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Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Titel: Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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auch an die Palmers. Aber bei ins einzelne gehenden Fragen mußte sie passen. Der Abend sei sehr schön gewesen, das Menü habe hervorragend geschmeckt, und alle hätten sich großartig amüsiert. Aber ob Ballard nun viel oder wenig gegessen beziehungsweise getrunken habe, wüßte sie nicht zu sagen, sie hätte einfach nicht darauf geachtet. Wofür sie sich jedoch verbürgen könne, sei, daß er hinterher mit ihr zusammen zurück zur Dependance gegangen sei. Er habe ihre Schulter umfaßt und seine braungefärbte Hand (er sei ja als Rasta verkleidet gewesen) habe auf ihrem hellen Mantel einen Fleck hinterlassen. Ob Lewis den auch sehen wolle? Lewis nickte, und sie lief eifrig hinaus, um den Mantel zu holen.
    Morse hatte gegen Ende der Befragung anscheinend das Interesse verloren und gelangweilt in einem dicken Bildband mit dem Titel Die Landschaft des Thomas Hardy geblättert. Doch plötzlich legte er das Buch beiseite und sagte:
    «Würden Sie Mrs. Ballard wiedererkennen, wenn Sie sie träfen?»
    «Ich - äh, ich weiß nicht so genau. Äh, sie trug ja einen Tschador, und ich habe von ihrem Gesicht nur die Augen gesehen...»
    «Hat sie denn nichts gegessen?»
    Helen zögerte, etwas eingeschüchtert durch seinen schroffen Ton. «Doch, doch schon.»
    «Mit verhülltem Gesicht?»
    Und plötzlich fiel es ihr wieder ein: «Sie muß das Tuch etwas beiseite geschoben haben, um essen zu können. Ich weiß jedenfalls, daß ich ihr Gesicht gesehen habe; ich habe mich noch gewundert, weil ihre Haut zwischen der Oberlippe und der Nase etwas geschwollen war, sie hatte dort so kleine rote Pünktchen...»
    Während ihrer letzten Worte hatte es um ihren Mund zu zucken begonnen; die Befragung, erst durch Lewis, dann durch Morse, hatte ihr offenbar doch sehr zugesetzt, und im nächsten Moment schlug sie die Hände vors Gesicht und begann haltlos zu schluchzen.

    Nachdem sie Helen Smith verlassen hatten und wieder im Wagen saßen, wollte Lewis von Morse wissen, ob es nicht vielleicht doch klüger gewesen wäre, sie zur weiteren Befragung gleich mitzunehmen. Doch Morse schüttelte den Kopf. Das halte er nun doch für übertrieben. Verglichen etwa mit Marcinkus & Co. von der Vatikan-Bank seien John und Helen Smith doch geradezu Heilige.
    Kurz nachdem sie von der Autobahn auf die A 34 abgebogen waren, brachte Morse die Rede erneut auf Helen Smiths merkwürdige Beobachtung in bezug auf Mrs. Ballards gerötete Oberlippe.
    «Wie sind Sie bloß darauf gekommen, Lewis?» erkundigte er sich.
    «Es liegt daran, daß ich verheiratet bin, Sir; meine Frau hat ähnliche Probleme, und dann kennt man sich eben mit so etwas aus. Die meisten Frauen wollen, wenn sie verreisen, möglichst hübsch aussehen, und wenn dann über der Oberlippe oder am Kinn ein paar Haare sprießen... Dunkle Haare sind natürlich besonders auffällig.»
    «Aber Ihre Frau ist doch blond!»
    «Ja, schon, aber es stört sie trotzdem. Und deswegen geht sie eben zu diesen Kosmetik-Instituten wie dem Tao und läßt sich dort behandeln. Das Verfahren nennt sich Elektro-Haarentfernung oder auch elektrische Epilation. Sie stechen mit einer Nadel in den Haarkanal und veröden die Wurzel, so daß das Haar nicht mehr nachwächst. Ist übrigens ziemlich teuer, das Ganze.»
    «Aber da Sie ein reicher Mann sind, können Sie es sich natürlich ohne weiteres erlauben, daß Ihre Frau einen Schönheitssalon aufsucht.»
    «Ohne weiteres nicht, aber es geht schon.»
    Aus einem plötzlichen Impuls heraus trat er das Gaspedal durch, schaltete den Blinker ein und schwang den Wagen mit hundert-fünfzig Stundenkilometern auf die rechte Spur und setzte sich frech an die Spitze einer Kolonne von etwa einem Dutzend Lieferwagen und anderen Autos, deren Fahrer, als sie im Rückspiegel das weiße Polizeifahrzeug hatten herankommen sehen, vorsichtshalber auf die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit heruntergegangen waren.
    «Die Behandlung», fuhr Lewis sachkundig fort, «hinterläßt für ein paar Tage eine leichte Rötung, die Haut über der Oberlippe soll besonders empfindlich sein, manchmal gibt es dort eine allergische Reaktion, die Haut schwillt an, und es juckt...»
    Aber Morse hörte ihm gar nicht mehr zu. Nicht nur seine Oberlippe, sein ganzer Körper juckte vor Aufregung, und während Lewis, getrieben von der Aussicht, nach Hause zu kommen, noch ein wenig fester aufs Gaspedal trat, verzog sich sein Mund zu einem geradezu seligen Lächeln.

    Sein Zimmer im Präsidium in Kidlington erschien Morse im

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