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Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Titel: Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Gott, ein moralisches Dilemma. Er mußte auf der Hut sein. Er versuchte Zeit zu gewinnen, zündete sich eine Zigarette an, starrte auf die glühende Spitze und sagte: «Das hängt wohl ganz davon ab.» Sie hatte sich wieder in ihren Sitz rutschen lassen, und nur ihre Augen blickten ihn über den Tischrand hinweg an. Er hatte keine Ahnung, von was es eigentlich abhing. «Wenn ich durch mein Schweigen Schaden anrichtete, dann würde ich reden.»
    Die Furchen wurden tiefer. Die falsche Antwort also. Sie stand unvermittelt auf und warf das Buch und die Buntstifte in den Kasten der Bank. «Ich muß jetzt gehen. Aber ich kann Ihnen das Dorf zeigen, wenn Sie wollen.»
    Damit hatte sich die Sache mit dem Geheimnis wohl erledigt. Er erinnerte sich an den angeblichen Grund seines Kommens. «Gibt’s denn hier auch einen Makler?»
    «Ist das jemand, der Häuser verkauft? Ja, gibt es, aber ein Haus kaufen ist doch doof.»
    «Das denkst du. Ich hab vor, mir eines zu kaufen.»
    Daß Melrose ihr erhalten bleiben würde, schien sie nicht besonders zu interessieren. «Da ist Mr. Mainwaring. Ich kann Ihnen zeigen, wo er sein Büro hat. An der Hauptstraße gleich neben dem Süßwarenladen. Es gibt verschiedene Läden dort. Die Post ist auch in einem, aber der ist langweilig. Einer heißt Ginger Nut. Sie verkaufen Klamotten. Im Magic Muffin ist es ganz nett. Und dann gibt’s noch Conckles, den Süßwarenladen.»
    Als sie mit ihm durch die Bar ging, sagte er: «Kann man bei Mrs. O’Brien auch essen?»
    «Ja. Sie hat heute was für den Sergeant gekocht. Ochsenschwanzsuppe.»
    «Du bist ja wirklich auf dem laufenden.»
    «Sie wollen heute nacht zurückkommen, hat Mary gesagt. Sie sind bestimmt sein Freund?»
    Melrose blieb bei der Tür stehen und starrte sie an. Fiel sie denn auf keine List herein? «Das eigentlich nicht, ich hab nur gehört, daß er –»
    Sie tanzte jedoch schon mit ihren seitlichen Schritten das Trottoir entlang. Er kam an dem unmöglichen Willow Cottage vorbei, das wirklich nur ein Haufen weißgetünchter Steine mit einem Gitter verblühter Rosen davor war. Sie war schon drei Türen weiter, als Melrose ihr nachbrüllte: «Vergiß nicht, daß wir zu dem Makler wollen!»
    Es war jedoch schon zu spät; sie war bereits durch die Tür des Ladens mit dem Erkerfenster getanzt; das Schild besagte:
    CONCKLES – SÜSS- UND TABAKWAREN.
    «Du irrst dich», sagte Melrose auf der Schwelle zu Conckles, «wenn du glaubst, du könntest mich weiter erpressen.»
    Sie irrte sich jedoch nicht.
     
     
     
    Freddie Mainwaring hatte es sich in seinem ledernen Drehsessel bequem gemacht und schien es als einen gelungenen Witz zu betrachten, daß gerade er etwas mit Immobilien zu tun haben sollte. Sein Verhalten änderte sich jedoch, als Melrose erwähnte, was er ins Auge gefaßt hatte.
    «Stonington?» Der Drehsessel kam abrupt zum Stillstand, und Mainwaring blätterte einen Stapel Karteikarten durch. «Sie wird wahrscheinlich noch etwas runtergehen; sie braucht das Geld.»
    Diese Bemerkung kam Melrose sehr unprofessionell vor. Er fragte sich, wessen Seite der Mann vertrat. Mainwaring machte ihn nervös; er hatte ein gepflegtes, ansprechendes Äußeres und so einschmeichelnde Umgangsformen, daß er bei den Frauen bestimmt immer Hahn im Korb war. Das Foto auf dem Schreibtisch zeigte wohl seine Ehefrau; sie sah aus wie mit Karamelmasse überzogen: Make-up, hochgetürmte und mit Haarspray fixierte Locken. Kinderfotos waren nicht zu sehen.
    «Das Gut gehörte Lord Kennington. Er ist vor ein paar Monaten gestorben, und seine Witwe lebt nur noch mit ein oder zwei Dienstboten dort. Zweihundertfünfundzwanzig will sie haben.»
    Melroses wegwerfende Handbewegung besagte, daß Geld keine Rolle spielte. «Ich brauche ziemlich viel Platz.» Während Mainwaring über Salons, Empfangsräume, Parkett, Küchen und Badezimmer, Koppeln und Nebengebäude, Grenzen und Mauern sprach, zerbrach Melrose sich den Kopf, wie er das Gespräch auf den Mord bringen könne. «Ja, das klingt ganz gut. Ich möchte nämlich etwas näher bei London wohnen, Northants ist wirklich zu abgelegen. Geschäftliche Angelegenheiten …» Er wußte nicht, was er zu diesem Thema noch sagen sollte. Der letzte Handel, den er abgeschlossen hatte, lag ein paar Jahre zurück – er hatte damals seinen Jaguar gegen einen Bentley eingetauscht. Melrose erinnerte sich, daß er seinen Rolls in der Nähe des Bodenheimschen Besitzes geparkt hatte.
    «Ich könnte Lady Kennington sofort anrufen und

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