Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd
mit ihr einen Termin vereinbaren.» Mainwaring streckte den Arm nach dem Telefon aus. «Wann möchten Sie es anschauen?»
Melrose war schon drauf und dran gewesen, jetzt zu sagen, dann erinnerte er sich jedoch, daß er nicht das geringste Interesse hatte, etwas zu kaufen – und daß er, wenn er nicht aufpaßte, sowohl Stonington als auch Willow Cottage am Hals hätte. «Lassen Sie mich überlegen. Heute muß ich noch einiges erledigen. Morgen ist Sonntag, und … nein, morgen geht’s auch nicht. Wie wär’s mit Montag?»
«Montags fahre ich nach London … Ich weiß nicht, ob das so günstig ist.»
«Machen Sie sich keine Sorgen. Dienstag ist ausgezeichnet.» Bis dahin würde Jury alles erledigt haben. «Das Dorf ist wirklich sehr hübsch.»
«Es erfreut sich zumindest großer Beliebtheit. Nahe an London und trotzdem noch sehr ländlich, so etwas ist natürlich begehrt.»
Melrose hatte sich auf einen längeren Vortrag gefaßt gemacht und war überrascht, als Mainwaring es dabei beließ und sich nicht weiter über Littlebournes ländliche Reize ausließ. «Also ein Ort, wo nie etwas geschieht.»
«Das würde ich nicht sagen.» Mainwaring lehnte sich grinsend zurück. «Wie kommt es, daß Sie in der Viertelstunde, die Sie hier sind, noch nichts von der Frau gehört haben, die hier im Wald gefunden wurde? Ermordet.»
«Allmächtiger! Deshalb dieser Polizeiwagen auf der Straße von … wie heißt die nächste Stadt?»
«Horndean. Im Wald von Horndean wurde sie gefunden. Wir nennen ihn zumindest so. Der größere Teil gehört zu Littlebourne. Ich frage mich, ob sie uns zufällt oder denen.»
Eine sarkastische Weise, über einen Mord zu sprechen, dachte Melrose.
«Erstaunlich, daß Emily Louise Ihnen das noch nicht erzählt hat.»
«Emily Louise?»
«Die Kleine, die mit Ihnen hierhergekommen ist. Emily Perk.» Mainwaring schien ihn etwas mißtrauischer zu betrachten. Melrose hoffte, er würde sich nicht als zu scharfsinnig entpuppen. Nach einer halben Stunde mit Emily Perk hatte er sein Selbstvertrauen verloren.
«Ja, sie hat irgend etwas dahergeplappert, aber ich habe nicht richtig zugehört. Muß ja eine Plage für ihre Mami, ich meine, für ihre Mutter sein.»
«Hört und sieht alles. Und ist auch überall dabei.» Ein Schatten flog über Mainwarings Gesicht, als wäre Emily zur falschen Zeit und am falschen Ort aufgetaucht.
Melrose wollte gerade wieder auf den Mord zu sprechen kommen, als die Tür aufgestoßen wurde und zwei Frauen hereinkamen. Die eine war hager und mausfarben; die andere groß, stämmig, grauhaarig und offensichtlich die Wortführerin.
«Ah! Da sind Sie ja, Freddie … Oh, Sie sind gerade beschäftigt.» Es folgte eine vage, nicht sehr aufrichtig klingende Entschuldigung. «Ich möchte Ihnen nur das hier geben und mich vergewissern, ob Sie am Montag in einer Woche mitkommen.» Sie zog ein Blatt aus dem Papierstoß auf ihrem Arm und legte es auf Mainwarings Schreibtisch. Eine politische Aktivistin? fragte sich Melrose. «Betsy soll auch kommen, falls sie bis dahin wieder zurück ist. Keine Ausreden bitte! Sie und Miles bilden ein Team; ich möchte immer zwei losschicken, auf diese Weise können wir den Wald gründlich inspizieren.» Nein, nicht politisch, aber doch sehr aktiv. Melrose blickte auf das Blatt Papier und sah die bunten Linien einer Lageskizze. «Wir treffen uns bei Spoke Rock und gehen dann jeweils zu zweit los. Ziehen Sie Ihre Gummistiefel an oder besser noch Ihre Anglerstiefel; Sie wissen ja, wie sumpfig es dort um diese Jahreszeit ist, und der Bach ist durch den Regen bestimmt noch etwas angestiegen. Das Tüpfelsumpfhuhn ist äußerst scheu und vorsichtig, ich hab’s aber so geplant, daß wir überall hinkommen, wenn die Teams zusammenbleiben und die vorgesehenen Routen einhalten.» In ihrem Ton lag eine deutliche Warnung, als seien ihre Pläne schon einmal auf Grund mangelnder Sorgfalt durcheinandergekommen. «Sie und Miles folgen der gelben Route. Sie führt von Spoke Rock zu Windy Hill hinüber und um das Moor herum. Schauen Sie, hier.» Sie stieß mit einem gedrungenen Finger auf das Blatt. «Wir treffen uns um fünf, und ich möchte, daß alle da sind, und zwar pünktlich.» Melrose befürchtete, daß sie fünf Uhr morgens meinte, denn um die Cocktailzeit machte wohl niemand auf ein Tüpfelsumpfhuhn Jagd. Die Frau war von einer Robustheit, die ihm auf die Nerven ging, und ihre Stimme dröhnte aus Lungen, die unerschöpflich zu sein schienen. Ihrer Begleiterin
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