durch die Bar oder den angrenzenden Raum zu gehen. Also kroch sie durchs Fenster; Melrose hatte sie unter den Schultern gepackt und hochgezogen.
    Melrose erhob sich von seinem Fenstersitz, um durch den oberen Teil des Fensters auf das beleuchtete Stück Straße hinauszuschauen. Er sah ihr Pony, das an einem Laternenpfahl festgebunden war. Es schien ganz friedlich zu grasen. Aber warum hing ihr Mantel in den Schlaufen des Zaumzeugs?
    Als er sie danach fragte, sagte sie voller Verachtung: «Damit’s so aussah, als säße ich auf Shandy, deswegen. Dann kriegte ich aber Angst, er würde ihn über den Haufen fahren. Ich bin über die Wiese zur Hauptstraße gelaufen, und da war dann auch schon Shandy und trottete ganz gemütlich um die Grünanlage. Wirklich ein schlaues Tier.» Schlauer als mancher Zweibeiner ; besagte ihr Blick. «Ich möchte zu Mr. Jury.» Ihre Mundwinkel gingen nach unten. Bestimmt bedeutete das, daß sie gleich anfangen würde zu heulen, obwohl er sich Emily Louise eigentlich nicht heulend vorstellen

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