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Instinkt

Instinkt

Titel: Instinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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uns. Wo ist Kent?«
    »Ich weiß es nicht. Ehrlich.«
    Mrs. Gore trat zu ihnen, die Angst in ihrem Gesicht war einem unbändigen Zorn gewichen.
    »Was hast du getan, Anthony? Was hast du getan, du Schwein? Da hast alles kaputtgemacht. Alles. Du hast uns zerstört.«
    Tina gab Grier einen Wink. Grier verstand und führte Mrs. Gore sanft ins angrenzende Zimmer. Dann ließ Tina Gore los, und einen Moment lang standen sie einander von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Aber das Blatt hatte sich gewendet. Und das wussten sie beide.
    »Erleichtern Sie Ihr Gewissen. Sagen Sie mir die Wahrheit.«
    Sekundenlang starrte er schweigend ins Leere, schließlich schloss er die Augen und seufzte. »Okay, ich sage es Ihnen.«

NEUNUNDVIERZIG
    Sie gingen zurück ins Arbeitszimmer und nahmen wieder dieselben Plätze ein. Kurz darauf gesellte sich auch Grier zu ihnen.
    »Wie geht es meiner Frau?«, fragte Gore.
    »Kocht vor Wut«, erwiderte Grier brüsk, um Gore auch nicht den kleinsten Trost zu gewähren.
    Tina gefiel diese Antwort. Es war entscheidend, Gore so weit wie möglich zu verstören, damit er nicht sein altes Selbstbewusstsein zurückgewann.
    »Ich denke, es ist an der Zeit, dass Sie reden, Herr Minister«, forderte sie ihn auf und schaltete heimlich das digitale Aufnahmegerät in ihrer Tasche ein.
    Gores Haltung hatte sich völlig gewandelt. Zusammengesunken saß er in seinem Sessel, seine Gesichtsfarbe hatte ein ungesundes Grau angenommen. Er räusperte sich und begann:
    »Mein Verhältnis mit Roisín war äußerst leidenschaftlich. Das ging schon einige Monate so. Wir sahen uns nicht sehr häufig, meist nur einmal die Woche. Ich muss gestehen, ich hatte starke Gefühle für sie. Sie war ein temperamentvolles Mädchen mit einer Lebensfreude, die ich in den letzten Jahren mehr und mehr vermisst hatte. Unglücklicherweise wurde Roisín im Laufe der Zeit immer besitzergreifender. Ich sollte Jane verlassen. Ich lehnte das ab. Ich wusste um den Skandal, den so eine Affäre auslösen würde. Ich versuchte, Roisín klarzumachen, dass ich ihr ungeachtet meiner starken Gefühle nur ein gewisses Maß an Zeit schenken konnte und dass ihr nichts anderes übrigblieb, als es zu akzeptieren. Aber das wollte sie nicht. Wir stritten uns, und sie reagierte mehr und mehr verbittert. Eines Abends drohte sie dann, alles Jane zu erzählen. Wie Sie sich vorstellen können, flehte ich sie an, es nicht zu tun, und schließlich brachte ich sie zur Vernunft, und sie willigte ein. Allerdings wir mir da bereits klargeworden, dass mir nur noch die Möglichkeit blieb, unsere Beziehung zu beenden. Ich brauchte einige Tage, um den Mut dafür aufzubringen, und Roisín machte mir es nicht gerade einfacher, denn sie rief mich ununterbrochen an und hinterließ Nachrichten auf meiner Mailbox. Einige davon waren Liebesschwüre, wie sehr sie es vermisste, mit mir zusammen zu sein. Andere waren wütende Tiraden, in denen sie mir unterstellte, mich nicht mehr für sie zu interessieren und dass ich sie nicht so einfach kaltstellen könnte, dass sie das nicht hinnehmen würde. Eines Abends schließlich ging ich in ihre Wohnung, wo wir uns meist getroffen hatten, und erklärte ihr, es sei vorbei. Ich entschuldigte mich, als verheirateter Mann überhaupt eine Beziehung zu ihr begonnen zu haben, und bat sie um meiner Frau willen, ihr nichts zu erzählen. Ich glaubte aufrichtig, sie gäbe mich frei. Wenn schon nicht um meinetwillen, dann um Janes willen. Aber ich hatte mich geirrt. Sie wurde hysterisch und schlug mich ins Gesicht.«
    Er hielt ein paar Augenblicke inne und schüttelte langsam den Kopf.
    »Wir hatten beide etwas getrunken, und ich habe die Beherrschung verloren. Ich schlug zurück, und sie drohte damit, mich anzuzeigen. Dann ging sie wieder auf mich los …«
    Er seufzte und rieb sich die Stirn.
    »Wir rangelten. Es war wie in einem surrealen Nebel, und plötzlich … Ich erinnere mich erst wieder, als sie auf dem Bett lag und sich nicht mehr rührte.«
    Wie um Vergebung bittend blickte er zur Decke.
    »Ich wollte es nicht glauben. Ich fühlte ihren Puls, versuchte, sie wiederzubeleben, aber es war zu spät. Sie war tot.«
    Flehentlich richtete er seinen Blick auf Tina.
    Sie schenkte seiner Version wenig Glauben. Vielleicht hatte er nicht beabsichtigt, Roisín zu ermorden, aber nachdem sie gesehen hatte, wie er seiner Frau gegenüber die Beherrschung verloren und sie geschlagen hatte, war sie ziemlich sicher, dass er der Aggressor gewesen war. Allerdings

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