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Instinkt

Instinkt

Titel: Instinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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Gebäudes in King’s Cross deponieren.«
    »Hattest du Gelegenheit, dir anzusehen, was darauf ist?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, die Entführer sagten, wenn ich das tue, bringen sie Billy um. Das Risiko durfte ich nicht eingehen. Ich habe ihre Anweisungen bis ins Kleinste befolgt. Man sagte mir, sobald sie den Stick hätten, würde man mich anrufen und mir mitteilen, wo und wie ich Billy abholen könnte. Ich habe das Scheißding vor Stunden deponiert und immer noch keine Nachricht bekommen. Als ich dich unten herumschleichen hörte, wusste ich nicht, was ich davon halten sollte, also holte ich den Revolver. Das Ding habe ich noch aus meiner Armeezeit.« Er seufzte. »Was soll ich bloß machen, Sean? Es geht um meinen Sohn. Seit Marion tot ist, habe ich nichts mehr außer ihm.«
    Er musste sich zwingen, die Tränen zurückzuhalten und atmete laut ein und aus.
    Ich legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm. »Du hast getan, was sie wollten, es gibt also keinen Grund, dass sie ihm etwas antun.«
    »Vielleicht hat er ihre Gesichter gesehen«, erwiderte er und entzog sich meiner Berührung. »Die können ihn einfach umbringen. Das weißt du so gut wie ich.« Er wandte sich ab und ging unruhig im Zimmer auf und ab. »Du hast gesagt, du weißt etwas über den Kent-Fall. Was?«
    Ich erzählte ihm alles. Ich begann damit, wie ich Wolfes Crew infiltrierte und endete damit, wie Dougie mich in seinem Wohnzimmer ertappte. »Kent muss wegen des USB-Sticks entführt worden sein. Was immer er da draufhatte. Aber ich verstehe noch nicht, warum er frei war, als ich in den Keller kam. Er hätte doch abhauen können.«
    Dougie blieb stehen und schüttelte frustriert den Kopf. »Und jetzt ist er tot und kann uns nicht mehr helfen.«
    »Wie alle anderen, die an der Entführung beteiligt waren. Mit Ausnahme dessen, der das Feuer gelegt hat. Aber ich habe keine Ahnung, wer das sein könnte, und ich habe absolut keine Anhaltspunkte mehr.« Nun ergriff der Frust auch von mir Besitz. »Irgendjemand hat uns beide total vorgeführt.«
    Eine Weile sahen wir uns, jeder in seine eigenen Gedanken versunken, an, wobei ich immer noch Dougies alten Armeerevolver in der Hand hatte. Aber die Angst, die er ausstrahlte, konnte niemand vortäuschen.
    Dann hörten wir es beide. Das durchdringende Klingeln aus Dougies Hosentasche. Dougie zog sein Handy heraus und lauschte.
    Er sagte nichts. Hörte nur zu. Plötzlich rannte er in die Küche und notierte einige Anweisungen auf einem Block auf der Anrichte. Dann stürmte er zurück ins Wohnzimmer und steckte dabei das Telefon wieder ein.
    »Das war der Kidnapper«, sagte er leise. »Er hat mir gesagt, wo ich Billy finde. Und dass ich allein kommen soll.«

EINUNDFÜNFZIG
    Das Dröhnen der Schrotflinte war ohrenbetäubend, und einen Augenblick lang glaubte Tina, getroffen worden zu sein. Sie wurde zurückgerissen und ließ dabei Gores Arm los. Während sie unsanft auf dem Teppich landete, sah sie, wie Gore an ihr vorbeirauschte und durch die halboffene Arbeitszimmertür flog. Grier hatte sich am Treppengeländer festhalten können und wirkte benommen. Rauch erfüllte die Luft und hinterließ einen beißenden Geruch nach Kordit. Als er sich verzog, sah Tina, wie Jane Gore sich die Läufe der Schrotflinte unters Kinn setzte, das Gesicht eine verzerrte Maske des Zorns, der Verzweiflung und Trauer.
    Tina konnte gerade noch ihren Namen rufen, da hatte sie schon ein zweites Mal den Abzug betätigt und sich in einer Wolke von Rauch, Blut und Knochensplittern die Schädeldecke weggesprengt. Grotesk erstarrt blieb Jane Gore einen langen Augenblick stehen, ehe ihr die Waffe aus den Händen glitt und sie wie eine losgelassene Marionette zu Boden sank.
    Weder Tina noch Grier brachten etwas heraus, bewegungslos und schockiert versuchten sie das Geschehene zu erfassen. Tina hatte es schon öfter erlebt, dass in ihrer Gegenwart geschossen wurde, zweimal war sie sogar selbst getroffen worden, und die Erinnerung an den plötzlichen Schmerz war noch hellwach. Trotzdem hatte auch sie die Geschwindigkeit, mit der ein Schuss ein Leben auslöschen konnte, ebenso sprachlos gemacht wie den wesentlich unerfahreneren Grier.
    Schließlich rappelte sie sich wieder auf. Mrs. Grier war nicht mehr zu helfen, sie hatte sich den halben Kopf weggeschossen, doch was die Verletzungen ihres Gatten anging, hatte Tina noch Hoffnung. Sie brauchten seine Aussage dringend, deshalb stürzte sie ins Arbeitszimmer und tippte dabei die

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