Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Instinkt

Instinkt

Titel: Instinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
Vom Netzwerk:
gegen eine Wand fuhr.
    »Sir«, meldete er sich plötzlich, »ich glaube, es ist besser, wir gehen jetzt.«
    »Wir gehen, wenn ich es sage.«
    »Sie verlassen sofort mein Haus. Sofort!«
    »Sie sind erledigt, Herr Minister.«
    Gore kam um den Schreibtisch herum, sein Selbstbewusstsein war zurückgekehrt. »Dazu hast du nicht die Macht, du kleine Schlampe«, zischte er und schob sich so nahe an sie heran, dass ihre Gesichter nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren. »Kapier endlich, mit wem du es zu tun hast. Ich bin der Innenminister. Ich bin einer von den paar Leuten, die in diesem Scheißland das Sagen haben. Du dagegen bist bloß eine …« Er hielt einen Augenblick inne, ehe er den Rest des Satzes ausspuckte. »Eine miese kleine Bullette, die glaubt, sie wäre Robocop. Du bist ein Nichts. Ich werde mit deinem Vorgesetzten reden. Es interessiert mich einen Scheiß, wer du bist oder was du getan hast. Dafür wirst du bezahlen. Kapiert? Du bist deinen Job los und deine Pension auch. Dafür werde ich sorgen.«
    Tina spürte, wie Wut und Zorn in ihr aufstiegen. Am liebsten hätte sie diesem Lackaffen die Faust ins Gesicht geschlagen. Sie wusste, dass er es war. Darauf hätte sie ihr Leben verwettet. »Sie können mich nicht aufhalten«, entgegnete sie kalt und hielt seinem Blick stand. Sie legte ihre ganze Entschlossenheit in ihre Antwort, um ihm zu zeigen, dass sie nicht aufgeben würde. »Außer Sie lassen mich auch umbringen. Wie die anderen. Aber das würde ich Ihnen nicht raten. Wenigstens nicht, solange ein Zeuge anwesend ist.«
    Gore lief dunkelrot an und starrte sie mit animalischer Wut an. Tina konnte sogar hören, wie er mit den Zähnen knirschte. Er wollte ihr wehtun, sie spürte seinen Hass körperlich und versuchte, ihn dazu zu bringen, sie zu attackieren, damit sie ihn festnehmen durfte.
    Na komm schon, du Wichser, los, schlag mich. Leg mir doch deine scheißmanikürten Hände um den Hals und drück zu, wie bei Roisín. Gib mir die Chance, dir den Arm umzudrehen und deine Fresse auf deinen antiken Schreibtisch zu knallen und deiner Karriere ein für alle Mal ein Ende zu setzen.
    Doch so dumm war Anthony Gore nicht. Schwer atmend wich er vor ihr zurück und wandte sich an Grier. »Falls Sie wissen, was gut für Sie ist, Officer, nehmen Sie Ihre Kollegin mit und verlassen auf der Stelle mein Haus. Und machen Sie sich keine Gedanken, dass sie Ihr Boss ist. In fünfzehn Minuten ist sie Ihr Boss gewesen. Sie ist erledigt. Ich bin bereit, Ihren Anteil an diesem verleumderischen Schauspiel zu übersehen, denn sie hat Sie ja wohl gezwungen, mit hierherzukommen. Aber nur, wenn Sie ohne Umschweife gehen. Andernfalls ziehe ich Sie beide zur Rechenschaft.«
    Grier sah Tina mit stummer Verzweiflung an. »Kommen Sie, Ma’am, hier können wir nichts mehr tun.«
    Einen Augenblick lang blieb Tina regungslos stehen. Sie wusste, sie hatte ihr Blatt überreizt und die Schlacht verloren. Grier legte ihr die Hand auf den Arm und schob sie sanft zur Tür. Diesmal widersetzte sie sich nicht, versuchte aber, ihre Haltung zu bewahren, während sie ohne einander anzusehen zur Tür gingen. Allerdings glaubte sie nicht, dass sie eine besonders gute Figur dabei machte.
    Doch als Grier ihr die Tür aufhielt, um sie hinausgehen zu lassen, blieb sie unvermittelt stehen. Vor ihr stand, im Nachthemd, eine zierliche Frau in den Fünfzigern. Ihr Gesicht war zu einer tränenüberströmten Maske des Schreckens erstarrt. Eine Woge der Hoffnung durchflutete Tina, denn eines war unverkennbar klar: Mrs. Gore hatte eine Todesangst.

SIEBENUNDVIERZIG
    »Keine Bewegung«, sagte Dougie MacLeod. »Oder du bist tot.«
    Ich war so erstaunt, dass mich mein alter Mentor und der Chef einer Londoner Mordkommission mit dem Tode bedrohte, dass ich seinen Befehl missachtete und mich herumdrehte.
    Dougie stand im Türrahmen und zielte mit einem schwarzen Revolver auf mich. Er trug Freizeitkleidung, Jeans und Sweatshirt, aber sein Gesicht war so von Anspannung verzerrt, wie ich es noch nie gesehen hatte.
    Als er sah, dass ich es war, ließ er die Waffe sinken. »Was zum Teufel treibst du hier, Sean?«
    »Du hast nicht aufgemacht.«
    »Da hast du gedacht, du kannst einfach so hier reinmarschieren?«
    »Ich brauche Hilfe, Dougie. Dringend.«
    MacLeod seufzte. »Das ist kein guter Zeitpunkt, Sean. Wir haben einen Notfall.«
    »Was für einen Notfall?«, wollte ich wissen, während Enttäuschung und Verbitterung in mir hochstiegen. Ich hatte mehr von ihm

Weitere Kostenlose Bücher