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Instinkt

Instinkt

Titel: Instinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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Sohn klang. Nur eine unheilvolle Stille. Sicher stand er irgendwo im Gebäude wie auf dem Präsentierteller; ich würde höllisch aufpassen müssen, es weder für ihn noch für mich zu versauen. In den vergangenen vierundzwanzig Stunden hatte ich schon Fehler genug gemacht.
    Ich tastete mich die Treppe zum ersten Stock hoch. Links von mir führte eine große Öffnung in einen höhlenartigen Raum, der bis ans andere Ende der Etage reichte. Nichts regte sich, nur die Luft roch nach Ziegelstaub und beginnendem Verfall. Der Bau musste zu den zahlreichen Luxusprojekten gehören, deren Finanzierung die Banken nach Ausbruch der Hypothekenkrise abrupt eingestellt hatten. Verlassen und vernachlässigt wirkte es nun eher wie ein hässliches Parkhaus denn wie das Domizil aufstrebender Citybanker. Leider gab es hier nichts, wo man sich verstecken konnte.
    Übertrieben vorsichtig stieg ich höher und lauschte angestrengt auf das kleinste Geräusch.
    Und dann, als ich gerade die zweite Etage erreicht hatte, hörte ich es: ein unterdrückter Schrei, gefolgt von einer schleifenden Bewegung, die von weiter oben zu kommen schien. Und noch ein angestrengtes Keuchen.
    Dann nichts mehr.
    Das hatte nach Dougie geklungen, aber sicher war ich mir nicht.
    Ich blieb stehen und versuchte, meinen Atem unter Kontrolle zu bringen, der durch das angespannte Treppensteigen schneller ging.
    Dann hörte ich, wie jemand in aller Seelenruhe umherschritt, was bedeutete, dass es sich nicht um Dougie handeln konnte, da er in seiner gegenwärtigen Verfassung zu keiner normalen Bewegung fähig war.
    Ich erstarrte. Falls es sich um Alpha handelte, riskierte ich enorm viel, wenn ich unbewaffnet weiter die Treppe hochging. Trotzdem zögerte ich nur ein paar Sekunden, ehe ich weiterschlich.
    Die Bewegungen kamen irgendwo aus den geplanten Wohnräumen des dritten Stocks. Es klang, als würde jemand versuchen, etwas Schweres zu bewegen.
    Ich war jetzt oben angelangt, nur eine Wand trennte mich noch von dem anderen, wer auch immer das sein mochte.
    Langsam, äußerst langsam spähte ich um die Ecke. Und biss mir auf die Lippen, als ich Dougies Sohn Billy sah, der immer noch auf denselben Stuhl gefesselt war wie auf den Computerbildern. Nur war sein Kopf jetzt nach vorne gesunken und sein Hinterkopf eine blutige Masse. Er rührte sich nicht mehr.
    Sein Vater lag ebenfalls bewegungslos auf dem Boden. Zumindest dachte ich, dass es Dougie war, obwohl ich es aus meinem Blickwinkel nicht genau erkennen konnte, weil ich bloß ein paar Beine sah, die in Jeans steckten und plötzlich anfingen zu zucken. Von seinem Revolver weit und breit keine Spur.
    Also hatte ich Recht gehabt. Dieser skrupellose Schweinehund Alpha hatte nie die Absicht gehabt, Billy frei- oder Dougie am Leben zu lassen. Ich versuchte, die Mischung aus Schock und Wut, die in mir hochstieg, hinunterzuschlucken und ruhig und konzentriert zu bleiben. Dabei verfluchte ich mich innerlich, Dougie nicht früher gefolgt zu sein, und schwor gleichzeitig, den Mord an den beiden Männern, von denen einer mein Freund gewesen war, blutig zu rächen.
    Ich rückte ein wenig vor und sah Dougies Revolver, der neben seinem abgewinkelten Arm lag, keine eineinhalb Meter von mir entfernt. Wenn ich den nur zu fassen kriegte …
    Doch dann kam ein Mann ins Bild, der eine Pistole in der Hand hielt, auf die ein zigarrenförmiger Schalldämpfer aufgeschraubt war.
    Und diesmal konnte ich meinen Schrecken nicht mehr beherrschen.

DREIUNDFÜNFZIG
    Er konnte mich nicht sehen. Er sah nicht einmal in meine Richtung, während er zu Billys Leiche ging, sich neben dem Stuhl niederbeugte und mit dem Rücken zu mir eine Patronenhülse aufhob.
    Ich hatte nur diese eine Chance, und ich nutzte sie.
    Schnell und lautlos machte ich zwei Schritte nach vorn, schnappte mir Dougies Revolver und richtete ihn auf seinen Rücken. »Lass die Waffe fallen.«
    Tommy erstarrte kurz und drehte sich dann langsam in meine Richtung. Die Platzwunde über dem Auge, die er sich gestern Abend zugezogen hatte, war nun bandagiert.
    »Ich sagte fallen lassen. Sonst knall ich dich ab.«
    Wir standen einander gegenüber. Er hatte die Pistole gesenkt, und auf seinem Gesicht zeichnete sich eine leichte Belustigung ab. »Na, na, na. Mit dir hab ich ja nun gar nicht gerechnet. Siehst aus, als wärst du einem Gespenst begegnet.«
    »Ich sage das nur noch einmal«, sagte ich ruhig. »Dann erschieße ich dich.«
    »Nein, tust du nicht. Ich hab vom ersten Augenblick an gewusst,

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