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Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Titel: Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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hatte, auch wenn sie nicht recht wußte, was ihre Mutter eigentlich zu sagen gehabt hatte.
    Sie hörte den Wagen auf der Straße nach St. Lyons näher kommen – gleich würde er die Gabelung erreicht haben. Sie glitt zu Boden, schrie «Los!» und klopfte Shandy auf die Hinterbacke. Shandy fing an zu galoppieren, und der Mantel flatterte auf dem Sattel.
    Als der Strahl der Scheinwerfer auf die Beine des Ponys fiel, ließ Emily sich in die Hecke rollen; Tränen liefen ihr übers Gesicht, und sie haßte sich.
    Shandy so hereinzulegen!
     
     
     
    Mr . William Francis Bevins Potts war offensichtlich so stolz auf seine Position in der technischen Abteilung der Londoner Verkehrsbetriebe, daß er bereitwillig seine Lieblingssendung ausschaltete, um einen Vortrag über die Londoner Verkehrsmittel zu halten. Während er ein Potpourri verwirrender Details über Geschichte und Entwicklung des Wagenparks auftischte, betrachtete Jury die farbenprächtigen Plakate, die die Wände von Mr. Potts’ Wohnung in der Edgeware Road bedeckten – elegante Herren aus der Edwardianischen Zeit, denen bei ihren Ausflügen mit der Underground ebenso elegante Londoner Bobbies beistanden. Mr. Potts’ Wohnung, die kaum Möbel, dafür aber all diese Plakate enthielt, erinnerte Jury auch eher an eine Underground-Station.
    Jury ließ ihn noch ein paar Minuten gewähren, da er die Erfahrung gemacht hatte, daß Leute, die von einer Sache besessen waren, ein Ventil dafür brauchten und dann viel schneller und präziser die Fragen beantworteten, die Jury stellen würde, wenn er sie erst hatte reden lassen.
    Gelegentlich tauchte in der grauen Masse dieser atemberaubend langweiligen Details eine interessante Tatsache auf, die wie ein exotischer Fisch in einem Fischweiher wirkte. Zum Beispiel hatte Jury nicht gewußt, daß die neueren Lokomotiven, die Ende der sechziger Jahre gebaut worden waren, Rolls-Royce-Motoren besaßen. Das würde Plant interessieren.
    «… auf der District, der Circle und der Metropolitan Line wird der Bestand für den Oberflächenverkehr eingesetzt; auf der Northern, der Jubilee …»
    Als er die Jubilee Line erwähnte, leuchteten seine Augen. So wie er den Bau dieser Linie beschrieb, hätte man meinen können, er wäre dabeigewesen.
    Wiggins schien sich prächtig zu unterhalten; seine Liebe zum Detail entsprach der von William F. B. Potts – einer der Gründe, weshalb Jury ihn so unersetzlich fand, vor allem, wenn es darum ging, Protokolle zu schreiben. Als Jury es schließlich an der Zeit fand, den schon fast zehn Minuten währenden Monolog zu unterbrechen, erntete er von Wiggins einen vorwurfsvollen Blick.
    «Das ist ja alles höchst interessant, Mr. Potts. Was wir wollen, hat aber eigentlich eher mit den Bahnhöfen als mit dem Wagenpark zu tun. Wir haben uns an Sie gewandt, weil man uns sagte, daß niemand so gut Bescheid wüßte wie Sie, was die technischen Einzelheiten dort betrifft.»
    Mr. Potts nickte zustimmend; anscheinend hatte er seinem Laster genug gefrönt und war nun gewillt, sich mit Dingen von allgemeinerem Interesse zu beschäftigen. Er fuhr sich mit der Hand durch das spärliche graue Haar, preßte die Fingerkuppen gegeneinander und konzentrierte sich auf Jury.
    «Wenn Sie etwas verstecken müßten, einen relativ kleinen Gegenstand, für den Sie einen sicheren Ort benötigen, einen Ort, an den Sie später zurückkommen können – welche Stelle käme da in einer Underground-Station in Frage?»
    Mr. Potts konnte anscheinend nichts, was mit der Untergrundbahn zu tun hatte, aus der Fassung bringen. Interessiert fragte er: «Wie klein ist der Gegenstand, und wie lange soll er dort bleiben?»
    Jury beschrieb mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis. «Ungefähr von der Größe einer Münze. Wie lange, ist schwer zu sagen. Einen Tag oder auch unbestimmte Zeit.»
    Das war, wie sich von Mr. Potts’ Gesicht ablesen ließ, eine ziemlich harte Nuß. «Sie meinen, der Gegenstand soll so versteckt werden, daß niemand ihn entdeckt, weder zufällig noch nach einer gezielten Suche?» Jury nickte. Mr. Potts dachte eine Zeitlang nach, blickte von Jury auf Wiggins, starrte auf die Plakate an der Wand, öffnete ein paarmal den Mund, um etwas zu sagen, verschluckte aber immer wieder die Antwort und meinte dann schließlich: «Es klingt vielleicht seltsam, aber einen solchen Platz scheint es nicht zu geben, abgesehen vielleicht vom Gitter.»
    «Dem Gitter?»
    Mr. Potts nickte. «Sie haben sie bestimmt auch schon gesehen. Man

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