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Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Titel: Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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die Tür zu ihrer Box aufging.
    Nun blieb ihr nichts mehr übrig, als zu warten, flach auf Shandys Rücken ausgestreckt, die Wange gegen seinen Hals gepreßt. Ihr Verfolger war in der Box nebenan.
    Shandy wieherte und scharrte auf dem Boden. Das seltsame nächtliche Zwischenspiel schien ihm ganz und gar nicht zu behagen. Emily umklammerte die Zügel, legte den Kopf so nah wie möglich an sein Ohr und wartete.
    Sie hörte, wie der Riegel zurückgeschoben wurde, sah, wie der Lichtstrahl der Taschenlampe über die Flanke des Pferdes glitt und sie um eine Handbreit verfehlte, sah, wie er die Ecke ausleuchtete – «Los!» flüsterte sie dem Pony ins Ohr.
    Shandy schoß aus seiner Box. Als sie an die äußere Stalltür kamen, die geschlossen, aber nicht verriegelt war, stieß sie mit ihrer Peitsche und das Pony mit dem Kopf dagegen – und draußen waren sie.
    Sie hatten da jemanden zurückgelassen, der jetzt mit der Nase im Dreck liegen mußte, sagte sie sich glücklich, als sie den Wind im Gesicht spürte.
    In weniger als einer Minute hatte Emily den Hof überquert und die Auffahrt erreicht. In ein paar Sekunden hätte sie auch den Rasen vor dem Haus überqueren können – aber das Haus war wohl nicht der richtige Zufluchtsort, denn derjenige, der im Stall nach ihr gesucht hatte, konnte ja von dort gekommen sein. Sie konnte durch das Tor am Ende der Auffahrt reiten, um zur Hauptstraße zu gelangen – Zu spät erinnerte sie sich, daß es geschlossen war; man hatte ihr eingebleut, es immer hinter sich zu schließen. Und konnte sie sich denn darauf verlassen, daß diese Person (wer konnte es schon anderes sein als der widerliche Derek mit seinem sabbernden Mund?) sich nicht schon wieder aufgerappelt hatte, um sie sich genau dann zu schnappen, wenn sie sich an dem Tor zu schaffen machte? Mit jedem andern Pferd aus dem Stall hätte sie springen können, aber nicht mit Shandy. Und die Mauer von Rookswood folgte gut einen halben Kilometer der Hertfield Road.
    Blieben nur zwei Möglichkeiten – sie konnte an der Mauer entlangreiten, bis sie endete, und das bedeutete, daß sie durch den Wald von Horndean reiten mußte; oder sie konnte quer über die Weide galoppieren und Rookswood hinter sich lassen …
    Sie brauchte nicht lange zu überlegen, denn das Geräusch, das sie hinter sich auf dem Kies vernahm, war nicht das Geräusch von Schritten, sondern das Klappern von Hufen.
    Blieb ihr also nur der Wald von Horndean. Emily bohrte die Absätze in Shandys Flanken und versetzte ihm einen Klaps mit den Zügeln; umzukehren war jetzt ausgeschlossen.
    Als sie an der Mauer entlanggaloppierte, spürte sie den kalten Wind im Gesicht, einen Wind, der nach Regen roch. Sie betete um diesen Regen. Zumindest würde er ein Geräusch machen, das ihre Geräusche überdeckte.
    Bevor sie im Wald verschwand, warf sie einen Blick über die Schulter und sah eine dunkle Silhouette auf sich zukommen. Wenn die Silhouette Jupiter, Julias Pferd, war, dann hatte sie keine Chance, das wußte Emily, denn Jupiter war einfach schneller als Shandy, selbst wenn Julia draufsaß, mit deren Reitkünsten es nicht weit her war.
    Als sie die vereinzelten Baumgruppen erreicht hatte, die den Wald von Horndean säumten, bog sie in einen alten Reitweg ein und zügelte Shandy. Irgendwo zu ihrer Linken hörte sie das andere Pferd vorbeigaloppieren.
    Sie konnte nun nicht mehr geradeaus bis zum Ende der Mauer und der relativ sicheren Landstraße zwischen Horndean und Hertfield reiten, da der andere dort bestimmt schon auf sie wartete. Und wenn er bereits auf dem Weg nach Rookswood zurück war, konnte sie auch nicht umkehren.
    Sie konnte sich auf Shandys Rücken stellen und über die Mauer klettern. Aber wenn er Shandy ohne Reiter entdeckte, dann würde er sofort Bescheid wissen und auf der andern Seite der Mauer nach ihr suchen. Und er wäre zu Pferd und sie zu Fuß. Wahrscheinlich hatte er auch eine Taschenlampe bei sich, während sie nur eine Peitsche hatte, aber was ließ sich mit einer Peitsche schon anfangen?
    Er konnte die Leute ganz schön in die Irre führen. Diese Worte von Superintendent Jury fielen ihr wieder ein, als sie die Zweige rascheln und knacken hörte – die Geräusche des zurückkehrenden Reiters, der sich jetzt sehr viel mehr Zeit nahm.
    In die Irre führen: Es war, als ob Jimmy Poole ihr das noch schnell zuflüstern wollte, bevor er sich mit dieser schrecklichen Krankheit ins Bett legte (an der er beinahe gestorben wäre – sie war überzeugt

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