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Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Titel: Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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brauste die Hauptstraße hinunter. Als er außer Sichtweite war, schlich Emily sich auf die Wache zurück, holte den Plan aus dem Papierkorb und glättete ihn sorgfältig.
    Auf dem Weg nach Rookswood schaute sie noch bei Polly Praed vorbei und war sehr viel zufriedener mit dem Empfang, der ihr dort zuteil wurde. Polly hatte sie sogar einmal nach London in den Zoo mitgenommen und ihr erlaubt, mit der Underground in der ganzen Stadt herumzufahren.
    In der Küche von Rookswood wurde sie noch freundlicher empfangen: Gleich mehrere frische Sahnetörtchen wurden ihr aufgedrängt, damit sie ihre Geschichte erzählte.
     
     
     
    Durch die angelehnte Stallt ü r fiel ein schmaler, nicht sehr heller Lichtstrahl in Shandys Box, wo Emily gerade absattelte. Sie war zwanzig Minuten lang mit ihrem Pony ausgeritten – bis die Sahnetörtchen in ihrem Bauch zu rumoren anfingen. Dann war sie wieder in den Stall zurückgekehrt.
    Als sie die Gurte löste, ging die Stalltür langsam zu, und es gab überhaupt kein Licht mehr.
    Nichts war dunkler als der Stall bei Nacht und bei geschlossener Tür. Keine Fenster, keine Ritzen zwischen den Brettern, keine Astlöcher, durch die Licht hätte dringen können. Der Stall war so solide gebaut wie ein Haus. Und sie hatte erst gar nicht das elektrische Licht angeschaltet, weil sie sich in diesem Stall auskannte wie ein Blinder in seinem Zimmer.
    In ihrem eigenen Zimmer hatte sie schon ab und zu Angst, wenn sie allein im Dunkeln lag, aber im Stall war ihr das noch nie passiert, er war immer ein Zufluchtsort für sie gewesen.
    Aber jetzt fürchtete sie sich.
    Jeder, der einen triftigen Grund hatte, nachts hier aufzutauchen, würde nicht einfach die Tür zufallen lassen, sondern erst das Licht anschalten, und vor allem würde er sich nicht so lautlos hereinschleichen. Die Stille, die nach dem Knall, mit dem die Tür zugefallen war, und dem erschreckten Scharren der Pferde herrschte, war undurchdringlich. Außer dem raschelnden Geräusch der Hufe, dem leisen Wiehern und Schnauben war nichts zu vernehmen.
    Emily wollte schon rufen: Wer ist da? , aber der Instinkt riet ihr, den Mund zu halten. Regungslos stand sie mit dem Tuch da, mit dem sie das Zaumzeug abgewischt hatte, und lauschte auf die Schritte im Stall. Wenn sie sich nur aus Shandys Box zu den Fässern hinüberschleichen könnte … Katie hatte immer gesagt, sie erinnerten sie an Ali Babas Schatzhöhle. Nein, besser nicht, wer immer sich da herumschlich, er würde bestimmt in den Fässern nach ihr suchen – nach ihr ? Wer suchte denn schon nach ihr? Die Schritte schienen rasch näher zu kommen, an den Boxen entlang. Emily hörte, wie die Riegel an den Türen vorgeschoben wurden – an der ersten, der zweiten, der dritten.
    Jemand verriegelte die Türen, sperrte die Pferde ein. Sperrte sie ein. Weiter hinten mußte eine elektrische Taschenlampe angeschaltet worden sein, denn auf den Brettern und der Decke war das Spiel von Lichtreflexen zu sehen.
    Warum wurde sie eingesperrt?
    Sie hörte die Tür am andern Ende quietschen – wahrscheinlich an der Box der alten Nellie – und das Wiehern des Pferdes. Aus Protest gegen den Eindringling. Auch diese Tür wurde zugeschlagen. Und wieder dieses Geräusch eines Riegels, der vorgeschoben wurde.
    Sie preßte die Knie gegen die Brust und wagte kaum zu atmen. Dieselbe Abfolge von Geräuschen ließ sich vernehmen: Tür auf, das Scharren von Hufen, Tür zu, ein Riegel, der vorgeschoben wurde. Auch bei Jupiters Box.
    Im ganzen gab es sieben Boxen, drei davon waren leer.
    Sie wußte nun, was da vor sich ging: Wer immer das war – er hatte es auf sie abgesehen, und um zu verhindern, daß sie sich durch die äußere Stalltür in die pechschwarze Nacht hinausschlich, hatte er die Riegel an den andern Boxen vorgeschoben und inspizierte nun eine nach der andern. Inzwischen war er schon wieder eine näher gekommen.
    Sie konnte nicht hinaus. Mit fest geschlossenen Augen dachte sie angestrengt nach. Am liebsten wäre sie einfach reglos sitzen geblieben, in der Hoffnung, daß der dünne Lichtstrahl über sie hinwegginge, daß er sie für einen Sack Futter hielte.
    Die vierte Box wurde geöffnet, ausgeleuchtet und verriegelt.
    Ganz langsam ging sie in die Hocke, richtete sich dann ganz auf und glitt lautlos zu Shandy hinüber. Sie hielt sich an seiner Mähne fest und schwang sich auf den Rücken des Ponys. Shandy schnaubte ein paarmal, aber das war nichts im Vergleich zu dem Lärm, den die andern Pferde machten, wenn

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