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Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Titel: Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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ihre Hacken trommelten noch schneller gegen das Holz.
    «Na, wer ist denn ermordet worden?» Austern mit einem Streichholz zu öffnen ist einfacher, dachte er, als er ihr betont gleichgültiges Gesicht sah.
    Sie hatte aus der Chipspackung einen Papierflieger gemacht, den sie durch den Raum sandte. «Mami möchte nicht, daß ich darüber spreche.»
    Er war überzeugt, daß sie sich das gerade eben ausgedacht hatte. Melrose ließ fünfzig Pence auf den Tisch fallen und sagte: «Dann doch noch eine Tüte Chips.»
    Sie schnellte hoch, sauste zur Bar und kam mit einer neuen Packung zurück. «Ganz schön gruslig, dieser Mord.»
    «Morde sind immer gruslig. Was war an diesem denn so besonders gruslig?»
    Sie hielt ihre kleine, durchscheinende Hand hoch; in dem staubigen Licht des späten Nachmittags schimmerten die Nägel wie Opale. «Die Finger wurden ihr abgehackt.»
    Melrose mußte ihr recht geben. Das war tatsächlich gruslig.
    «Keiner weiß, wieso sie in dem Wald war. Es war keine Frau aus dem Dorf; sie denken, sie ist vielleicht aus London hierhergekommen. Die Leute hier gehen nicht im Wald spazieren, nur die Vogelbeobachter sind so doof. Manchmal reite ich mit Shandy da durch. Mögen Sie Pferde?»
    «Nein. Na doch. Oh, ich weiß nicht. Wahrscheinlich.»
    «Sollten Sie aber. Pferde sind viel besser als Menschen.» Sie musterte ihn von oben bis unten, als kenne sie mindestens einen, der sich mit Pferden nicht messen konnte.
    «Diesen Kriminalbeamten von Scotland Yard, hast du den gesehen?»
    «Nein.» Sie war beinahe völlig unter den Tisch gerutscht, so daß er nur noch den gelben Haarschopf und den Arm mit dem Flieger aus der zweiten Chipspackung sehen konnte. «Ich hab Durst; muß von dem Salz kommen.»
    «Was möchtest du denn, ein Guiness?»
    «Zitronenlimonade.»
    Erneut wechselte Geld in ihre Hände. Mit ein paar seitlichen Schritten tänzelte sie zur Bar und hinter den Tresen und klapperte mit Flaschen und Gläsern.
    «Vielleicht hab ich ihn doch gesehen», sagte sie, als sie zum Tisch zurückgetänzelt kam. «Ich glaube, sie übernachten hier. Er und der andere Kriminalbeamte.» Sorgfältig füllte sie ihr Glas mit Zitronenlimonade. Sie hätten ganze Tage hier verbringen können, mit Chips, Cockburn’s Very Dry und Zitronenlimonade, ohne daß es bemerkt worden wäre. Er blickte aus dem unterteilten Fenster und sah die verwelkten Blütenblätter der Rosen vorbeiwirbeln. Sonst rührte sich nichts.
    «Vielleicht kriegt er auch raus, wer diese Briefe geschrieben hat.» Sie hatte den Sitz der Bank hochgeklappt und wühlte in dem Kasten.
    «Was für Briefe?»
    «Gemeine Briefe», ließ sich ihre Stimme aus dem Innern des Kastens vernehmen.
    Das ließ Melrose aufhorchen. Jury hatte ihm keine Einzelheiten erzählt. «Großer Gott, in euerm Dorf ist ja einiges los.»
    Als sie sich mit einem Malbuch und einer Schachtel Buntstifte an den Tisch setzte, sagte sie: «Ich hab meine Mami gefragt, was da drinstand, aber sie hat gesagt, ich soll nicht darüber sprechen.» Sie saugte mit ihrem Strohhalm die letzten Tropfen Zitronenlimonade aus und machte dabei gurgelnde Geräusche auf dem Boden ihres Glases. «Sie waren alle in Farbe.» Sie schlug eine Seite mit einer Waldidylle auf und fing an, eines der Rehe blau auszumalen.
    «Hast du gesagt, daß diese, hmm, diese gemeinen Briefe in Farbe geschrieben waren?» Sie nickte. «Wirklich komisch, das.» Sie nickte wieder und machte sich mit ihrem blauen Buntstift an das nächste Reh. Irritierend, wie sie sich einfach über alle Konventionen wegsetzte. «Und sonst weißt du nichts darüber?»
    «Worüber?»
    «Über die Briefe. » Sie schüttelte den Kopf. Als sie mit den beiden Rehen fertig war, nahm sie einen roten Stift und zog einen dicken, krummen Strich, der quer über den Waldboden verlief. Sie betrachtete ihr Werk und hob es hoch, damit Melrose es begutachten konnte. «Sieht das aus wie ein Bach?»
    «Nein. Ein Bach ist nicht rot.»
    «Es könnte ein Bach voller Blut sein, oder?»
    «Blut? Ein gräßlicher Gedanke.» Sie starrte auf das Blatt, ihr spitzes Kinn zwischen den Fäusten. «Wie kommst du denn auf so was?»
    «Sie haben gesagt, das Wasser sei ganz rot gewesen an der Stelle, wo sie sie gefunden haben. Haben Sie Geheimnisse?»
    In den Furchen auf ihrer Stirn hätte man Bohnen pflanzen können, so tief waren sie. «Geheimnisse? Ah, ja doch, ich glaube schon.» War das die richtige Antwort?
    Sie musterte ihn streng. «Würden Sie die jemandem erzählen?»
    Großer

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