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Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Titel: Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd
Autoren: Martha Grimes
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nichts Teures bei Liberty einkaufte. Ich würde auf Verkäuferin tippen. Reichlich mit Schmuck behangen. Wir haben nur eine Sache gefunden, die uns vielleicht weiterhilft.» Carstairs zog einen kleinen Umschlag aus der Tasche und schüttete den Inhalt auf den Tisch. «Mein Sergeant hat mir das gegeben, kurz bevor wir hierher zurückkamen. Eine Tagesrückfahrkarte nach London. Sie steckte im Futter des Mantels; anscheinend ist sie durch ein Loch in der Tasche gerutscht.»
    Jury schaute nach dem Datum – 4. September, vorgestern also. «Demnach war sie keine Einheimische.»
    «Nein, anscheinend nicht.» Irgendwie schien Carstairs das Thema nicht ganz fallenlassen zu wollen; er fügte noch hinzu: «Trotzdem sollten wir diese Möglichkeit nicht völlig ausschließen.»
    «Aber selbst wenn», sagte Wiggins, die Tasse unter der Nase und den Dampf inhalierend, «ist sie doch wohl kaum im Dunkeln auf diesem Weg spazierengegangen? Im Wald? So wie sie angezogen war?»
    Carstairs warf Wiggins einen Blick zu, als wäre er ein Haufen ungewaschener Socken, konnte aber nicht umhin, ihm recht zu geben. «Diese Miss Craigie, die Frau, die sie gefunden hat, meinte, sie müsse in der Mordnacht auf einer Nachtwanderung an der Stelle vorbeigekommen sein.»
    «Um welche Zeit?» fragte Peter Gere.
    «Sie ist sich nicht ganz sicher. Um neun oder halb zehn, vielleicht auch zehn. Auf jeden Fall nach Sonnenuntergang.»
    «Was hat denn sie um diese Zeit im Wald verloren?» fragte Wiggins und reichte Gere seine Tasse zum Nachschenken.
    Peter Gere antwortete: «Eulen. Miss Craigie ist Vorsitzende der hiesigen Gesellschaft der Vogelfreunde. Verbringt sehr viel Zeit im Wald von Horndean. Ein wahres Vogelparadies, sagt sie – hübsch feucht und morastig.»
    «Klingt nicht sehr lustig», sagte Wiggins und zog seine Jacke fester um sich. Der Nachtspeicherofen des kleinen Dienstraums heizte für Wiggins völlig unzureichend. «Also haben wir schon mal eine Person, die sich zum Zeitpunkt des Mordes da draußen aufgehalten hat», sagte er zu Jury.
    Gere lachte. «Na ja, ich muß zugeben, kräftig genug ist sie – aber, Moment mal, Sie denken doch wohl nicht, daß es einer aus dem Dorf gewesen ist?» Mit bekümmertem Stirnrunzeln stopfte er seine Pfeife.
    «Vielleicht nicht, aber Sie hatten hier ja auch ein paar Sachen laufen, Peter. Wie steht’s damit?» Carstairs griff in seine Tasche und warf einen braunen Packen auf den Tisch. «Schauen Sie sich das an, Superintendent.» Er hatte ein geheimnisvolles Lächeln aufgesetzt, als könne er es nicht erwarten, daß Scotland Yard einen Blick darauf warf.
    Es war ein gewöhnlicher brauner Umschlag, der in Hertfield abgestempelt und an die Littlebourner Poststelle geschickt worden war. Jury öffnete ihn und entnahm ihm ein Bündel Briefe, das von einem kleinen Gummiring zusammengehalten wurde. Er ging die Umschläge durch und sagte: «Buntstifte?»
    «Interessant, nicht? Viel schwieriger für die Experten als Tinte oder Schreibmaschine. Die Fachleute konnten noch keinerlei Hinweise geben.»
    Jury öffnete den ersten und las ihn: Er war mit grünem Buntstift geschrieben und an eine Miss Polly Praed, Sunnybank Cottage, adressiert. «Miss Praed scheint die tollsten Sachen anzustellen, ohne daß sie aus dem Haus geht. Drogen, Gin.» Er legte ihn beiseite und nahm sich den nächsten, einen orangefarbenen, an eine gewisse Ramona Wey. «Ziemlich kurz, was?»
    «Und ziemlich harmlos, abgesehen von denen an Augusta Craigie und Dr. Riddley. Mit Buntstiften schreibt es sich auch nicht gut.»
    Augusta Craigies Brief war in Lila geschrieben. «Mrs. Craigie ist keine Kostverächterin. Bis jetzt wurden drei Männer in nacktem bis halbnacktem Zustand bei ihr zu Hause gesichtet.»
    Peter Gere grinste. «Wenn Sie Augusta kennen würden – sie ist Ernestines Schwester –, wüßten Sie, wie unwahrscheinlich das ist. Ich würde sagen, sie war eher stolz auf ihren Brief. Wir haben uns schon gefragt, ob nicht sie die Briefschreiberin war, nur damit sie sich selbst einen schicken konnte.»
    «So was ist ziemlich selten», sagte Jury. «Und irgendwie auch keine Erklärung für die andern Briefe. Die Verfasser anonymer Briefe verschaffen sich damit gewöhnlich ein Gefühl von Macht. Wie Voyeure oder anonyme Anrufer haben sie das Gefühl, das Leben anderer zu beherrschen.» Jury öffnete den nächsten. «Wie ich sehe, haben Sie auch einen gekriegt, Peter.»
    Gere errötete und kratzte sich mit seinem Pfeifenstiel am Nacken. «Einen
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