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Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Titel: Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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bescheiden. Ein Dorfpolizist wie aus dem Bilderbuch.»
    «Polly –»
    Diesmal wurde er von Miss Pettigrew unterbrochen, die mit einem Tablett an ihren Tisch trat, um die Teetasse und den Teller seiner Vorgängerin abzuräumen. Ihre Wangen waren gerötet, und ihre Frisur hatte sich völlig aufgelöst. Es konnte im Dorf passieren, was wollte, Miss Pettigrew war zur Stelle, um mit Tee und Muffins Erste Hilfe zu leisten.
    «Danke, für mich nichts», sagte Melrose, und sie entfernte sich mit ihrem Tablett.
    «Jetzt, wo alles vorbei ist, werden Sie wohl auch unser Dorf wieder verlassen?»
    Obwohl sie ihm endlich das Stichwort für seine Einladung gegeben hatte, war er alles andere als begeistert von dem Ton, in dem sie das sagte. Keine Spur von Trauer oder auch nur von Bedauern.
    «Ja, morgen nach der Beerdigung. Ich dachte, vielleicht könnten Sie mich einmal auf Ardry End besuchen, wenn die Beseitigung der Bodenheims Sie gerade nicht völlig in Anspruch nimmt. Es ist ein hübsches, altes Anwesen und schon seit Jahrhunderten im Besitz der Familie … der Earls von Caverness.»
    Sie brach ein Stück von ihrem Muffin ab und bestrich es mit Butter. «Sie müssen eine Menge Geld haben.»
    «Ja, jede Menge.»
    «Das ist sehr nett von Ihnen, aber ich weiß nicht. Ich gehe eigentlich nie von hier weg. In Gedanken reist es sich am besten, nicht?»
    Er versuchte erst gar nicht, darauf einzugehen. «Wir hatten auch einmal einen Kriminalautor in Long Piddleton, aber er ist weggezogen», fügte Melrose hinzu, um anzudeuten, daß es da eine offene Stelle gab.
    Sie war jedoch offenbar mit ihren Gedanken noch beim Thema Geld.
    «Mich würde interessieren, wieviel ein Polizist eigentlich verdient.» Sie blickte auf ihren Muffin.
    Oh, zum Teufel! dachte Melrose.
     
     
     
    Die Stufen von Stonington erschienen Jury so breit wie ein Wassergraben, und auch die graue Fassade wirkte noch abweisender als bei seinem ersten Besuch. Der Himmel war wie Schiefer; es hatte zwar aufgehört zu regnen, aber von den Bäumen tropfte noch das Wasser, und auf den Rändern der leeren Bodenvasen lag Rauhreif.
    Da Jury sie nicht einfach überrumpeln wollte, hatte er Carstairs gebeten, Jenny Kennington anzurufen und ihr die Geschichte zu erzählen. Pure Feigheit – so zu tun, als sei er nur ein Überbringer von Neuigkeiten, die im Grunde nichts mit seiner Person zu tun hatten.
     
    Sie mußte ihn vom Fenster aus beobachtet haben, denn sie öffnete ihm die Tür, noch bevor er nach der Klinke griff. Sie trug dasselbe wie am Tag zuvor, einen Rock und diesen silbergrauen Pullover.
    «Lady Kennington, ich bin gekommen, um –» Wollte er ihr das Collier auf der Schwelle überreichen?
    «Ich weiß, Inspektor Carstairs hat angerufen. Aber kommen Sie doch rein. Ja, gestern abend rief er an, es war schon ziemlich spät.» Sie sah aus, als hätte sie danach nicht gut geschlafen. «Es ist schrecklich. Ich konnte es einfach nicht glauben … Ich kannte Peter Gere zwar kaum, aber …» Wieder führte sie ihn in die kalt und ungemütlich wirkende Bibliothek, und wieder entschuldigte sie sich wegen der Kälte. «Es ist sinnlos, diese Räume heizen zu wollen. Dazu noch der Umzug und was alles damit zusammenhängt.»
    Die Stühle und das Ledersofa waren verhüllt. «Das lasse ich hier. Es hat mir sowieso nie gefallen.» Neben den Bücherregalen standen Kisten.
    Sie gingen durch den andern, kleineren Raum. Jury verspürte ein leichtes Bedauern, als er den geblümten, chintzbezogenen Sessel nicht mehr vorfand. Es war ihm plötzlich bewußt geworden, wie sehr dieses Bild sich ihm eingeprägt hatte – der Sessel, das Tuch, die Teetasse auf dem Boden. «Wohin ziehen Sie?»
    «Das weiß ich noch nicht. Wir haben einmal in Stratford gewohnt – etwas außerhalb von Stratford, im Avon Valley. Eine Bekannte von mir will ein Haus in der Altstadt verkaufen. Es ist winzig, zwei Zimmer oben, zwei Zimmer unten.» Sie lächelte ein wenig. «Gerade das richtige für mich.»
    «Glauben Sie?» fragte Jury. Er sah nicht sie an, sondern durch die Flügeltür nach draußen. In dem baumlosen Hof hatte sich in dem trockenen Springbrunnen unter der Statue rätselhafterweise ein Haufen Laub angesammelt. Dem Tag schien jede Farbe entzogen. Übrig blieb die eintönige Komposition aus weißem Marmor, grauem Stein und dunklen Blättern.
    Sie gab ihm keine Antwort; vielleicht hatte sie seine Frage für rhetorisch gehalten. Sie führte ihn durch den Speisesaal. Er war unverändert, denn es gab auch

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